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Myanmar - Stefan Loose Reisefuehrer

Myanmar - Stefan Loose Reisefuehrer

Titel: Myanmar - Stefan Loose Reisefuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Markand
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sich zu nutzen. Während sie im Zentralland,
Burma Proper
genannt, die traditionellen Herrschaftsstrukturen der Birmanen vollkommen abschafften und durch eine Kolonialverwaltung ersetzten, beließen sie in den Randgebieten, den
Frontier Areas
, die Anführer der verschiedenen Volksgruppen in Amt und Würde. In nicht unerheblichem Maße profitierten die Volksgruppen von den neuen Machthabern. So wurde etwa den Shan-Fürsten
(Sawbwas)
im Shan States Act von 1888 die beschränkte Herrschaft über ihre Fürstentümer zugesprochen. Im Gegenzug konnten die Briten in ihren Territorien Rohstoffe wie Silber, Edelstein oder Holz ausbeuten. Die Menschen kamen in den Genuss westlicher Bildung und Gesundheitsversorgung, da zahlreiche Missionare Schulen und Krankenhäuser gründeten. Nicht wenige konvertierten zum Christentum, wie etwa die Chin, Kachin und Kayin. In den schwer kontrollierbaren Bergregionen war die britische Armee auf die lokale Bevölkerung angewiesen, daher rekrutierte sie Angehörige der Minderheiten. Den Birmanen hingegen blieb der Zugang zu den Streitkräften nahezu ausnahmslos die gesamte Kolonialperiode über versperrt.
    Um die Kolonie wirtschaftlich effektiver ausbeuten zu können, bedurfte es einer brauchbaren Infrastruktur. Dazu boten sich die auf über 8000 km navigierbaren Flüsse an. Bereits 1865 gründeten Schotten die Irrawaddy Flottilla Company, die sehr bald zur größten privaten Binnenflotte der Welt avancierte. Am 1. Mai 1877 fuhr der erste Zug von Yangon nach Pyay, bis 1941 wurden 3300 km Schienen verlegt. Auch das Straßennetz baute man unter Einsatz von Zwangsarbeit kontinuierlich aus.
    Einige wenige britische Firmen wie die Burma Corporation oder die Bombay Burma Trading Corporation übernahmen die ehemals dem königlichen Monopol unterlegenen Edelsteinminen und Holzkonzessionen. Die wohl gravierendsten Veränderungen erfuhr das ursprünglich nur dünn besiedelte Ayeyarwady-Delta. Nach dessen Besetzung im Jahr 1852 machten es die Briten systematisch urbar. Sie ließen Kanäle graben, um die Flussarme zu verbinden und das Land zu entwässern.
    Immer mehr Menschen siedelten sich an, um am lukrativen Reisanbau teilzuhaben. Darunter waren neben Kayin und Bamar viele indische Migranten, die den ärmlichen Verhältnissen in ihrer Heimat entfliehen wollten. Innerhalb von 50 Jahren nahm die dortige Bevölkerung um mehr als 400 % zu, zwischen 1885 und 1906 verachtfachte sich die Anbaufläche. Birma avancierte zur Reisexportnation Nummer eins. In den 1930er-Jahren machte Reis einen Anteil von drei Viertel des gesamten Exportvolumens aus. Doch der wirtschaftliche Erfolg hatte seine Schattenseiten. Schwankende Preise auf dem Weltmarkt und notwendige Investitionen führten zur Verschuldung der mit Geld unerfahrenen Reisbauern. Immer mehr Menschen verloren ihre Felder an indische Geldverleiher
(chettiyar)
, weil sie ihre Kredite und die Wucherzinsen von teilweise über 100 % nicht mehr zurückzahlen konnten. Der Anteil der Großgrundbesitzer stieg bis 1930 auf über 30 %. Die Bauern mussten sich als Tagelöhner in den Städten verdingen und mit den indischen Einwanderern konkurrieren. Die südasiatischen Nachbarn wanderten in immer größerer Zahl nach Birma ein, da sie als billige und willige Arbeitskräfte sehr gefragt waren. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs stellten sie über die Hälfte der Bevölkerung Yangons.
    Divide et Impera
    Mit der außenpolitischen Maxime der alten Römer „trenne (die Gegner) und beherrsche (sie dadurch)”, gelang es den Briten, die ethnische und religiöse Vielfalt ihrer unterworfenen Kolonien für sich zu nutzen. Dies war auch in Birma der Fall, das sie in zwei administrativ unterschiedliche Zonen aufteilten. In Zentralbirma, dem „Burma Proper”, zerschlugen sie die traditionellen Herrschaftsstrukturen und ersetzten sie durch eine koloniale Administration. Führende Positionen hatten Briten oder Inder inne. In den wirtschaftlich weniger profitablen und teilweise schwer zugänglichen Bergregionen, den „Frontier Areas”, beschränkten sie sich auf die indirekte Machtausübung. Dort hatten die Stammesfürsten weiterhin das Sagen und genossen vorher nicht gekannte Privilegien.
Kampf um die Unabhängigkeit
    Die Kolonialisierung führte zu einer tiefen nationalen Identitätskrise. Der Buddhismus verlor mit der Abdankung des Königs seinen traditionellen Patron. Dies rief militante religiöse Anführer auf den Plan, die auf dem Land eine enorme Gefolgschaft um sich sammeln

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