Myanmar - Stefan Loose Reisefuehrer
empfindlichen Geldstrafen verurteilt wurden, war dies für das Empire Anlass genug, ganz Niederbirma zu besetzen.
Goldenes Mandalay
Diese Erniedrigung konnte Mindon (reg. 1853–78), ein Halbbruder Pagans, nicht hinnehmen. Er setzte den Despoten ab und bestieg den Thron. Der neue König bemühte sich um politische Entspannung, auch wenn er das Ergebnis dieser weiteren Expansion nicht akzeptieren wollte. Er sah ein, dass sein klein gewordenes Reich politisch und wirtschaftlich mit den Briten nicht mithalten konnte. Daher reformierte er die Verwaltung und liberalisierte die Wirtschaft, auch wenn er wichtige königliche Monopole nicht aufgab. Zur Modernisierung des Bildungswesens gestattete er christlichen Missionaren die Etablierung von Schulen und entsandte junge Untertanen zum Studium nach Europa.
Fünfte Buddhistische Synode
Mindon war tief in der buddhistischen Religion verwurzelt. Zur 2400. Wiederkehr des Todestages Buddhas gründete er wenige Kilometer nördlich von Amarapura 1853 eine neue Königsstadt, Mandalay. Er rief die Fünfte Buddhistische Synode ein – zum ersten Mal nach über 2000 Jahren –, um mit diesem religiösen Großereignis das Selbstbewusstsein der Birmanen zu stärken und ihre Geschlossenheit zu demonstrieren. Vom 15. April bis 18. September 1871 rezitierten 2400 Mönche den vollständigen Palikanon (s. S. 140 ).
Kulturell und religiös erlebte Birma und vor allem Mandalay eine letzte Blütezeit. Sie nahm mit dem Tod Mindons am 1. Oktober 1878 ein jähes Ende. Wieder kam es nach seinem Ableben zu Machtkämpfen. Zwar hatte Mindon bereits zu Lebzeiten seinen Halbbruder Kanaung zum Nachfolger bestimmt, doch der war 1866 von Mindons Sohn Myingun getötet worden.
Ein weiteres Attentat befürchtend, bestimmte der König keinen seiner 48 thronberechtigten Söhne zum Nachfolger. Noch lag er im Sterben, da hatte seine erste Königin Hsinbyumashin bereits die Kontrolle über den Palast gewonnen und Sohn Nummer 41, den erst 20-jährigen Thibaw, zum Nachfolger bestimmt. Thibaw war mit ihrer Tochter, d. h. seiner Halbschwester Supayalat, verheiratet und hatte zuvor lange Jahre als Mönch gelebt. Doch seine Frömmigkeit nützte den 80 Prinzen und Prinzessinnen – darunter 31 leibliche Söhne und neun Töchter Mindons – nichts, die im Februar 1879 als potenzielle Rivalen hingerichtet wurden.
Eine britische Kolonie
Der weltfremde Thibaw zog sich immer mehr hinter die Palastmauern zurück und überließ die Amtsgeschäfte seinen Ministern und seiner herrischen Frau Supayalat. Das Land versank im Chaos, die Macht des Königs ging kaum über die Grenzen der Königsstadt hinaus.
Auch das Verhältnis zu den Briten verschlechterte sich rapide, als Thibaw 1885 Großbritanniens Erzrivalen Frankreich Handelskonzessionen gewährte. Frankreich, das im Begriff war, Vietnam und Kambodscha zu kolonialisieren, wollte auch in Birma seinen Einfluss geltend machen. Es galt, im Wettstreit mit den Briten die vermuteten lukrativen Handelswege von Südostasien nach China zu erschließen.
Wieder war es ein eher unbedeutender Konflikt, der schließlich zum Untergang der birmanischen Monarchie führte. Die Bombay Burma Trading Corporation fühlte sich vom Königshof in Mandalay bei einem Streit um Holzkonzessionen ungerecht behandelt. Das war den Briten Grund genug, den Dritten anglo-birmanischen Krieg zu erklären. Nach einem Ultimatum marschierten sie mit ihren Truppen in Oberbirma ein und erreichten ohne große Gegenwehr am 28. November 1885 Mandalay. Thibaw und Supayalat mussten abdanken und bereits am nächsten Tag den Palast verlassen. Sein Dasein fristete das Herrscherpaar von nun an im südindischen Ratnagiri. Dort verstarb der letzte birmanische König am 15. Dezember 1916.
Mit Beginn des Jahres 1886 verlor Birma seine Souveränität und wurde am 1. März offiziell zu einer Provinz der Kolonie Britisch-Indien degradiert. Das einstige stolze Königreich blieb 51 Jahre lang von der politischen Landkarte verschwunden. In den ersten Jahren konnten die neuen Herren das Land nur sehr mühsam unter Kontrolle bringen. Mehr als 40 000 Soldaten und Sicherheitskräfte mussten sie mobilisieren, um die unzähligen Aufstände zu unterdrücken. Dabei kam es zu Massenhinrichtungen und brutalen Übergriffen auf die Zivilbevölkerung.
Erst Anfang der 1890er-Jahre hatte sich die Lage so weit beruhigt, dass die Briten ihre koloniale Administration ausbauen konnten.Dabei verstanden sie es, die ethnische Vielfalt des Landes für
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