Mylady Adelshochzeit 01
forschend die düstere Gasse entlangschaute, in der nur hier und da eine Laterne einen helleren Lichtfleck erzeugte.
Jenny saß zwischen den beiden Männern eingequetscht in Marks Karriol. Mit dem Kopf wies sie auf ein nicht ganz so baufälliges Gebäude, hinter dessen Parterrefenster eine Lampe schummriges Licht spendete. „Ich schätze, da is’ er drin. Wenn er flüssig ist, spielt er gern mal. Sie würfeln um hohe Einsätze.“ Sie schluckte schwer und schaute mit ängstlich aufgerissenen Augen zwischen den beiden Männern hin und her. „Sehen Sie sich nur vor! Die Kerle, mit denen er sich ’rumtreibt, fragen nich’ lange und können Ihnen den Schädel einhauen wie nix!“
„Kann Riley nicht für sich selbst kämpfen?“, fragte Tarquin unbeeindruckt; er sah nicht aus, als fürchte er sich vor einer Prügelei.
Mark sprang tatendurstig vom Sitz.
Jenny verzog verächtlich die Lippen. „Der Feigling spart Schläge für die Mädchen auf, die er für sich arbeiten lässt.“
Tarquin löste seinen Arm aus Jennys ängstlichem Griff und befahl ihr ernst, bloß im Wagen sitzen zu bleiben, bis er wieder da sei. Dann folgte er Mark zu dem Haus.
Riley stemmte sich zappelnd gegen die Fesseln, dann ließ er sich wütend in den Sitz zurückfallen. „Wenn Sie mir was antun, finden Sie sie nie.“
„Wenn ich sie nicht finde, werde ich dir sehr Unangenehmes antun. Das verspreche ich dir“, sagte Mark ruhig, doch die Drohung war unüberhörbar. Hinter seiner Ruhe verbarg er seine wachsende Furcht um Emily.
Schon lange hatte er von Devlins Ausschweifungen gewusst, doch eine solch niederträchtige Handlungsweise hatte er ihm bisher nicht zugetraut. Eine Entführung war eine schwere Straftat. Wie weit würde Devlin gehen, um seine Lust zu befriedigen? Würde er Gewalt anwenden, wenn er Emily nicht mit Schmeicheleien in sein Bett bekam? Würde er sie sinnlos betrunken machen und ihr Gewalt antun? Sie war seine Gefangene, ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert!
In Marks Kopf tobten die grässlichsten Vorstellungen, und sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Er liebte Emily Beaumont, er hatte sie um ihre Hand bitten wollen. Als seine Verlobte hätte sie unter seinem Schutz gestanden, und Devlin hätte nicht gewagt, ihr auch nur einen Kuss zu stehlen. Er würde sich nie vergeben können, wenn ihr etwas zustieß. Dumpf aufstöhnend trieb er die Pferde stärker an. Er musste sie finden, und nur Riley konnte ihn zu ihr führen, und wenn er ihn nicht mit Worten überreden konnte, war er bereit, auch zu anderen Mitteln greifen. Zum Teufel, der Schuft neben ihm hatte mehr als Prügel verdient! Schon für das, was er Jenny angetan hatte; ganz zu schweigen von seiner Komplizenschaft mit Devlin.
Mark warf dem Schurken einen so verächtlichen, angeekelten Blick zu, dass Riley sich feige tiefer in den Sitz drückte. „Du bist schwer in der Klemme!“, presste Mark zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Wenn du klug bist, hilfst du mir, Miss Beaumont zu finden. Dadurch könnte ein Richter sich bewogen fühlen, deine Strafe zu mildern.“
„Wenn Jenny quatscht, baumle ich sowieso.“
Marks Miene wurde noch ernster, als er daran dachte, welches Durcheinander er zurückgelassen hatte …
Als sie nämlich das von Jenny bezeichnete Haus betraten, sah Riley ihnen sofort an, was die Glocke geschlagen hatte, und hetzte seine Handlanger auf sie, die zu erledigen sie einen Augenblick alle Hände voll zu tun hatten.
Leider folgte Jenny nicht dem Rat, im Wagen zu bleiben, sondern schlüpfte ins Haus, womöglich, weil sie Tarquin helfen oder ihn irgendwie schützen wollte, und Riley, der sie draußen im Gang erspähte, wurde klar, dass nur sie ihn verraten haben konnte. Ehe noch Mark oder Tarquin eingreifen konnten, stürzte er sich auf sie und prügelte brutal auf sie ein, bis sie blutend und bewusstlos zu Boden sackte.
Während Tarquin sich verzweifelt um Jenny kümmerte, machte Riley Bekanntschaft mit Marks Boxkünsten. Ein gewaltiger Fausthieb streckte ihn nieder, und schneller, als er denken konnte, hockte er gefesselt in Marks Karriol, das durch die Dunkelheit dem Stadtrand Londons entgegenraste.
Als sie an einer Kreuzung ankamen, zügelte Mark die Pferde ein wenig. „Welche Richtung?“
Riley blieb stumm. Erst als Mark nahe an ihn heranrückte und mit stählerner Stimme seine Frage wiederholte, deutete er mit dem Kopf nach rechts. Sofort gab Mark die Zügel frei, und die Pferde stürmten weiter in die Nacht
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