MYLADY HOCHZEITSBAND Band 01
nicht? Wir haben vieles gemeinsam. Ich glaube, ich habe das schon einmal erwähnt. Wir hegen ein gemeinsames Interesse an Tommy und dem Wohl der Dorfbewohner und sind beide bestrebt, allen das Leben angenehmer zu machen. Und ich habe erkannt, dass dieses strenge Äußere, das Sie zur Schau tragen, nur eine Maske ist. In Ihrem Inneren schlägt das Herz einer sanften, gütigen, liebenswürdigen Frau.“
„Sie nehmen sich zu viel heraus, Mylord.“ Sie versuchte die Worte mit gewisser Schärfe zu äußern, doch es gelang ihr nicht, und ein kleiner Seufzer entfuhr ihr.
Er hörte es und schaute sie an. Sie war tatsächlich verwundbar. „Ich bitte um Verzeihung. Vielleicht war ich zu lange in der Armee, um mich an die Sitten und Gebräuche im höflichen Umgang zu erinnern.“
„Waren Sie Ihnen denn je bekannt, Mylord?“
Er schaute sie durchdringend an. „Wollen Sie etwa andeuten, dass meine Manieren jemals nicht denen eines Gentleman entsprochen haben? In diesem Falle möchte ich Sie darauf hinweisen, dass wir kaum bekannt miteinander waren, bevor ich der Armee beitrat. Sie waren damals noch ein Schulmädchen.“
„Sie entsinnen sich also.“
„Ja, ich entsinne mich, obwohl es endlos lange her zu sein scheint. Ich sehe es noch bildlich vor mir.“ „Was meinen Sie?“ „Nun, wie gut Sie schon als junges Mädchen mit einem Gewehr umzugehen wussten, das fast ebenso groß war wie Sie. Sie haben zehn Holzenten getroffen, ohne dass auch nur ein Schuss danebenging.“
„Oh ja, das habe ich, nicht wahr?“ Sie lachte ob der Erinnerung. Es war sehr vermessen gewesen, sich damit zu brüsten, und ihr war ein Stein vom Herzen gefallen, als es ihr tatsächlich gelang.
„Wer hat Sie das Schießen gelehrt?“
„Der Jagdaufseher meines Vaters. Papa hat es erlaubt, aber meine Gouvernante war entsetzt.“
„Ich habe Sie nie in Gesellschaft einer Gouvernante gesehen.“
„Oh, es war leicht, ihnen zu entkommen.“
„Ihnen? Gab es denn mehrere?“
„Ja, jedes Jahr eine Neue, glaube ich. Ich fürchte, ich war kein sehr folgsames Kind.“
Er lachte. „Das glaube ich gern. Und wer hat Ihnen das Reiten beigebracht?“
„Oh, mein Vater hat es mich gelehrt, kaum dass ich auf einem kleinen Pony sitzen konnte. Und der Stalljunge zeigte mir, wie man fischt und schwimmt. Wie Sie sehen, war meine Erziehung recht ungewöhnlich. Es sollte mich darauf vorbereiten, die Rolle als meines Vaters Erbin einzunehmen.“
„Gab es denn keine Frauen in Ihrem Leben?“
„Nur meine Gouvernanten, obwohl Mrs. Cater – meine Köchin und Haushälterin – mir einmal erzählte, dass nach dem Tod meiner Mutter meine Tante gekommen wäre, aber Papa hätte sie wieder fortgeschickt und gemeint, er dulde keine Einmischung bei der Erziehung seiner Tochter.“
„Sie müssen sehr einsam gewesen sein.“
„Einsamkeit habe ich nie verspürt. Erst als Papa starb und ich plötzlich Besitzerin von Mandeville war und für die Geschäfte die Verantwortung trug, fühlte ich mich ein wenig allein gelassen. Aber da war es mir schon selbstverständlich, meine Entscheidungen selbst zu treffen. Dieser Wille, von niemandem abhängig sein zu müssen, allein zu entscheiden, ist Teil meines Wesens. Ich könnte mich wohl nicht mehr ändern, selbst wenn ich dies wollte.“
„Oh, ich denke, das könnten Sie“, meinte er sanft und legte seine Hand über die ihre, die auf ihrem Schoß lag. „Sie können lernen, zu vertrauen.“
„Vertrauen, Mylord?“ Sie spürte die Wärme seiner Finger, machte aber keine Anstalten, ihre Hand zurückzuziehen. Es war eine neue Erfahrung für sie, mit solcher Zärtlichkeit behandelt zu werden. Niemand zuvor hatte das getan, nicht ihr Vater und ganz gewiss nicht die jungen Männer, die sie wegen ihres Vermögens umworben hatten, nicht um ihretwillen. War Roland Temple anders?
„Ja, Vertrauen. Hören Sie auf Ihr Herz.“
„Und was sollte es mir wohl sagen?“
Er strich ihr sanft über den Hals, und sie zog scharf den Atem ein. „Beruhigen Sie sich“, sagte er lächelnd. „Ich möchte mich nur überzeugen, dass Sie nicht verletzt sind, nach allem, was Sie durchgemacht haben.“
Sie spürte, wie ihr Herz einen Satz machte, als er eine Hand unter ihr Kinn legte und es nach oben drückte, sodass sie ihn ansehen musste. Sie hätte sich seinem Griff nicht entwinden können, selbst wenn sie das gewollt hätte. Und während sie ihm in die Augen sah, spürte sie erneut die Stärke, die von ihm ausging, die sie zu ihm hinzog,
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