Myrddin
Danke.“
„Du sollst von den Antibiotika nehmen, die Dr. Chadwick hiergelassen hat. Versprichst du, es nicht zu vergessen? Und heute abend werde ich dann nach deinen Bandagen sehen …“, sagte sie wie selbstverständlich. „Ich werde fahren und komme dann am späten Nachmittag wieder, William. Lasse dich von Pallucks Cousine nicht kränken, falls sie überhaupt kommen sollte. Sie ist nur eine unglückliche Frau, die man nicht ernst nehmen sollte. Und du, Jerry, wirst sie auch in Ruhe lassen. Sonst macht sie dir eines Tages wirklich noch Ärger …“
„Leslie, du fährst doch nur so früh, damit du ihr nicht begegnen mußt.“
„Sag so etwas nicht. William, glaub ihm kein Wort. Hör am besten gar nicht auf ihn“, meinte sie freundlich und fragte, ob Palluck sie noch ein Stück durch die Bucht begleiten könne, die sich erhellt hatte.
Er zog sich einen Mantel an, zwinkerte Myrddin zu und meinte, daß er gleich wieder zurück sei.
Myrddin bat ihn nochmals, nach Dingen Ausschau zu halten, die vielleicht ihm gehören könnten und die bei seiner Gedächtnisfindung unter Umständen hilfreich sein könnten. Palluck nickte, als Tralee sich ihre Tasche nahm, ihren Ölmantel anzog, einen Schal um den Hals warf und rief: „Bis dann, William. Einen schönen Tag wünsche ich dir“, und die beiden gingen in die nebelig-verharschte Bucht.
Myrddin war sicher, daß die beiden Menschen ungestört über ihn sprechen wollten, was in seiner Gegenwart nur schlecht möglich gewesen wäre. Tralee wollte Palluck wahrscheinlich ihre Zweifel mitteilen und ihn zur Achtsamkeit anhalten. Deshalb hatte sie ihn gebeten, mit ihr zu gehen, und Myrddin war überzeugt, daß Palluck den Eschenstab und die Vanyar mitbringen würde. Danach machte er sich Gedanken um die Cousine von Palluck, eine Faith, von der er kein klares Bild erhalten hatte. Wahrscheinlich kam sie, um Palluck zu helfen, doch entweder mußte es sich tatsächlich um eine scheußliche Person handeln, dachte er, oder die beiden Menschen lehnten einander grundlos ab, wenngleich Tralee ihm gesagt hatte, daß er sich nicht kränken lassen sollte. So war es vielleicht ein Charakterzug der Cousine, andere Menschen zu beleidigen, weil man ihr selbst Schmerzen zugefügt hatte. Das klang ihm durchaus wahrscheinlich und menschlich. Myrddin würde sich gegebenenfalls gegen sie zur Wehr zu setzen wissen, und was schon sollte eine Frau ihm sagen können, das ihn wirklich betreffen würde und das er sich zu Herzen nehmen könnte? Der Seher war auf diese Frau gespannt, denn jeder Mensch, den er traf, wäre ein Mosaikstein in seinem Puzzle, das sie Welt nannten … und er Gegenwart .
„Bringt euch und eure Tugenden … und ich werde euch erkennen, Menschen“, lachte Myrddin, kratzt sich an den juckenden Beinen und freute sich auf die Elfen, die Palluck mitbringen sollte, ohne daß er es zu diesem Zeitpunkt wissen konnte.
Er kam nicht dazu, den Gedanken weiterzudenken, da sich die Tür laut knarrend öffnete und plötzlich ein aufseufzendes Mädchen in der Baracke stand, sich schüttelte und heimisch zu fühlen schien. Es konnte Myrddin nicht im Bett liegen sehen.
„Morgen, Jerry. Tut mir leid, konnte gestern aber nicht kommen. Charles hat mal wieder Streß gemacht“, sagte sie, hängte ihren Mantel an den Türhaken, nahm eine Boxermütze von ihrem Kopf, und rotlockiges Haar fiel ihr über die Schultern. Dann erst drehte sie sich um, stellte eine Ledertasche auf den Tisch, die sie mitgebracht hatte, und sah zum Bett herüber, in dem sie Palluck vermutete, aber Myrddin sah.
„Was is ’n das? Wo is Jerry? Entschuldigung …“, stammelte sie und ging einen Schritt zurück. „Wer sind Sie denn?“ fragte das Mädchen erstaunt.
„Guten Morgen, kleine Lady. Ich bin William. Jerry ist gerade in die Bucht gegangen“, sagte Myrddin, ebenso erstaunt über die Begegnung, da er niemals ein junges Fräulein in der Baracke vermutet hätte, bei dem er sich Palluck für ihre Abwesenheit entschuldigen müßte.
„Und was machen Sie hier?“ fragte sie.
Myrddin glaubte, daß das Mädchen mehr Hausrechte in der Baracke hätte als er, und folglich gab er ihr freundlich Auskunft. Er sagte, daß er am Strand gefunden worden und halb erfroren gewesen sei.
„Ich glaub’s nicht. Da wartet er ein halbes Leben auf ’ne Irene … Und was findet er …?“ meinte die kleine Lady, die kein besonderes Vertrauen zu Myrddin fassen konnte. Sie hielt ihn im wahrsten Sinne des Wortes für eine
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