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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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sollen.
    „Es gibt nichts in der Welt, daß man nicht verzeihen kann, Leslie. Das würdest du wissen, wärest du so alt, wie ich es geworden bin, und wäre die Zeit für dich nur wie ein vorüberziehender Schwan, der mit seinen weißen Schwingen die Herbsthaine strich. In hundert Jahren werden die Protestanten mit den Katholiken zusammen im Bett liegen und gemeinsame Kinder zeugen, die sich dann der blutigen Opfer nicht mehr entsinnen. Das einzige Blut wird das des Nabelschmerzes sein, Leslie … und der Boden, der die Vereinigung brachte, wird von Moos und Schafgarbe überwuchert sein …“ Und belustigt fügte er hinzu: „… und dann wird es in Irland nur noch Kathostanten geben … oder werden sie sich frech Prosteliken nennen?“
    „Mister Myrddin! Du bist ein hundsgemeines, rohes, gefühlloses Schwein!“ fuhr sie ihn verbittert an. „Du schickst Jerry in den Tod … und du bist die Ursache für unsere ganze Misere … und dann machst du nur Scherze über die Kirche? Du mußt völlig deinen Verstand verloren haben und kaltblütig sein …“
    „Und du dramatisierst die Situation, weil du ihr nicht gewachsen bist und sie nicht richtig einschätzt.“
    „Scheiß auf deine Geschichten … die schön sind, zugegeben. Aber wir sind hier und sind wegen dir auf der Flucht.“
    „Was hat Jeremiah dir eigentlich geschrieben, daß dich so erzürnt und wofür du mich verantwortlich machen möchtest? Was ist es, daß dich so maßlos kränkt? Hast du den Brief nicht bei dir? Lies ihn doch bitte einmal vor, bitte …“, lenkte er vom Thema ab und Tralee suchte tatsächlich in ihrer Manteltasche, als sei sie zur Vernunft gekommen, bis sie den zerknitterten Bogen fand und auseinanderfaltete. Sie hatte ihre Knie an die Brust gezogen und glättete das Papier auf ihren Beinen. Ihre harten Gesichtszüge wurden weicher. Zuerst las sie die Zeilen von Palluck leise für sich, und Myrddin wartete. Er wußte, daß sie die Zeilen vorlesen würde, und hatte ausreichend Geduld, ihrer Entscheidung nicht vorzugreifen. Tralee schnupfte an Tränen, die ihr in die Nase gelaufen waren, und begann mit bebender Stimme zu lesen:
    „ Liebe Leslie,
    Du bist gerade eingeschlafen und ich will Dir schreiben, da ich keinen Abschied von Dir und Patty nehmen konnte. Du sollst wissen, daß ich Dich als Frau geliebt habe wie keinen anderen Menschen, aber bei weitem nicht so sehr liebe wie meine Irene, die ich gesehen habe. So ist es müßig, über die Liebe zu sprechen, da ich weiß, daß auch Du mich mochtest …“ Tralee räusperte sich, blickte zu Myrddin auf und las mit verschleierten Augen weiter. „… daß auch Du mich mochtest, aber Deine Liebe einem anderen gehört. Du hast sie in William gefunden, glaube ich, und das freut mich sehr für Dich, da ich mich endlich aufmachen kann. Sieh es so, daß ich endlich zu mir selbst finden darf und den letzten Weg allein gehen muß. Doch William hat mir die Kraft für meine Entscheidung gegeben und läßt mich die Dinge sehen, wie sie sein sollten. Wir haben gute Jahre gehabt, die uns aber niemals über die Zeit hinwegtäuschen konnten und uns unsere Gedanken verstellt haben. Ich vertraue William, daß er Dir diesen Brief geben wird, und wünsche mir, daß Du findest, wonach Du in Deinem Leben gesucht hast.
    Leslie, meine ganze Achtung gehört Dir und mein Wille ist, daß Du alle meine Habe besitzen sollst und sie zu Deinen Lebzeiten verwendest. William wird Dir sagen, was zu tun ist, da ich alles bei einem Anwalt in Edinburgh hinterlegt habe. Seine Adresse findest Du auf der Rückseite des Briefes. Ich habe auch an Patty gedacht, mit der Du teilen sollst, wenn sie volljährig ist. Doch der Anwalt wird es Dir genau erklären.
    Du weißt, ich bin keiner guter Schreiber und tue mir mit den Worten schwer. Deshalb sei ganz lieb in den Arm genommen. Ich danke Dir für jede Stunde, die Du mir geschenkt hast, und für jeden Augenblick, den Du mir versüßt hast, und trage den besten Teil von Dir in mir. Ich glaube fest daran, daß Du meine Entscheidung verstehen kannst, da Du mir vertraust.
    Ich wünsche Dir das Glück, das ich Dir als Mann versagt habe und das Du niemals in mir gesucht hast, Leslie.
    Farewell … Dein Jeremiah
    PS: Anbei lege ich Dir mein ganzes Geld bei, damit Du nach Schottland reisen kannst. Und bitte sorge auch dafür, daß William nach Northumberland kommt.“
    Tralee hatte Myrddin den ganzen Brief vorgelesen. Sie hatte ihn für sich und für ihn vorgelesen und verstand ihn nun

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