Myron Bolitar 03 - Der Insider
aufzutreten?«
»Als jüdischer struppiger Penner«, stellte Win richtig.
»Genau. Als Dimonte mir erzählt hat, dass Professor Bow-man häufig Kontakt zu Obdachlosen sucht, hat es Klick gemacht.«
Der Turban blaffte: »Strecke.«
»Was?«
»Strecke. Henry Hudson oder Broadway.«
»Henry Hudson«, antwortete Win. Er sah Myron an. »Weiter.«
»Ich glaube, so ist es gelaufen«, sagte Myron. »Cole White-man hat angenommen, dass Liz Gorman in Schwierigkeiten steckt. Vielleicht hatte sie ihn nicht angerufen oder vielleicht ein Treffen versäumt. Irgend so etwas. Das Problem war nur, dass er nicht selbst nach ihr gucken konnte. Whiteman hat die vielen Jahre im Untergrund ja schließlich nicht deshalb überstanden, weil er blöd ist. Es war doch klar, dass die Polizei ihm eine Falle stellt, wenn sie Liz Gorman gefunden hat - und genau das haben sie ja jetzt auch getan.«
»Also«, sagte Win, »hat er dich dazu gebracht, für ihn da reinzugehen.«
Myron nickte. »Er hat sich im Diner rumgetrieben und gehofft, irgendwas über Sally zu hören. Dann hat er mitgekriegt, wie ich mit Hector geredet habe, und die einzige Chance ergriffen, die er gesehen hat. Er hat mir die merkwürdige Geschichte erzählt, dass er sie daher kennt, weil er immer das Münztelefon hinten im Diner benutzt, und dass sie zusammen sind. Das passte zwar alles nicht ganz zusammen, ich hab aber nicht weiter nachgefragt. Jedenfalls hat er mich zum Haus gebracht, in dem sie wohnte. Als ich drin war, hat er sich versteckt und abgewartet, was passiert. Dann hat er aus sicherer Entfernung beobachtet, wie die Cops gekommen sind und vielleicht sogar, wie sie die Leiche rausgebracht haben. Damit hatte er die Bestätigung für das, was er wahrscheinlich schon die ganze Zeit vermutet hatte. Liz Gorman war tot.«
Win überlegte einen Moment. »Und du glaubst, wenn Professor Bowman einen Besuch bei den Obdachlosen macht, trifft er sich mit ihm?«
»Ja.«
»Unsere nächste Aufgabe besteht also darin, Cole White-man zu finden.«
»Genau.«
»Unter den ungewaschenen Elendsgestalten in irgendeinem gottverlassenen Obdachlosenheim.«
»Ja.«
Win verzog das Gesicht. »Ganz wunderbar.«
»Wir könnten ihm eine Falle stellen«, sagte Myron. »Aber ich glaube, das dauert zu lang.«
»Was für eine Falle?«
»Ich glaube, er hat mich gestern Abend angerufen«, sagte Myron. »Man darf wohl davon ausgehen, dass er an Liz Gormans Erpresserplänen beteiligt war.«
»Aber warum dich?«, fragte Win. »Wenn er belastendes Material über Greg Downing hat, warum solltest du das Ziel seiner Erpressung sein?«
Diese Frage beschäftigte Myron auch schon seit einer Weile.
»Ich weiß es nicht«, sagte er langsam. »Ich kann es mir nur so erklären, dass Whiteman mich im Diner erkannt hat. Vermutlich glaubt er, ich wäre ein enger Freund von Greg Down-ing. Und als er Greg nicht erreicht hat, hat er's halt bei mir versucht.«
Myrons Handy klingelte. Er ging ran und meldete sich.
»Hey, Starsky.« Es war Dimonte.
»Ich bin Hutch«, sagte Myron. »Sie sind Starsky.«
»Egal«, sagte Dimonte, »auf jeden Fall sollten Sie zusehen, dass Sie mal pronto hier aufs Revier kommen.«
»Haben Sie was?«
»Nur wenn Sie ein Bild vom Killer beim Verlassen von Gormans Wohnung als was bezeichnen würden«, sagte Dimonte.
Myron wäre fast das Handy aus der Hand gefallen. »Ehrlich?«
»Jepp. Und da kommen Sie nie drauf.«
»Was?«
»Es ist eine Frau.«
31
»Das läuft jetzt so ab«, sagte Dimonte. Sie bahnten sich ihren Weg durch die wahrhaftig Vereinten Nationen aus Polizisten, Zeugen und sonstigen Besuchern. Win wartete draußen. Er mochte keine Cops, und sie verspürten ebenfalls nicht das dringende Bedürfnis, ihn auf ein Eis einzuladen. Es war für alle am besten, wenn er auf Distanz blieb. »Wir haben einen Ausschnitt der Täterin auf Video. Das Problem ist, für eine Identifikation reicht's nicht. Ich dachte, Sie erkennen sie vielleicht.«
»Was für ein Video?«
»Zwischen der 110th und 111th Street auf der Ostseite des Broadway ist ein Auslieferungslager«, sagte Dimonte. Er ging schnell, immer einen halben Schritt voraus und drehte sich dabei immer wieder nach hinten, um nachzusehen, ob Myron noch da war. »Die handeln mit Unterhaltungselektronik. Sie wissen ja, wie das läuft - die Arbeiter klauen, als ob das Recht darauf irgendwo in der Verfassung verbrieft wäre. Deshalb hat die Firma überall Überwachungskameras aufgestellt. Zeichnen alles auf Video auf.« Er
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