Myron Bolitar 03 - Der Insider
Vollidioten?«
»Nein.«
»Denken Sie, Sie sind der Einzige, dem das aufgefallen ist?«
»Na ja«, sagte Myron, »man sagt mir nach, dass ich ein gewisses Talent habe.«
»Im Sportteil der heutigen Zeitung nicht.«
Touche. »Also, was haben Sie rausgefunden?«
»Sie hat die Wohnung von einem durchgeknallten, fanatischen, linksradikalen, kommunistischen, roten sogenannten Columbia-Professor namens Sidney Bowman gemietet.«
»Sie sind ja so tolerant, Rolly.«
»Ach ja, ich gerate außer Übung, wenn ich ein paar dieser liberalen ACLU-Bürgerversammlungen verpasse. Der Rote redet jedenfalls nichts. Er sagt, dass sie nur eine Mieterin war und bar bezahlt hat. Wir wissen natürlich, dass er lügt. Das FBI hat ihn in die Mangel genommen, aber er hat eine Bande schwuler, linker Anwälte zu Hilfe gerufen. Hat uns einen Haufen Nazischweine genannt und so.«
»Das ist kein Kompliment, Rolly. Nur falls Sie's nicht wissen. «
»Danke für die Aufklärung. Krinsky ist ihm auf den Fersen, hat aber bisher nichts rausgefunden. Ich meine, dieser Bowman ist ja nicht blöd. Der muss wissen, dass wir ihn beobachten.«
»Was haben Sie sonst noch über ihn?«
»Geschieden. Keine Kinder. Er gibt einen Kurs über exis-tenzielle Scheiße, die im richtigen Leben einen Dreck wert ist. Laut Krinsky verbringt er seine Zeit hauptsächlich damit, Obdachlosen zu helfen. Das ist wohl irgendwie sein tägliches Ritual - er hängt in Parks und Obdachlosenunterkünften mit Pennern rum. Durchgeknallt, wie ich schon sagte.«
Win trat, ohne anzuklopfen, in Myrons Büro. Zielstrebig ging er auf die Ecke zu und zog die Schranktür auf, an deren Innenseite ein großer Spiegel angebracht war. Er überprüfte seine Frisur und rückte ein paar Strähnen zurecht, obwohl alles perfekt saß. Dann stellte er sich mit leicht gespreizten Beinen hin und ließ die Arme herabhängen. Er tat, als hielte er einen Golfschläger und drehte sich langsam in den Backswing. Er beobachtete seine Bewegung im Spiegel, kontrollierte, ob der vordere Arm auch gerade blieb und die Griffhaltung entspannt war. Er machte das ständig, blieb manchmal sogar vor Schaufenstern stehen, wenn er die Straße entlangging. Myron vermutete, dass es eine Art Golf-Äquivalent zu den Gewichthebern war, die jedes Mal ihre Muskeln anspannen, wenn sie ihrem Spiegelbild begegnen. Es nervte ihn ohne Ende.
»Sonst noch was, Rolly?«
»Nein. Und Sie?«
»Nichts. Ich melde mich wieder.«
»Ich kann's kaum erwarten, Hutch«, sagte Dimonte. »Wissen Sie was? Krinsky ist so jung, dass er sich nicht mal mehr an die Serie erinnern kann. Traurig, oder?«
»Die Jugend von heute«, sagte Myron. »Kulturlos.«
Myron legte auf. Win überprüfte weiter seinen Golfschwung im Spiegel. »Bring mich doch bitte auf den neuesten Stand«, sagte er. Das tat Myron. Als er fertig war, sagte Win: »Diese Fiona, das Ex-Playmate. Wenn ich das so höre, klingt es, als wäre sie die perfekte Kandidatin für ein Windsor-Horne-Lock-wood-111 -Verhör.«
»Mhm«, sagte Myron. »Aber erzähl mir doch erst mal vom Windsor-Horne-Lockwood-III-Verhör mit Klopfer.«
Win betrachtete sein Spiegelbild stirnrunzelnd und korrigierte seine Handhaltung. »Sie ist recht verschlossen«, sagte er. »Daher musste ich ziemlich konkret werden.«
»Und wie sah das aus?«
Win berichtete von ihrer Unterredung. Myron schüttelte nur den Kopf. »Und dann bist du ihr gefolgt?«
»Ja.«
»Und?«
»Und es gibt nicht viel zu berichten. Sie ist nach dem Spiel zu TC gefahren. Sie ist über Nacht bei ihm geblieben. Von seinem Wohnsitz aus wurden keine erwähnenswerten Anrufe getätigt. Entweder hat sie unsere Unterhaltung nicht aus der Fassung gebracht oder sie weiß nichts.«
»Oder«, ergänzte Myron, »sie fühlte sich beobachtet.«
Win runzelte wieder die Stirn. Entweder gefiel ihm Myrons Andeutung nicht oder er hatte ein Problem mit seinem Schwung ausgemacht. Wahrscheinlich Letzteres. Er wandte sich vom Spiegel ab und warf einen Blick auf Myrons Schreibtisch. »Ist das die Raven Brigade?«
»Ja. Einer sieht aus wie du.« Myron deutete auf Cole White-man.
Win studierte das Bild kurz. »Wenngleich der Mann in der Tat attraktiv ist, mangelt es ihm doch sowohl an meiner Stilsicherheit als auch an meinem erstaunlich gefälligen Äußeren.«
»Von deiner Bescheidenheit ganz zu schweigen.«
Myron streckte die Hand aus. »Wie ich sehe, kannst du mir folgen.«
Myron betrachtete das Bild noch einmal. Er dachte noch einmal über das nach,
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