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Myron Bolitar 03 - Der Insider

Myron Bolitar 03 - Der Insider

Titel: Myron Bolitar 03 - Der Insider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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trüge eine unsichtbare Hand den Ball zum Korb. Beim Dribbeln wurde der Ball zu einem Teil seiner Hand. Seine Sinne waren geschärft wie die eines Wolfs in der Wildnis. Er fühlte sich, als wäre er in ein schwarzes Loch gefallen und zehn Jahre früher beim Finale der Universitäts-Meisterschaft wieder herausgekommen. Selbst sein Knie fühlte sich gut an.
    Der Großteil des Trainings war ein Spiel der ersten Mannschaft gegen die Ersatzmannschaft. Myrons Spiel lief perfekt. Seine Sprungwürfe rauschten nur so durchs Netz. Er stellte Blöcke und drehte sich wurfbereit heraus. Zweimal zog er sogar die Grundlinie entlang in die Zone, wo die großen Spieler standen - und beide Male ging er als Sieger hervor.
    Zwischendurch hatte er Greg Downing, Carla/Sally/Robertas übel zugerichteten Leichnam, das Blut im Keller, die Schläger, die auf ihn losgegangen waren, und sogar Jessica, vollkommen vergessen. Eine berauschende, unvergleichliche Erregung durchströmte seinen Körper - die Erregung eines Sportlers auf der Höhe seiner Leistungsfähigkeit. Die Leute sprechen vom Runners-High, der Euphorie, die einen Langstreckenläufer er-fasst, die durch ein Drüsensekret ausgelöst wird, wenn man den Körper bis an seine Grenzen treibt. Damit kannte Myron sich nicht aus, aber er kannte die berauschenden Höhen und die unendlichen Tiefen eines Sportlerdaseins. Wenn man gut spielte, kribbelte der ganze Körper, und Tränen reiner Freude stiegen einem in die Augen. Das Kribbeln hielt an bis tief in die Nacht, wenn man sich schlaflos im Bett wälzte und die besten Szenen noch einmal im Kopf nachspielte, oft sogar in Zeitlupe wie ein übereifriger Sportberichterstatter mit dem Finger am Replay-Knopf. Wenn man schlecht spielte, wurde man mürrisch und depressiv und verharrte stunden- oder sogar tagelang in diesem Zustand. Beide Extreme standen in keinem vernünftigen Verhältnis zu det Bedeutung, einen Ball durch einen Metallring zu jagen oder mit einem Schläger zu treffen oder mit hoher Geschwindigkeit zu werfen. Wenn man schlecht spielte, versuchte man, sich daran zu erinnern, wie dumm es doch ist, sich von etwas so Bedeutungslosem die Laune verderben zu lassen. Wenn man diesen seltenen Rauschzustand erreichte, dann hielt man einfach die innere große Klappe.
    Während Myron im Tumult des Basketballspiels hin und her sauste, schlich sich ein Gedanke durch die Hintertür in seinen Kopf ein. Der Gedanke hing verstohlen am Rand herum, versteckte sich hinter einer Couch, traute sich aber gelegentlich kurz hervor, bevor er wieder in seinem Versteck verschwand. Du kannst das, stichelte der Gedanke. Du kannst auf diesem Niveau mitspielen.
    Myrons Glückssträhne ging noch weiter: Er sollte Leon White decken, Gregs besten Freund und Zimmergenossen bei Auswärtsspielen. Myron und Leon freundeten sich während des Spiels auch ein wenig an, wie das bei Teamkameraden aber auch bei Gegnern oft der Fall ist. Sie flüsterten sich gegenseitig kurze Witze zu, während sie Brust an Brust voreinander standen und auf einen Pass warteten. Sie klopften sich gegenseitig auf den Rücken, wenn dem anderen eine guten Aktion gelungen war. Leon war ein Klassetyp auf dem Spielfeld. Er versuchte nicht, seinen Gegner durch unanständige Bemerkungen zu reizen. Selbst als sich Myron nach einem Sprungwurf im Zurückfallen auf den Hintern setzte, fand Leon nur ermunternde Worte.
    Donny Walsh, der Trainer, pfiff. »Das war's, Jungs. Jeder noch zwanzig Freiwürfe, dann könnt ihr nach Hause gehen.«
     Leon und Myron gaben sich halb die Hand, halb klatschten sie sich ab, so wie es nur Kinder und Profisportler können. Das hatte Myron am Spiel schon immer geliebt - die fast schon an Soldaten erinnernde Kameradschaft. Er hatte das seit Jahren nicht mehr erlebt. Es tat gut. Jetzt suchte sich jeder Spieler einen Partner - einer warf, der andere spielte den Ball zurück -, und sie verteilten sich auf die verschiedenen Körbe in der Halle. Wieder hatte Myron das Glück auf Leon White zu treffen. Sie schnappten sich ihre Handtücher und Wasserflaschen und schlenderten an den Zuschauertribünen vorbei. Da saßen ein paar Reporter, die das Training beobachtet hatten. Audrey war natürlich auch da. Sie sah ihn lächelnd an. Er widerstand der Versuchung, ihr die Zunge rauszustrecken. Oder sich auf den Hintern zu klopfen. Auch Calvin Johnson hatte das Training verfolgt. Er stand im Anzug an eine Mauer gelehnt, als posiere er für einen Schnappschuss. Myron versuchte zu erkennen, was

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