Myron Bolitar 03 - Der Insider
Ahnung, wo er stecken könnte?«
»Nicht die geringste.«
Dimonte trat aufs Gas und umkreiste die Arena. Als er bei Myrons Ford Taurus angekommen war, hielt er an. »Okay, danke für Ihre Hilfe. Wir unterhalten uns später weiter.«
»Moment, eine Sekunde. Ich dachte, wir würden gemeinsam an dieser Geschichte arbeiten.«
»Da haben Sie falsch gedacht.«
»Sie wollen mir nicht sagen, was los ist?«
Dimonte sprach plötzlich ganz leise. »Nein.«
Schweigen. Die anderen Spieler waren inzwischen gegangen. Der Taurus stand einsam auf dem leeren Parkplatz.
»Ist es so schlimm?«, fragte Myron.
Dimonte blieb erschreckend still.
»Sie wissen, wer sie ist, oder?«, fuhr Myron fort. »Sie haben die Leiche identifiziert?«
Dimonte lehnte sich zurück. Wieder rieb er sich das Gesicht. »Wir haben noch keine offizielle Bestätigung«, murmelte er.
»Sie müssen es mir sagen, Rolly.«
Er schüttelte den Kopf. »Kann ich nicht.«
»Ich sag kein Wort. Sie wissen doch ...«
»Machen Sie, verdammt noch mal, dass Sie aus meinem Wagen kommen, Bolitar.« Er lehnte sich über Myrons Oberkörper und öffnete die Tür. »Und zwar sofort.«
15
TC wohnte in einer der besseren Straßen in Englewood, New Jersey, in einem um die Jahrhundertwende erbauten roten Backsteingebäude, das von einer fast zwei Meter hohen Backsteinmauer gleicher Farbe umschlossen war. Eddie Murphy wohnte um die Ecke. Genau wie drei Manager von der Forbes-500-Liste der reichsten Männer der USA und mehrere japanische Großbanker. Vor der Auffahrt stand ein Wachmann. Myron nannte ihm seinen Namen. Der hakte ihn daraufhin auf der Liste auf seinem Klemmbrett ab.
»Parken Sie den Wagen bitte am Rand der Auffahrt. Die Party ist hinter dem Haus.« Er öffnete die schwarz-gelb gestreifte Schranke und winkte ihn durch. Myron parkte neben einem schwarzen BMW. Das andere gute Dutzend Autos glänzte, als waten sie alle frisch gewaschen und gewachst -vielleicht waren sie aber auch einfach nur brandneu. Hier standen mehrere Mercedesse, ein paar BMWs, ein Bentley, ein Jaguar und ein Rolls Royce. Myrons Taurus fiel auf wie ein Pickel in der Revlon-Werbung.
Der Rasen vor dem Haus war makellos manikürt. Perfekt beschnittene Büsche standen schützend vor der Backsteinfassade. Der Rap, der aus den Lautsprechern dröhnte, stellte einen krassen Gegensatz zu diesem majestätischen Rahmen dar. Fürchterlich. Auch die Büsche schienen vor dem Krach zurückzuweichen. Es war ja nicht so, dass Myron Rap hasste. Es gab noch viel schlechtere Musik - wie John Tesh und Yanni tagtäglich aufs Neue unter Beweis stellten. Einige Rap-Songs fand Myron mitreißend und sogar tiefschürfend. Er wusste auch, dass er nicht zur Zielgruppe der Rapper gehörte und verstand auch nicht alles - vermutete aber, dass er das auch gar nicht sollte.
Die Party fand in einem hell erleuchteten Areal rund um den Pool statt. Dort hingen etwa dreißig Personen ziemlich schlaff ab. Myron trug einen blauen Blazer, ein Nadelstreifenhemd mit Button-down-Kragen, eine Krawatte mit Blumenmuster und J.-Murphy-Halbschuhe. Der Bolitar, der Adrette. Win wäre so stolz auf ihn gewesen. Aber im Vergleich zu seinen Teamkollegen kam Myron sich fast schon schäbig vor. Auch wenn es rassistisch klingen mag, die Schwarzen im Team - es gab gerade nur zwei andere weiße Spieler bei den Dragons - wussten, wie man sich kleidete. Es entsprach nicht immer ganz Myrons Stil (oder dem Mangel daran), hatte aber definitiv viel davon. Die Gruppe sah aus, als hätte sie sich für eine Mailänder Modeschau herausgeputzt. Perfekt sitzende Anzüge. Bis zum Kragen zugeknöpfte Seidenhemden. Keine Krawatten. Die Schuhe poliert wie Doppelspiegel.
TC lümmelte sich in einem Sessel am flachen Ende des Pools herum. Er war umringt von einem Haufen Weißer, die wie Studenten aussahen. Sie lachten über jedes seiner Worte. Myron sah auch Audrey in ihrem üblichen Reporter-Outfit. Zu diesem noblen Anlass hatte sie es mit einer Perlenkette aufgewertet. Sich feingemacht. Kaum war er einen Schritt in ihre Richtung gegangen, trat eine Frau in den Enddreißigern, vielleicht auch Anfang vierzig, zu ihm. »Hallo«, sagte die Frau.
»Hi.« Wieder zeigte sich seine überragende Schlagfertigkeit.
»Du musst Myron Bolitar sein. Ich heiße Maggie Mason.«
»Hi, Maggie.« Sie schüttelten die Hände. Fester Griff, nettes Lächeln.
Sie war konservativ gekleidet: weiße Bluse, anthrazitfarbener Blazer, roter Rock und schwarze Pumps. Die Haare trug sie
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