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Myron Bolitar 03 - Der Insider

Myron Bolitar 03 - Der Insider

Titel: Myron Bolitar 03 - Der Insider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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Wachsmalstiften. Sie trug weißen Lippenstift - als käme sie geradewegs aus einem Dokumentarfilm über Elvis. Ihr XXXL T-Shirt trug die Aufschrift CLUB SODA NOT SEALS. Myron brauchte ein paar Sekunden, um den Witz zu verstehen. Er war zwar politisch korrekt, aber trotzdem ziemlich clever.
    Normalerweise knurrte sie, wenn sie Myron sah. Heute lächelte sie ihn freundlich an und klapperte mit den Augenlidern. Das war noch viel furchteinflößender als sonst, erinnerte etwas an Bette Davis in Was geschah wirklich mit BabyJane , aber auf Anabolika. Big Cyndi streckte den Mittelfinger in die Luft und ließ ihn auf und ab hüpfen.
    »Leitung eins?«, fragte er verdutzt.
    Sie schüttelte den Kopf. Der Finger bewegte sich schneller. Sie sah zur Decke. Myron folgte ihrem Blick, entdeckte aber nichts. Cyndi rollte die Augen. Das Lächeln auf ihrem Gesicht war eingefroren wie bei einem Clown.
    »Ich kapier's nicht«, sagte er.
    »Win will Sie sprechen«, sagte sie.
    Es war das erste Mal, dass Myron ihre Stimme hörte, und er war überrascht. Sie klang wie eine der flotten Moderatorinnen auf diesen Shoppingkanälen, wo Leute anrufen und wortreich bis ins Detail beschreiben, wie sehr sich ihr Leben durch den Kauf einer grünen Vase in Form des Mount Rushmore doch verbessert hatte.
    »Wo ist Esperanza?«, fragte er.
    »Win ist niedlich.«
    »Ist sie hier?«
    »Ich glaube, Win wollte Sie dringend sehen.«
    »Ich will doch nur ...«
    »Sie werden zu Win hinaufgehen«, unterbrach Cyndi. »Sie werden doch gewiss nicht Ihrer wertvollsten Mitarbeiterin nachspionieren.«
    Wieder das liebe Lächeln.
    »Ich spioniere nicht. Ich will doch bloß wissen ...«
    »Wo Wins Büro ist. Zwei Etagen höher.« Sie machte ein Geräusch mit ihrem Kaffee, das man umgangssprachlich als »schlürfen« bezeichnen könnte. Elche in den umliegenden drei Staaten machten sich auf die Suche nach brünftigen Kühen.
    »Sag ihr, dass ich gleich wieder da bin«, sagte Myron.
    »Selbstverständlich.« Sie klimperte mit den Augen. Es sah aus wie Taranteln in Todeskrämpfen. »Einen schönen Tag noch.«
     Wins Eckbüro ging zur 52. Straße und zur Park Avenue hinaus. Ein fantastischer Ausblick für den Goldjungen von Lock-Horne Securities. Myron versank in einem der dick gepolsterten burgunderfarbenen Ledersessel. An den holzvertäfelten Wänden hingen Gemälde von Fuchsjagden. Zig tapfere Männer mit schwarzen Hüten, roten Jacken, weißen Hosen und schwarzen Stiefeln ritten aus, nur mit Gewehren bewaffnet und von einer Meute Hunde begleitet, um ein kleines Pelztier zu hetzen, bis sie es zur Strecke gebracht hatten. Ach, das gute alte Fair Play. Auch wenn es ihm manchmal etwas übertrieben vorkam. So, als würde man einen Flammenwerfer zum Zigarettenanzünden benutzen.
    Win tippte auf den Laptop, der einsam auf der weiten Fläche stand, die er seinen Schreibtisch nannte. »Auf den Disketten, mit den Daten von Gregs Computer, habe ich was Interessantes gefunden.«
    »Und?«
    »Wie es aussieht, hatte unser Freund Mr Downing eine E-Mail-Adresse bei AOL«, sagte Win. »Da hat er am Samstag diese Mail bekommen.« Win drehte den Rechner herum, so dass Myron den Bildschirm sehen konnte:
    Betreff:           Sex!
    Datum:           3-1114:51:36 EST
    Von:    Sepbabe
    An:      Downing 22
    Treffen heute Abend um zehn. Am vereinbarten Ort. Komm doch bitte. Ich verspreche Dir eine Nacht voller unvorstellbarer Ekstase.
    -F
    Myron blickte auf. »Eine Nacht voller unvorstellbarer Ekstase?«
     »Ein echtes Sprachtalent, nicht wahr?«, sagte Win.
    Myron verzog das Gesicht.
    Win legte mit einer aufrichtigen Geste die Hand aufs Herz. »Selbst wenn sie das Versprechen vielleicht nicht halten kann«, fuhr er fort, »muss man doch ihre Risikofreude bewundern, die Hingabe, mit der sie ihrem Handwerk nachgeht.«
    »Soso,« sagte Myron. »Und wer ist jetzt F?«
    »Ich habe im Internet kein Profil für Sepbabe gefunden«, erklärte Win. »Das muss natürlich nichts bedeuten. Viele User haben kein Profil. Sie wollen nicht, dass alle ihren richtigen Namen sehen können. Ich würde allerdings vermuten, dass F ein weiteres Pseudonym unserer lieben, verstorbenen Freundin Carla ist.«
    »Wir kennen inzwischen Carlas richtigen Namen«, sagte Myron.
    »Und?«
    »Liz Gorman.«
    Win zog eine Augenbraue hoch. »Wie bitte?«
    »Liz Gorman. So wie in der Raven Brigade.« Er erzählte Win von Fred Higgins' Anruf. Win lehnte sich zurück und legte die Fingerspitzen aneinander.

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