Myron Bolitar 03 - Der Insider
direkt danach gesucht, aber die Verteilung des Bluts im Körper - also, wenn sie hier unten ermordet worden wäre, hätte in ihrem Appartement nicht so viel Blut sein dürfen. Sie haben die Schweinerei da doch gesehen, oder?«
Myron nickte.
Dimontes Blicke streiften ziellos umher. Myron konnte praktisch sehen, wie das Getriebe in seinem Kopf zum Stillstand kam. »Sie wissen, was das bedeutet, stimmt's, Bolitar?«
»Nein, Rolly. Warum klären Sie mich nicht auf?«
»Es bedeutet, dass der Mörder nach der Tat hierher zurückgekommen ist. Eine andere Erklärung gibt es nicht. Und wissen Sie, auf wen das alles hinausläuft? Auf Ihren Kumpel Downing. Erst finden wir seine Fingerabdrücke in der Wohnung des Opfers ...«
»Was?«
Dimonte nickte. »So ist es. Wir haben Downings Fingerabdrücke am Türrahmen gefunden.«
»Aber nicht in der Wohnung?«
»Doch, in der Wohnung. Auf der Innenseite des Türrahmens.«
»Aber sonst nicht?«
»Das spielt ja wohl keine Rolle. Die Fingerabdrücke beweisen, dass er am Tatort war. Was wollen Sie denn noch? Egal, ich sag Ihnen, wie das gelaufen sein muss.« Er steckte sich einen neuen Zahnstocher in den Mund. Ein neuer Zahnstocher für eine neue Theorie. »Downing hat sie umgebracht. Er ist nach Hause gefahren, um zu packen oder so. Er ist in Eile, so dass er im Keller ein bisschen Dreck hinterlässt. Dann haut er ab. Ein paar Tage später kommt er zurück und macht sauber.«
Myron schüttelte den Kopf. »Und was wollte er im Keller?«
»Die Waschmaschine«, antwortete Dimonte. »Er ist hier runtergekommen, um seine Sachen zu waschen.«
»Die Waschküche ist oben hinter der Küche«, sagte Myron.
Dimonte zuckte die Achseln. »Dann hat er sich vielleicht einen Koffer geholt.«
»Die stehen in der Kammer im Schlafzimmer. Hier unten ist nur das Spielzimmer für die Kinder, Rolly. Was wollte er hier?«
Das bremste Dimonte für einen Moment aus. Auch Myron überlegte. Da stimmte etwas nicht. War Liz Gorman wirklich hier ermordet und dann in ihr Appartement in Manhattan gebracht worden? Die Indizien sprachen dagegen. War sie hier verletzt worden?
Holla. Immer langsam mit den jungen Pferden.
Vielleicht war sie hier unten tatsächlich verletzt worden. Vielleicht hatte es hier ein Handgemenge gegeben. Sie war überwältigt worden, oder jemand hatte sie bewusstlos geschlagen, und dabei war Blut geflossen. Aber was dann? Hatte der Mörder sie in ein Auto gesteckt und nach Manhattan gefahren? Und was dann? Der Mörder parkt auf der ziemlich belebten Straße, schleppt die verletzte Frau die Treppe hinauf in ihr Appartement und bringt sie da um?
War das logisch?
Im Erdgeschoss rief jemand: »Detective! Wir haben was gefunden! Schnell!«
Dimonte leckte sich die Lippen. »Schalt die Videokamera ein«, befahl er Krinsky. Dimonte ließ alles Wichtige auf Video aufzeichnen. Genau wie Myron es ihm gesagt hatte. »Sie warten hier, Bolitar. Ich hab keine Lust, die Anwesenheit Ihrer hässlichen Visage auf dem Band erklären zu müssen.«
Myron folgte ihnen in respektvollem Abstand. Krinsky und Dimonte rannten die Treppe hoch in die Küche. Sie wandten sich nach links. Die Waschküche. Alle vier Wände waren mit vinylgelben Tapeten mit weißen Hühnern bedeckt. Hatte Emily das ausgesucht? Eher nicht. Wie er Emily kannte, hatte sie noch nie eine Waschküche von innen gesehen.
»Hier drüben«, sagte jemand. Myron blieb zurück. Er sah, dass sie den Trockner von der Wand abgerückt hatten. Dimonte beugte sich vor und sah dahinter. Krinsky beugte sich mit der Kamera über ihn. Dimonte richtete sich wieder auf. Er versuchte auf Teufel komm raus, einen grimmigen Gesichtsausdruck aufzusetzen — ein Grinsen machte sich auf dem Film nicht gut -, was ihm aber offensichtlich schwerfiel. Er streifte Einweghandschuhe aus Gummi über und zog den Gegenstand hinter dem Trockner hervor.
Ein blutüberströmter Baseballschläger.
22
Als Myron ins Büro zurückkehrte, saß Esperanza am Empfangstisch.
»Wo ist Big Cyndi?«, fragte Myron.
»Mittagessen.«
Vor Myrons innerem Auge blitzte das Bild von Fred Feuersteins Wagen auf, der unter dem Gewicht seiner Brontosaurier-Rippchen umkippte.
»Win hat mir erzählt, was passiett ist«, sagte Esperanza. Sie trug eine marineblaue Bluse. Der obere Knopf war offen, und dort hing ein goldenes Herz an einer dünnen Kette über ihrer dunkelhäutigen Brust. Ihre stets etwas strubbeligen Haare hatten sich leicht in den großen, reifenförmigen Ohrringen
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