Myron Bolitar 03 - Der Insider
Wie immer ließ sich aus seiner Miene nichts ablesen.
Als Myron fertig war, sagte Win: »Das wird ja immer ulkiger.«
Myron sagte: »Damit stellt sich also folgende Frage: Welche Verbindung könnte zwischen Greg Downing und Liz Gorman bestehen?«
»Eine starke Verbindung«, sagte Win und nickte mit dem Kopf Richtung Bildschirm. »Die Möglichkeit einer Nacht voller unvorstellbarer Ekstase, wenn man der Übertreibung Glauben schenken will.«
»Mit Liz Gorman?«
»Warum denn nicht?« Wins Stimme hatte beinahe einen defensiven Unterton. »Man darf niemanden auf Grund seines Alters oder von Brustimplantaten diskriminieren. Das wäre nicht richtig.«
Ein ewiger Kämpfer für Chancengleichheit und gegen die Unterdrückung. »Darum geht's hier nicht«, sagte Myron. »Nehmen wir mal an, dass Greg auf Liz Gorman scharf war, obwohl sie niemand als gutaussehend beschrieben hat...«
»Sei doch nicht immer so oberflächlich, Myron«, sagte Win und schüttelte missbilligend den Kopf. »Wieso kannst du dir nicht vorstellen, dass Greg hinter die Fassade blicken und ihre innere Schönheit erkennen konnte? Immerhin hatte sie große Titten.«
»Wie immer, wenn wir über Sex reden«, erwiderte Myron, »triffst du den Kern der Sache nicht.«
»Und der wäre?«
»Wo sollten die beiden sich kennen gelernt haben?«
Wieder legte Win die Fingerspitzen aneinander. Dazu trommelte er sich mit den Zeigefingern auf die Nase. »Ah«, sagte er.
»Genau, ah . Wir haben es mit einer Frau zu tun, die seit über zwanzig Jahren im Untergrund lebt. Sie ist auf der ganzen Welt herumgekommen und wahrscheinlich nirgends lange geblieben. Sie hat vor zwei Monaten in Arizona eine Bank ausgeraubt. Danach hat sie in einem winzigen Restaurant in der Dyckman Street als Kellnerin gejobbt. Wo soll Greg Downing diese Frau kennen gelernt haben?«
»Das ist schwierig«, gab Win zu, »aber nicht unmöglich. Es gibt viele Hinweise darauf, dass es da Möglichkeiten gibt.«
»Zum Beispiel?«
Win deutete auf den Bildschirm: »In dieser E-Mail, zum Beispiel, geht es um den letzten Samstagabend - den gleichen Abend, an dem Greg und Liz Gorman sich in einer Bar in New York getroffen haben.«
»In einer Spelunke«, korrigierte Myron. »Warum da? Warum haben sie sich nicht in einem Hotel oder bei ihr getroffen?«
»Vielleicht kam das nicht in Frage. Vielleicht wollte Liz Gor-man, wie du schon erwähnt hast, sich nicht in der Öffentlichkeit blicken lassen. So eine Bar war da eine gute Alternative.« Er nahm die Hände herunter und fing an, mit den Fingern auf den Schreibtisch zu trommeln. »Aber du übersiehst noch etwas, mein Freund.«
»Und das wäre?«
»Die Frauenkleidung in Gregs Haus«, sagte Win. »Deine Ermittlungen haben uns zu dem Schluss gebracht, dass Down-ing eine geheime Liebhaberin hatte. Die Frage ist natürlich, wieso? Wieso sollte er alles daran setzen, eine Affäre geheim zu halten? Eine mögliche Erklärung wäre, dass es sich bei der geheimen Geliebten um die berüchtigte Liz Gorman handelt.«
Myron wusste nicht, was er davon halten sollte. Audrey hatte Greg mit einer Frau in einem Restaurant gesehen, auf die Liz Gormans' Beschreibung nicht passte. Aber was hatte das schon zu sagen? Es konnte eine andere Geliebte gewesen sein. Es konnte etwas vollkommen Unschuldiges gewesen sein -zwei Freunde, die miteinander zu Abend gegessen hatten. Es konnte auch ein Seitensprung gewesen sein. Trotzdem glaubte Myron nicht recht, dass Greg Downing und Liz Gorman eine Affäre gehabt hatten. Irgendetwas daran stimmte nicht. »Es muss doch eine Möglichkeit geben, dieses Pseudonym zu überprüfen und die Identität des Users herauszubekommen«, sagte er. »Wir müssen feststellen, ob dahinter wirklich Liz Gorman oder einer ihrer falschen Namen steckt.«
»Ich werde sehen, was sich machen lässt. Ich habe keine Kontaktperson bei AOL, aber irgendjemand, den wir kennen, kann uns da bestimmt weiterhelfen.« Win griff hinter sich. Er öffnete die holzvertäfelte Tür der Minibar. Er warf Myron eine Dose Yoo-Hoo zu und schenkte sich ein Brooklyn Lager ein. Win trank nie dunkle Biere, nur Lager. »Es war ziemlich kompliziert, Gregs Geld zu lokalisieren«, sagte er. »Da scheint nicht viel zu sein.«
»Das passt zu dem, was Emily gesagt hat.«
»Immerhin«, fuhr Win fort, »bin ich auf eine größere Abhebung gestoßen.«
»Wie viel?«
»Fünfzigtausend Dollar in bar. Hat eine Weile gedauert, weil es von einem Konto kam, das Martin Felder für ihn
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