Mystery Thriller Band 224
hatten sie tatsächlich – was nicht bedeutete, dass Daphne sich deshalb besser fühlte. Ein Teil von ihr glaubte fest an Louis’ Unschuld. Der Teil vermutlich, der eher auf ihr Herz hörte als auf ihren Verstand.
„Du zweifelst“, stellte Emma fest.
Seufzend zuckte Daphne mit den Schultern. „Das ist alles schon ziemlich krass, oder? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Louis so was tun würde.“
„Aber irgendjemand hat es getan“, sagte Nina nun. „Und ich wüsste ehrlich gesagt nicht, wer sonst etwas davon hätte, unseren Ruf zu ruinieren. Außer dem Bürgermeister vielleicht, aber der hatte kaum eine Möglichkeit, sich Zugriff zu unseren Vorräten zu verschaffen – ganz im Gegensatz zu Louis!“
Daphne atmete tief durch. „Also gut“, sagte sie. „Wir haben hier noch einiges zu tun. Da draußen im Wald ist das Spiel noch in vollem Gange, und ich möchte, dass alles so reibungslos wie möglich abläuft. Wenn alles vorüber ist, machen wir uns Gedanken darüber, wie es weitergehen soll. Im Moment haben wir dafür einfach keine Zeit.“
Das gesamte Wochenende über bemühte sich Daphne, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Die Teilnehmer sollten nicht merken, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Sie hatten dafür bezahlt, eine schöne Zeit in Dedmon House zu verbringen, und die würden sie auch bekommen.
Doch obwohl sich Daphne nun eigentlich ganz dem Event widmen konnte, war sie nicht wirklich mit dem Herzen bei der Sache. Einerseits, weil sie sich immer wieder fragte, wie es nun weitergehen sollte. Wenn sich herumsprach, dass Jonas Dawson nach dem Verzehr eines Steaks beim Tag der offenen Tür von Dedmon House zusammengebrochen war, würde die Stimmung den LARP-Fans gegenüber noch weiter in den Keller gehen.
Doch wer ihr wirklich nicht mehr aus dem Kopf ging, war Louis. Sie konnte nicht aufhören, ständig über ihn nachzugrübeln. Er hatte sich nicht mehr blicken lassen, seit er mit seinem Vater in die Klinik gefahren war. Daphne wusste, dass Jonas Dawson eine Nacht zur Beobachtung im Krankenhaus geblieben, inzwischen aber wieder nach Hause zurückgekehrt war. Sicher sorgte er bereits dafür, dass jeder – aber auch wirklich jeder! – von dem Zwischenfall erfuhr. Und es konnte wohl kaum ein Zweifel daran bestehen, was das bedeutete. Die Erwachsenen von Dedmon’s Landing würden Amok laufen und ihren Kindern verbieten, auch nur in die Nähe von Dedmon House zu kommen. Und schlimmer noch als das: Auch die, die bisher in ihrer Meinung noch unentschieden gewesen waren, würden von nun an die Linie des Bürgermeisters unterstützen.
Sicher, niemand konnte Daphne zwingen, ihre Pläne aufzugeben. Sie hatte das Grundstück, auf dem das alte Mädchenpensionat stand, rechtmäßig gekauft und das Recht erworben, das Gelände gewerblich zu nutzen. Das bedeutete jedoch nicht, dass es keine Möglichkeit gab, ihr Schwierigkeiten zu machen. Ganz im Gegenteil sogar. Und sie zweifelte nicht daran, dass Dawson und der Bürgermeister davon ausgiebig Gebrauch machen würden.
Trotzdem – auf ewig konnte sie sich ja nicht in ihrem Schneckenhaus verkriechen. Das fand auch Edna, die sie am Montagmorgen mit in die Seiten gestemmten Fäusten in der Küche erwartete. „So geht das nicht weiter, Daphne“, schimpfte sie. „Ich weiß, dass es dir im Moment nicht gut geht, aber – verdammt! – was ist eigentlich mit dir los? Du bist doch sonst nicht so leicht zu entmutigen!“
Daphne blinzelte. Es war absolut ungewöhnlich für ihre Tante, Kraftausdrücke zu benutzen. Aber sie hatte recht: Im Grunde ihres Herzens war Daphne eine Kämpfernatur. Es sah ihr gar nicht ähnlich, so leicht klein beizugeben.
„Unten am Hafen ist heute Fischermarkt – geh doch mal hin und amüsier dich ein bisschen!“
Zögernd biss sich Daphne auf die Unterlippe. Ob das wirklich so eine gute Idee war? Alle würden sie anstarren und mit den Fingern auf sie zeigen. Wollte sie sich das wirklich geben?
Reiß dich zusammen! Das hier ist dein großer Traum! Willst du ihn dir einfach so kaputtmachen lassen?
Sie straffte die Schultern und reckte das Kinn. „Du hast recht“, sagte sie, ging in die Diele und schnappte sich ihren Anorak vom Garderobenhaken. „Ich geh raus – warte nicht mit dem Lunch auf mich.“
Als sie draußen an der frischen Luft war und dem Gesang der Vögel lauschte, fühlte sie sich schon ein wenig besser. Sollten sie doch alle starren – was kümmerte sie das? Sie war nur sich selbst, ihren
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