Mystic City Bd 1 - Das gefangene Herz
verrückt, weil ich ständig an dich denke. Bitte, hab Erbarmen und triff dich mit mir. Morgen Abend, selber Ort? Ich warte, bis der Circle schließt.
Ich nehme mir den nächsten Brief vor.
Du bist gekommen! Ich wusste es! Heute Nacht gibt es nichts zu sagen außer: Danke!
Dann noch einen:
Unglaublich, wie eine einzige Begegnung das ganze Leben auf den Kopf stellen kann. Wie viel Zeit ist vergangen, seit wir uns begegnet sind? Eine Woche? Und ich kann nur noch an dich denken, an nichts anderes. Morgens, wenn ich aufwache, sehe ich dein schönes Gesicht vor mir, deine dunklen Augen, deine Haut, deine Lippen … Tagsüber höre ich deine Stimme und fühle deine Hand auf meiner Schulter. Nachts wälze ich mich im Bett hin und her und will doch so schnell wie möglich einschlafen, damit ich von dir träumen kann … von uns beiden.
Sehen wir uns wieder? Ich schicke dir eine Wegbeschreibung. Und sieh immer auf deinem Balkon nach, ob es neue Nachrichten gibt. Ich wage weder zu unterschreiben noch meine Adresse zu nennen … Wir müssen uns eine Geheimsprache ausdenken.
Bis dann.
Ich presse die Briefe an meine Brust. Diese Zeilen sind der Beweis einer erblühenden Liebe. Selbst wenn ich mich nicht mehr daran erinnern kann, ist nicht alles verloren.
Die Gegensprechanlage summt.
»Aria!«, ruft Magdalena am anderen Ende. »Ihre Mutter erwartet Sie zum Essen!«
»Bin sofort da!«, antworte ich in den Monitor.
Einen noch, sage ich mir.
J.
Ja, wir sollten uns wirklich Romeo und Julia nennen, denn unsere Liebe steht wahrhaftig unter einem schlechten Stern. Ich bin so glücklich, dass ich dich nicht verschreckt habe. Ich hatte Angst, du würdest gleich davonrennen, wenn ich dir meinen wahren Namen sage. Aber du bist viel stärker, als ich gedacht habe. Dieses Geheimnis wird uns beide stark machen und unerschütterlich wie das Stahlgerüst, das diese Stadt trägt. Es gibt so viel zu erfahren, so viel zu wissen. Wo sollen wir anfangen? Ich muss dich wiedersehen. Morgen? Am Abend danach?
R.
Romeo und Julia! Das ist doch verrückt! Thomas würde nie im Leben so sensibel, so poetisch …
»Aria!« Wieder Magdalena.
»Ich komme!«, rufe ich und lege die Briefe hastig zurück in die Schublade. Ich schwebe wie auf Wolken die Treppe hinunter. Zum ersten Mal seit langer Zeit bin ich glücklich.
Das Abendessen ist schnell vorbei. Kyle ist auf seinem Zimmer geblieben und meine Mutter plappert über ihre Pläne für die Hochzeit, während uns Bartholomew bedient – Insalata Caprese als Vorspeise und als Hauptgericht gedünstetes Kaninchen an Fenchel mit neuen Kartoffeln und anderen Beilagen, aber das ist mir egal, mechanisch nehme ich einen Bissen nach dem anderen. Thomas und mein Vater sind mit Garland in Sachen Wahlkampf unterwegs. Magdalena klappert in der Küche herum. Wo Davida ist, weiß ich nicht.
Aber das interessiert mich im Moment auch nicht. Ich kann nur noch an die Briefe denken. Sie sind das Einzige, was von meiner Romanze geblieben ist. Nachdem ich der Höflichkeit genüge getan habe, täusche ich Kopfschmerzen vor. »Darf ich mich entschuldigen?«
»Aber natürlich«, sagt meine Mutter, die ganz in den Hochzeitstischschmuck vertieft ist. »Sag deinem Bruder bitte noch Bescheid, dass er hungrig zu Bett gehen muss. Das ist hier kein rechtsfreier Raum, sondern ein Haushalt mit Regeln.«
Ich stehe ruhig vom Tisch auf. Sobald ich den Flur erreicht habe, beginne ich zu rennen. In meinem Zimmer angekommen, hole ich sofort die Briefe aus der Schublade, lege mich aufs Bett und lese weiter.
J.
Du bist gestern Abend nicht gekommen. Ich habe gewartet und gewartet. Gibt es einen anderen? Dann wäre mein Leben sinnlos. Bevor ich dich traf, war alles dunkel um mich und jetzt ist alles licht. Ich könnte es einfach nicht ertragen, wieder allein in die Finsternis verbannt zu werden. Aber vielleicht konntest du gestern Abend nur nicht weg. Wurdest du von deinem Vater oder deinem Bruder aufgehalten? Bitte gib Bescheid, damit ich mir keine Sorgen machen muss.
Auf ewig dein
R.
Ich wünschte, ich hätte auch meine Antwortbriefe! Ich muss Thomas fragen, ob er sie aufbewahrt hat. Bestimmt hat er sie noch.
J.
Danke, dass du mich beruhigt hast. Ich drehe leicht durch, wenn ich dich länger nicht sehe. Du bist das Heilmittel für jedes Gift. In dieser chaotischen Welt gibst du mir ein Gefühl von Sicherheit. Der Hass, der zwischen unseren Familien herrscht, ist ganz und gar unbegründet. Aber auch diese Kluft hat jetzt für
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