Mystic River
gut. Mit einem dicken Kopf, nun gut.) Aber das war es. Es war ein Traum.
Vier Bars, drei Schnäpse und ein paar Servietten mit Telefonnummern später waren Katie und Diane dermaßen durch den Wind, dass sie im McGills auf die Theke kletterten und zu »Brown Eyed Girl« tanzten, obwohl gar keine Musik lief. Eve sang: »Slipping and a sliding« und Katie und Diane rutschten und schlitterten über die Theke; bei »All along the waterfall, with you«, ließen sie ordentlich die Hüften schwingen und schüttelten ihr Haar, bis es ihnen ins Gesicht fiel. Im McGills dachten die Männer noch, die Mädels machten so richtig einen drauf, aber zwanzig Minuten später kamen sie im Brown nicht mal mehr durch die Tür.
Diane und Katie mussten Eve, die immer noch sang (jetzt Gloria Gaynors »I Will Survive«), inzwischen stützen. Das war das eine Problem. Außerdem schwankte sie wie ein Metronom. Das war das andere.
Somit wurden sie rausgeworfen, bevor sie richtig im Brown waren, und das bedeutete, dass es für drei East-Bucky-Mädels mit wackligen Beinen nur noch eine Möglichkeit gab, was zu trinken zu bekommen, nämlich der »Last Drop«, eine trübe Absteige in der schlimmsten Ecke der Flats, mitten in einer sich über drei Häuserblocks erstreckenden Horrorshow, wo die hagersten Nutten und Luden ihre Paarungstänze vollführten und jedes Auto ohne Alarmanlage in null Komma nichts weg war.
Und da waren sie auch, als Roman Fallow mit seinem neuesten Dummchen auftauchte. Roman hatte eine Vorliebe für kleine, blonde Frauen mit großen Augen. Wenn Roman erschien, freute sich das Thekenpersonal immer, denn er gab normalerweise um die fünfzig Prozent Trinkgeld. Katie freute sich aber ganz und gar nicht, weil Roman ein Freund von Bobby O’Donnell war.
»Haste einen in der Krone, Katie?«, fragte Roman.
Katie lächelte, weil Roman ihr Angst machte. Roman machte so gut wie jedem Angst. Er sah süß aus, war kein Dummer, und man konnte richtig Spaß mit ihm haben, wenn er gut drauf war, aber irgendwie war Roman hohl, ihm fehlte alles, was auch nur entfernt an Gefühle erinnerte, und diese Leere hing in seinen Augen wie ein Zimmer-frei-Schild.
»Bin ‘n bisschen angesäuselt«, gab sie zu.
Das fand Roman komisch. Er lachte kurz auf, ließ seine perfekten Zähne blitzen und trank einen Schluck Tanqueray. »Ein bisschen angesäuselt, hm? Schon gut, Katie. Darf ich dich was fragen?«, erkundigte er sich freundlich. »Meinst du, Bobby freut sich, wenn er hört, dass du dich heute Abend im McGills komplett zum Affen gemacht hast? Meinst du, das hört er gerne?«
»Nein.«
»Weil, ich hör das auch nicht gern, Katie. Verstehst du, was ich meine?«
»Ja.«
Roman legte die Hand hinters Ohr. »Wie bitte?«
»Ja.«
Roman ließ die Hand hinterm Ohr und beugte sich vor. »‘tschuldigung. Wie war das?«
»Ich geh jetzt nach Hause«, sagte Katie.
Roman grinste. »Wirklich? Ich will dich nicht zu was zwingen, das du nicht tun willst.«
»Nein, nein. Es ist jetzt genug.«
»Na, denn … Hey, soll ich für dich bezahlen?«
»Nein, nein. Danke, Roman, wir haben schon bezahlt.«
Roman legte den Arm um seine Tussi. »Soll ich ein Taxi rufen?«
Fast hätte Katie sich verplappert und gesagt, sie sei mit dem Auto da, doch sie biss sich auf die Zunge. »Nein, nein. Um diese Zeit kriegt man schnell eins.«
»Ja, stimmt. Also gut, Katie, wir sehen uns.«
Eve und Diane standen bereits an der Tür, hatten dort gewartet, weil sie Roman nicht treffen wollten.
Draußen fragte Diane: »Mann, glaubst du, er ruft Bobby an?«
Katie schüttelte den Kopf, war sich aber nicht ganz sicher. »Nein. Roman gibt keine schlechten Nachrichten weiter. Er behält sie nur im Hinterkopf.« Sie schlug kurz die Hände vors Gesicht und merkte in der Dunkelheit, wie der Alkohol in ihrem Blut rumorte, und sie fühlte die Schwere ihrer Einsamkeit. Sie hatte sich immer einsam gefühlt, seit ihre Mutter gestorben war, und ihre Mutter war schon sehr lange tot.
Auf dem Parkplatz übergab sich Eve und ein bisschen spritzte an die Hinterräder von Katies blauem Toyota. Als sie fertig war, holte Katie ein Mundwasser aus der Tasche und reichte Eve das kleine Fläschchen. Eve fragte: »Kannst du denn fahren?«
Katie nickte. »Sind ja nur … vierzehn Blocks von hier. Das geht schon.«
Als sie den Parkplatz verließen, sagte Katie: »Noch ein Grund mehr, abzuhauen. Ein Grund mehr, nichts wie weg aus diesem beschissenen Viertel zu kommen.«
Halbherzig piepste Diane
Weitere Kostenlose Bücher