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Mystic River

Titel: Mystic River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Onkeln, die in der Bank hinter Jimmy saßen. Jimmy nahm es sehr genau wahr: Sie kam der Grenze zwar sehr nahe, überschritt sie aber nicht. Sie schaute unauffällig durch den Schleier und suchte seinen Blick. Er winkte auf Gürtelhöhe mit drei Fingern zurück und artikulierte ein lautloses Hallo.
    Nadines Lächeln war weißer als Schleier, Kleid und Schuhe zusammen. Jimmy spürte einen Stich in Herz, Augen und Knie. Die Frauen in seinem Leben – Annabeth, Katie, Nadine und ihre Schwester Sara – schafften das mit einem einzigen Augenaufschlag; bei einem Lächeln oder einem Blick knickten ihm die Beine ein, wurde er schwach.
    Nadine schlug die Augen nieder und riss sich zusammen, um ein Lächeln zu unterdrücken, aber Annabeth hatte es bemerkt. Sie bohrte Jimmy den Ellenbogen in die Seite. Er sah sie an, spürte, dass er rot wurde, und fragte: »Was ist?«
    Annabeth warf ihm einen Blick zu, der ihm zu verstehen gab, dass er sich auf etwas gefasst machen könne, wenn sie zu Hause seien. Dann starrte sie geradeaus, die Lippen zusammengepresst, doch ihre Mundwinkel zuckten ein wenig. Jimmy wusste, er würde nur mit seiner unschuldigen Kleine-Jungen-Stimme fragen müssen: »Is’ was?«, und Annabeth würde losprusten, obwohl sie es eigentlich nicht wollte, weil man in der Kirche aus irgendeinem Grund immer kichern musste. Das war eine von Jimmys großen Gaben: Er konnte die Frauen zum Lachen bringen, worüber auch immer.
    Danach schaute er Annabeth eine Zeit lang nicht mehr an, verfolgte den Gottesdienst und das Ritual, als alle Kinder nacheinander zum ersten Mal die Oblate in die geöffnete Hand gelegt bekamen. Er hatte das Begleitheft zusammengerollt, es wurde feucht von der Wärme seiner Hände, während er sich damit auf die Oberschenkel klopfte und zusah, wie Nadine die Oblate aus ihrer Hand nahm und auf ihre Zunge legte, sich mit gesenktem Kopf bekreuzigte. Annabeth beugte sich zu ihm herüber und flüsterte: »Unsere Kleine! Mein Gott, Jimmy, unsere Kleine!«
    Jimmy legte den Arm um Annabeth, drückte sie an sich und wünschte sich, dass in Augenblicken wie diesen die Zeit stehen blieb, so dass man so lange in ihnen verweilen konnte, bis man bereit war, sein Leben wieder aufzunehmen. Er küsste Annabeth auf die Wange und sie rutschte noch etwas näher an ihn heran; beide hatten die Augen auf ihre Tochter gerichtet, auf ihren kleinen schwebenden Engel.
     
    Der junge Mann mit dem Samuraischwert stand am Rande des Parks mit dem Rücken zum Pen-Kanal. Er hob einen Fuß in die Luft und balancierte langsam auf dem anderen, wobei er das Schwert in einem seltsamen Winkel über dem Hinterkopf hielt. Sean, Whitey, Souza und Connolly näherten sich ihm vorsichtig und warfen sich Blicke zu – »Was zum Henker …?« Der Kerl stand weiterhin schwankend auf einem Bein, bemerkte die vier Männer nicht, die in einer Reihe über das Gras auf ihn zukamen. Er hob das Schwert über den Kopf und hielt es vor die Brust. Jetzt waren sie noch ungefähr sieben Meter entfernt und der Typ hatte sich um hundertachtzig Grad gedreht, so dass er ihnen jetzt den Rücken zuwandte. Sean sah, dass Connolly an seine rechte Hüfte griff, die Schnalle seines Holsters öffnete und die Hand an den Kolben seiner Glock legte.
    Bevor einer durchdrehte, jemand erschossen wurde oder der Kerl vor ihnen Harakiri beging, räusperte sich Sean und sprach ihn an: »Entschuldigen Sie, Sir! Sir? Entschuldigen Sie!«
    Der Mann legte den Kopf leicht schräg, als habe er Sean gehört, balancierte aber weiter auf einem Bein und drehte sich zentimeterweise wieder zu den Männern um.
    »Sir, legen Sie bitte Ihre Waffe ins Gras!«
    Der junge Mann setzte den zweiten Fuß wieder auf den Boden und sah sie mit weit aufgerissenen Augen an, musterte einen nach dem anderen – eins, zwei, drei, vier Pistolen –, hielt ihnen das Schwert entgegen, zeigte entweder auf sie oder wollte es ihnen geben, Sean konnte es nicht genau sagen.
    Connolly rief: »Verflucht noch mal! Sind Sie taub? Auf den Boden damit!«
    »Pssst!«, machte Sean und blieb drei Meter vor dem Mann stehen und dachte an die Blutstropfen, die sie zirka sechzig Meter weiter hinten, entlang des Joggingpfads gefunden hatten. Alle vier Männer hatten sofort gewusst, was diese Tropfen bedeuteten. Dann schaute Sean zu diesem Bruce Lee auf, der mit einem Schwert von der Größe eines Surfbretts herumfuchtelte. Allerdings war Bruce Lee ein Asiate und dieser Kerl hier definitiv weiß, ziemlich jung, vielleicht

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