Mystic River
fünfundzwanzig, hatte schwarzes gelocktes Haar und rasierte Wangen, sein weißes T-Shirt steckte in einer grauen Sporthose.
Er hielt in seiner Bewegung inne und Sean war ziemlich sicher, dass der junge Mann das Schwert aus Angst auf sie richtete, dass er nicht mehr klar denken konnte und sein Körper ihm nicht mehr gehorchte.
»Sir!«, sagte Sean so laut, dass der Typ ihn ansah. »Tun Sie mir einen Gefallen, ja? Legen Sie das Schwert auf den Boden! Öffnen Sie einfach die Hände und lassen Sie es fallen!«
»Wer seid ihr überhaupt, Mann?«
»Polizisten.« Whitey Powers zeigte seine Dienstmarke. »Sehen Sie? Also, vertrauen Sie mir, Sir, und lassen Sie das Schwert fallen!«
»Ja, sicher!«, antwortete der Mann und ließ es tatsächlich fallen. Mit einem dumpfen Plumps landete es auf dem Boden.
Sean spürte, dass sich Connolly links neben ihm bewegte und auf den Mann zustürzen wollte, deshalb streckte Sean die Hand aus, schaute dem Typen weiterhin tief in die Augen und fragte: »Wie heißen Sie?«
»Hä? Kent.«
»Kent, freut mich. Ich bin Trooper Devine von der State Police. Ich möchte gerne, dass Sie sich ein paar Schritte von der Waffe entfernen.«
»Welche Waffe?«
»Das Schwert, Kent. Treten Sie ein paar Schritte zurück! Wie heißen Sie mit Nachnamen, Kent?«
»Brewer«, erwiderte er und ging nach hinten, die Hände jetzt erhoben, als vermute er, dass sie jeden Augenblick alle ihre Glocks zücken und abfeuern würden.
Sean grinste und nickte Whitey zu. »Hey, Kent, was war das, was Sie da eben gemacht haben? Sah wie so ‘ne Art Ballett aus. Zwar mit ‘nem Schwert, sicher, aber …«
Kent beobachtete, wie sich Whitey bückte und das Schwert vorsichtig mit einem Taschentuch anhob.
»Kendo.«
»Was ist das, Kent?«
»Kendo«, sagte Kent, »ist eine Kampfsportart. Mache ich dienstags und donnerstags. Ich übe immer morgens. Ich hab nur trainiert. Sonst nichts.«
Connolly seufzte.
Souza sah Connolly an. »Der verarscht uns doch, oder?«
Whitey hielt Sean die Klinge des Schwertes hin. Sie glänzte, war geölt und so sauber, als käme sie direkt aus der Formpresse.
»Guck hier!« Whitey zog die Schneide über seine Handfläche. »Da sind selbst meine L ö ffel schärfer.«
»Es ist nicht geschliffen«, erklärte Kent.
Sean hörte wieder den Vogel in seinem Kopf kreischen. »Ähm, Kent, wie lange sind Sie schon hier?«
Kent schaute zum Parkplatz, hundert Meter hinter ihnen. »Eine Viertelstunde? Höchstens. Worum geht’s denn?« Er klang jetzt selbstsicherer, ein wenig entrüstet. »Es ist doch nicht verboten, in einer öffentlichen Anlage Kendo zu üben, Officer, oder?«
»Noch nicht«, antwortete Whitey. »Im Übrigen bin ich Sergeant, Kent.«
»Können Sie uns sagen, wo Sie letzte Nacht beziehungsweise heute Morgen gewesen sind?«, fragte Sean.
Kent wurde wieder nervös, überlegte fieberhaft, hielt den Atem an. Er schloss kurz die Augen, dann stieß er die Luft aus. »Ja, ja. Gestern Abend war ich mit Freunden auf einer Party. Ich bin mit meiner Freundin nach Hause gegangen. So gegen drei waren wir im Bett. Heute Morgen hab ich mit ihr gefrühstückt, dann bin ich hierher gefahren.«
Sean rieb sich die Nase und nickte. »Wir werden das Schwert beschlagnahmen müssen, Kent, und es wäre uns ganz recht, wenn Sie kurz mit einem der Trooper in der Baracke vorbeisehen und ein paar Fragen beantworten könnten.«
»In der Baracke?«
»Auf dem Revier«, erklärte Sean. »Wir nennen es bloß so.«
»Warum?«
»Kent, könnten Sie einfach mit dem Trooper mitgehen?«
»Ähm, klar.«
Sean sah Whitey an, der das Gesicht verzog. Kent hatte zu viel Schiss, um etwas anderes als die Wahrheit zu sagen, und sie wussten, dass die Leute in der Forensik nichts Bemerkenswertes auf dem Schwert finden würden, aber sie mussten jede Spur verfolgen und darüber einen Bericht verfassen, bis ihr Schreibtisch mit dem Papierkram darauf wie eine Müllkippe aussah.
»Ich mache demnächst den schwarzen Gürtel«, meinte Kent plötzlich.
Sie drehten sich zu ihm um. »Was?«
»Am Samstag«, erläuterte Kent und Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. »Hab drei Jahre dafür gebraucht, aber, Ähm, deshalb war ich heute Morgen hier, ich will richtig gut in Form sein.«
»Aha«, sagte Sean.
»Hey, Kent!«, rief Whitey und Kent lächelte ihn an, »ich meine, nichts für ungut, aber wen interessiert das?«
Als Nadine und die anderen Kinder aus der Kirche drängten, war Jimmy nicht mehr sauer auf Katie,
Weitere Kostenlose Bücher