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Mystic River

Titel: Mystic River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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ungefähre Zeit des Eintreffens und Verlassens. Doch als die Rede auf Persönliches kam, hatten Sean und Whitey das Gefühl, die Mädchen verschwiegen etwas: Sie warfen sich vielsagende Blicke zu, bevor sie antworteten, und wichen den Fragen aus, wohingegen sie vorher auskunftsfreudig gewesen waren.
    »Mit wem war sie zusammen?«
    »Mit keinem richtig.«
    »Und mit wem nicht richtig?«
    »Hm …«
    »Ja?«
    »In der Beziehung hielt sie uns nicht auf dem Laufenden.«
    »Diane, Eve, also bitte! Eure beste Freundin seit der Grundschule erzählt euch nicht, mit wem sie geht?«
    »Sie war sehr verschlossen.«
    »Ja, verschlossen. So war Katie, Sir.«
    Whitey versuchte es auf eine andere Weise. »Gestern Abend war also nichts Besonderes? Nichts Außergewöhnliches?«
    »Nein.«
    »Sie hatte auch nicht zufällig vor abzuhauen?«
    »Was? Nein.«
    »Nein? Diane, sie hatte hinten im Auto einen Rucksack. Darin waren Prospekte von Las Vegas. Hat sie die vielleicht für jemand anderen herumgetragen?«
    »Kann sein, keine Ahnung.«
    In dem Moment mischte sich Eves Vater, Drew Pidgeon, ein: »Schatz, wenn du was weißt, dann musst du’s sagen. Es hilft vielleicht weiter. Mensch, hier geht’s um Katie, sie ist ermordet worden.«
    Das führte zu einem erneuten Tränenausbruch. Beide Mädchen verloren vollkommen die Fassung, heulten drauflos, nahmen sich in die Arme und zitterten, den Mund zu einem großen, leicht schrägen Oval aufgerissen. Sean hatte dies schon oft miterlebt, wenn, wie Martin Friel es nannte, der Damm brach und den Hinterbliebenen klar wurde, wie sehr ihnen der Tote fehlen würde. In so einem Moment konnte man nichts tun, nur zusehen oder gehen.
    Sie sahen zu und warteten.
    Eve Pigeon ähnelte wirklich ein bisschen einem Vogel, dachte Sean. Sie hatte ein spitzes Gesicht und eine sehr schmale Nase. Aber beides passte zu ihr. Sie besaß eine Eleganz, die ihrem dünnen Körper eine fast aristokratische Ausstrahlung verlieh. Sean glaubte, sie gehöre zu den Frauen, denen formelle Kleidung besser stand als Freizeitklamotten, und sie strahlte eine Anständigkeit und Intelligenz aus, die Seans Ansicht nach nur Männer mit ernsten Absichten anzog, Hochstapler und Weiberhelden hingegen abschreckte.
    Diane hingegen verströmte eine unterwürfige Sinnlichkeit. Sean entdeckte einen schwachen blauen Fleck unter ihrem rechten Auge. Sie kam ihm dümmer vor als Eve, neigte bestimmt zu Gefühlsausbrüchen, aber auch zum Lachen. Wie ein Schönheitsfehler glänzte in ihren Augen die schwindende Hoffnung, eine Bedürftigkeit, die selten eine andere Sorte Männer anzog als die Jäger und Sammler, wie Sean wusste. Er nahm an, dass Diane in den kommenden Jahren regelmäßig Anlass zu Notrufen wegen häuslicher Gewalt geben würde und dass die sterbende Hoffnung längst verschwunden wäre, wenn die Bullen anschließend an ihre Tür klopften.
    »Eve«, sagte Whitey sanft, als die beiden schließlich zu weinen aufgehört hatten. »Ich muss etwas über Roman Fallow wissen.«
    Eve nickte, als hätte sie die Frage erwartet, aber zunächst einmal schwieg sie. Sie kaute an ihrem Daumennagel herum und betrachtete die Krumen auf dem Tisch.
    »Dieser Wichser, der sich immer mit Bobby O’Donnell rumtreibt?«, fragte ihr Vater.
    Whitey hob beschwichtigend die Hand und warf Sean einen Blick zu.
    »Eve«, sagte Sean, denn er wusste, dass sie sich an Eve halten mussten. Sie war schwerer zu knacken, aber was sachdienliche Hinweise anging, würde sie bestimmt ergiebiger sein.
    Eve schaute ihn an.
    »Ihnen drohen keine Repressalien, wenn es das ist, worüber Sie sich Sorgen machen. Was Sie uns auch über Roman Fallow oder Bobby erzählen, es bleibt unter uns. Die Kerle werden nie erfahren, dass wir es von Ihnen wissen.«
    Diane erwiderte: »Und wenn es vor Gericht geht? Hä? Was dann?«
    Whitey warf Sean einen Blick zu, der ihm zu verstehen geben sollte: Da musst du jetzt alleine durch.
    Sean konzentrierte sich auf Eve. »Wenn Sie nicht gesehen haben, dass Roman oder Bobby Katie aus dem Auto zerrten …«
    »Nein.«
    »Dann wird der Staatsanwalt keine von Ihnen zwingen, öffentlich vor Gericht auszusagen, Eve. Er wird wahrscheinlich eine Menge Fragen stellen, aber zwingen kann er Sie zu nichts.«
    »Sie kennen die nicht«, wandte Eve ein.
    »Bobby und Roman? Klar, kenn ich die. Damals im Rauschgiftdezernat hab ich Bobby neun Monate eingebuchtet.« Sean legte die Hand zwei Zentimeter neben Eves auf den Tisch. »Und er hat mich bedroht. Aber das ist alles,

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