Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)
begreift.
» Er ist gegangen, Vater. Er ist nicht mehr hier, nicht mehr bei uns. «
» Also war er doch des Teufels. «
Sie möchte gleichzeitig schreien und lachen. Wie dumm die Menschen sein können, wie verbohrt. Stattdessen geht sie zu ihrem Vater und umarmt ihn. » Ich bin traurig « , flüstert sie. » Tröste mich. Alles andere erkläre ich dir später, aber jetzt tröste mich. «
Es ist das erste Mal seit Jahren, dass seine Finger durch ihr Haar gleiten, und sie sich in seiner Nähe nicht einsam fühlt. Er drückt sie an sich, und sie schmiegt sich an seine filzige Jacke, die feucht ist und stinkt, und dennoch genießt sie seine Arme, deren Kraft sie vergessen hat.
Die Tür öffnet sich, und Richard kommt herein. Von seiner Kleidung bröckelt nasse Erde. Er sieht sie in der Umarmung mit ihrem Vater und lächelt verlegen. Ein kläglicher Junge, der nicht weiß, wohin er soll.
» Komm « , sagt Emily leise. » Komm zu uns, Bruder. «
Und dann halten sich alle drei fest und drücken sich aneinander.
Das ist sein Geschenk, begreift Emily. Das Vermächtnis von Galahad, dem reinen Ritter.
Die Liebe!
Emily weint und es sind nicht nur Tränen des Verlustes.
DYNASTIE DES GRAUENS
Roman von
Vanessa Farmer
Prolog
Als die Sonne aufging und ihr Licht auf die Baugerüste und Aufwerfungen der zukünftigen Pyramiden warf, schwang sich Sephrete von ihrem Schimmel.
Das edle Pferd schnaubte und schüttelte sich.
Sephrete zog ihren Übermantel um sich, denn noch stieg die Kälte der Nacht aus dem Sand. Bald würden die Arbeitstrupps, die Handwerker und Sklaven kommen, um ihre unermüdliche Arbeit fortzuführen. Das Terrain würde vor Flüchen, Rufen, mechanischen Geräuschen und dem Klatschen von Ochsenleder auf nackten Rücken widerhallen.
Sephrete liebte diese Minuten, bevor auch in Masr das Leben erwachte. Man schlief, bis die Sonne aufgegangen war, ließ sich salben, löste mit einem Spatel den Schmutz und benetzte die Haut mit frischem Quellwasser. Man speiste, gab den Untergebenen Anweisungen und machte sich bereit für Handel und Politik.
Sie hatte nur diese kurze Zeit zwischen Ruhen und Atemholen. Nur diese kurze Zeit, um sich mit Mamothma zu treffen, der hinter den Steinwällen auf sie wartete. Sie band ihr Pferd an und ging um die Quader herum, wo er sie erwartete. Er war wunderschön. Schlank, hell wie Gold und unbehaart. Sein kahler Schädel war schmal, die Ohren beringt, die dunklen Augen von ehrgeizigen Brauen überschattet, dazu eine schmale Nase und fein geschwungene Lippen. Muskeln wie gemeißelt, ein flacher Bauch und ein Geschlecht, so ebenmäßig, wie sie noch nie eines gesehen hatte.
Sie war unterwegs, um dem Schimmel in der Kühle des Morgens Bewegung zu verschaffen, soviel zur offiziellen Version. Ihr Vater, Akobeth der Dritte, würde sie verprügeln oder Schlimmeres, wenn er ahnte, was sie wirklich trieb.
Mamothma breitete seine Arme aus. Sein nackter Körper war eine einzige Einladung. Sie warf den Umhang weg. Hastig streifte sie den dünnen Stoff von den Schultern, und ihre Brustwarzen standen hart und waren bereit für seine Küsse. Er war wie immer schweigsam. Er musste nichts sagen. Sein pulsierender Penis, sein geschmeidiger Körper, seine duftende Haut, sprachen Worte genug.
Stöhnend ließ sie sich in seine Arme fallen, während er sie auf das Ziegenfell zog. Seine Küsse benetzten sie am ganzen Körper, und sie schauderte, schnurrte und griff ihn mit bebenden Fingern. Sie führte ihn ein und saß auf ihm, als sei er ein junges Pferd, dass es zu zähmen galt. Sie warf den Kopf in den Nacken, und ihre langen, schwarzen Haare strömten wie Teer über ihre Schultern. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, und sie stieß die Lust in kleinen Lauten aus sich heraus.
Mamothma tat, was er konnte, doch sie war die Herrscherin. Sie verordnete die Geschwindigkeit, sie zögerte das Unvermeidliche heraus, solange es ging, und als er sich in sie entleerte, war sie den Göttern nahe.
Sie sank vornüber und küsste seine Wangen.
Er seufzte und sagte mit warmer Stimme: »Irgendwann werde ich dich an meine Seite holen, Schönste aller Schönen.«
Sie hauchte ihm Küsse auf die Augen.
Armer Mann, dachte sie. Armer, dienender Mann. Nie werde ich an deine Seite können. Du bist mittellos und ich bin reich. Man würde dich in siedendes Öl werfen, wenn du auch nur mehr als einen Blick auf mich riskierst. Du wirst an den Pyramiden arbeiten und dabei zugrunde gehen, wie die
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