Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)
Sprache rausrückte. Sie wollte ihre Tochter wiederhaben. Und dieser Mann - dieser Geist! - wusste davon. Der Kellner wich zwei Schritte zurück. Seine Augen verzogen sich zu Schlitzen . Er schüttelte den Kopf. »Ich habe wirklich keine Ahnung.«
»Meine Tochter«, schnappte Linda. »Sie kennen meine Tochter. Wir haben vor einer dreiviertel Stunde hier gemeinsam etwas getrunken. Und sie wissen ganz genau, was mit ihr geschehen ist! Sie sind doch auch einer von den - den - JÜNGERN!«
Selten hatte Grace so viel Verwirrung in den Augen eines Menschen gesehen. Der Kellner wich noch mehr zurück. Dabei wäre er fast über eines der niedrigen Bartischchen gestürzt. Sein Gesicht drückte Unkenntnis aus. »Wenn ich sonst noch etwas für Sie tun kann«, versuchte er Fassung zu bewahren. Linda ahnte nur entfernt, wie sehr er, ein moslemischer Mann sich durch ihre Aufgebrachtheit, den Zorn einer Frau, gedemütigt fühlte.
Sie sprang vor. Sie würde diesem Schwein die Wahrheit aus dem Hals schütteln, so wahr sie Linda Wayne hieß! Niemand - niemand auf dieser Welt vergriff sich an ihrer Tochter! Derjenige würde es mit ihr zu tun bekommen.
Der Kellner hob schützend seine Hände. Verwirrung war Aggression gewichen. Er hob seine Lippen und entblößte zwei Reihen Zähne. Sein Gesicht fiel in sich zusammen. Seine Kiefermuskeln spielten. Auf der Stirn schwollen zwei Adern. Er ballte seine Fäuste.
»Na, du Hund? Willst du mich schlagen? Ha? Willst du das?«
»Lady ... so brauche ich mich von Ihnen nicht behandeln zu lassen. Ich gehe davon aus, dass Sie mich angreifen wollen. Ich würde so etwas nie gutheißen. Von keinem Gast auf diesem Schiff.«
»Ach - reden Sie doch nicht so geschwollen daher. Sie wissen ganz genau, um was es hier geht!«
»Warum ich?«, knurrte der Kellner. »Es gibt noch viele andere Menschen hier an Bord. Möglicherweise hat irgendein anderer Gast Ihre Tochter gesehen. Es könnte doch sein, dass ihre - wie heißt sie? - Grace, nicht wahr? - dass Ihre Grace sich einen Spaß mit Ihnen erlaubt. Oder sie hat einen netten Jungen kennengelernt.«
Mit einem Schrei sprang Linda den Kellner an. Ihre Finger krallten sich in das schwarze Sakko. Der Kellner taumelte zurück. Mit einem harten Schlag seiner Unterarme löste er sich aus Lindas Griff. »Sie - Sie sind verrückt«, keuchte er.
Linda ließ sich nicht beirren. Erneut versuchte sie einen Angriff. Diesmal fanden ihre Finger sein Hemd. Als mache sie einen Klimmzug, zog sie sich an den Mann heran. Ihr Gesicht war dem seinen ganz nahe. »Sagen Sie mir die Wahrheit. Sie sind einer von DENEN und Sie wissen, wo meine Tochter ist.«
Angewidert blickte der Kellner weg. Sein Kehlkopf zuckte. Zwischen seinen Lippen presste er hervor: »Sie sind eine verzweifelte Person. Das entschuldigt ihr kindisches Verhalten, aber lassen Sie mich jetzt bitte los - sonst kann ich für nichts garantieren.«
Linda schüttelte und rüttelte. Ein Knopf löste sich vom Hemdkragen des Mannes und fiel zu Boden.
Harte Hände griffen sie bei der Schulter und rissen sie zurück. Linda taumelte. Die Beine versagten ihr den Halt. Sie stürzte. Und wurde aufgefangen. Mit Mühe und Not gelang es ihr, den Halt zurückzugewinnen. Sie hielt sich an einer Tischkante fest und richtete sich wieder auf. Sie wurde an den Oberarmen festgehalten. Als sie ruckte und sich zu befreien versuchte, hörte sie eine Stimme an ihrem Ohr, die sie gut kannte.
»So etwas gibt es auf meiner Karnak Dream nicht. Hier prügeln sich die Gäste nicht mit dem Personal.« Dann zischte er etwas auf Arabisch. Schnelle Wortfetzen, denen Linda keinen Sinn abgewinnen konnte. Diese Sprache erschien ihr unglaublich kompliziert. Der Kellner zog seinen Kopf zwischen die Schultern, bückte sich, hob den Knopf auf und trottete wie ein geprügelter Hund davon.
Der Kapitän ließ Linda los. Sie rieb sich die Oberarme und drehte sich um. Mit einem freundlichen Kopfschütteln musterte der kleine Mann sie von oben bis unten. »Das hätte ich Ihnen wirklich nicht zugetraut. Ich hatte den Eindruck, es mit zivilisierten Gästen zu tun zu haben. Verzeihen Sie meine Kritik, aber es muss doch etwas sehr, sehr Außergewöhnliches geschehen sein, damit Sie einem Mitglied meines Personals - wie sagt man in Ihrer Sprache? - an die Wäsche gehen.«
»Hören Sie, Mr …«
»Akbar!«
»Mr Akbar. Meine Tochter ist verschwunden. Vor einer dreiviertel Stunde waren wir noch beisammen. Sie wollte mal eben auf die Toilette gehen.« Linda
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