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Mystic

Mystic

Titel: Mystic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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fragte er Harold, ob er es für möglich halte, dass Danby der Mörder sei.
    »Wenn er es ist, dann ist er noch verdrehter, als ich dachte«, sagte der alte Mann. »Er war einmal so beherrscht. So wunderbar im Denken und Handeln.«
    Zum ersten Mal an diesem Abend lächelte Jerry. »Dies hier hat nichts mit Schadensbegrenzung zu tun, was, Harold? Sie sind nicht hier, um dafür zu sorgen, dass Pluto schön unter der Decke bleibt. Das hier ist was Persönliches, nicht wahr? Sie machen sich was aus dem verrückten Schwein.«
    Ein langes Schweigen entstand.
    »Ich werde alt, Matthews«, sagte Harold schließlich. »Ich habe Terrance immer als einen Sohn angesehen. Ich möchte noch einmal mit ihm sprechen, bevor es vorbei ist.«

37
    Das Telefon im Vernehmungsraum klingelte, und Andies Aufmerksamkeit wurde von Many Horses’ Tagebuch abgelenkt. Sie nahm den Hörer ab. »Nightingale.«
    »Sand hier«, antwortete eine männliche Stimme. »Wir können den Priester nicht finden.«
    »Was?«, schrie Andie. »Was ist los mit euch Jungs? Erst geht euch Kerris durch die Lappen und jetzt McColl?«
    »He, tut mir leid, wir haben ihn halt verloren«, entgegnete Sand ärgerlich. »Draußen vor der Kirche hängt ein Schild mit der Aufschrift ›Wegen der kürzlichen Tragödie finden vorerst keine Messen statt‹. Im Pfarrhaus ist alles dunkel, niemand macht die Tür auf. Sollen wir über die hintere Mauer springen und uns mal umsehen?«
    »Sind Sie verrückt?«, bellte Andie. »Ohne Durchsuchungsbefehl? Ohne Gefahr im Verzug? Das wäre ein schwerer Eingriff in die Unantastbarkeit der Kirche. Geht da bloß nicht rein. Ich wiederhole: Geht nicht hinein! Besorgt euch Fabrikat und Nummer seines Fahrzeugs vom Verkehrsamt und schickt die Information an alle Dienststellen mit der Anweisung, ihn festzunehmen, wenn er gesichtet wird.«
    Sie knallte den Hörer auf und starrte auf den Schreibblock vor sich. Sie machte einen Kreis um die Namen von Kerris und McColl und zog einen Strich dazwischen mit einem großen, kräftigen Fragezeichen darüber. Dann seufzte sie und wandte sich wieder dem Tagebuch zu.
    Im Sommer halten wir die Séancen draußen vor einer Höhle ab, oben am Berg hinter der Farm der Danbys. Wenn alle Leute, die an Joshua und Caleb glauben, im Mondlicht um den Höhleneingang herumsitzen, klettere ich auf der anderen Seite den Berg hoch, trete auf den Felsvorsprung über dem Höhleneingang und halte eine Rede, die Joshua geschrieben hat. Sie sehen mich an, wie die jungen Männer Ten Trees ansahen, als ich ein kleines Mädchen war, als könnte ich ihnen etwas geben, das sie unbedingt haben wollen.
    Letzte Woche, als wir schon fast am Ende waren, kam der Priester von Lawton, der, den sie Pater D’Angelo nennen, durch den Wald gestürmt, mit einem Haufen Männer und Frauen, die in seine Kirche gehen. Im Laternenlicht sieht D’Angelo aus wie ein Baum, der sein ganzes Leben im kalten Wind gelebt hat. Sein Kopf sieht aus wie ein Gänsenest mit einem Ei darin. Er zeigte mit dem Finger nach oben auf mich, nannte mich eine Heidin und schickte ein paar Männer auf die Felsen zu mir herauf. Ich rannte nach hinten und in den Wald hinein, Caleb folgte mir dicht auf den Fersen.
    Caleb und ich rannten so schnell, dass wir Seitenstiche bekamen. Wir entkamen Pater D’Angelos Leuten, und Caleb wollte umkehren, um seinem Bruder zu helfen, aber ich fragte ihn, ob er vergessen habe, wie Joshua zugelassen hatte, dass er geteert und gefedert und an einem Pfahl durch die Gegend getragen wurde, als ein Prediger das letzte Mal eine unserer Séancen gesprengt hatte.
    Ich nahm Caleb mit zu meinem Versteck – dem Felsen oben am Lawton Mountain, der nach Westen geht. Unterhalb des Felsens sind die Bäume meilenweit abgeholzt. Im Sonnenlicht liegen, so weit man sehen kann, nur Felsen und grünes Land. Es ist fast wie in Dakota im Frühling, nur hügeliger. Der Vollmond schien, als wir dort oben ankamen. Eulen schrien, und die Grillen zirpten, und die Zikaden, wie Caleb sie nannte, die nach siebzehn Jahren in der Erde aus dem Boden kamen, wimmerten wie Säuglinge, die ihre Mütter vermissen.
    Caleb sagte, dass er seine Mutter furchtbar vermisse und die ganze Zeit über wünsche, er könne mit ihr reden, weil er es nicht mehr hatte tun können, bevor sie starb. Er tat mir sehr leid, und ich sagte, das sei sehr traurig, denn ich könne mit meiner toten Mutter reden.
    Caleb sah mich mit seinen rosaroten Augen im Mondlicht an. Du weißt selbst, dass das nicht

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