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Mystic

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Titel: Mystic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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sahen Geister.
    Viele Leute, vor allem die reichen, die jetzt schon eine ganze Weile hier sind, glauben, dass Joshua die Fähigkeit hat, mit den Toten zu sprechen und die Geister das machen zu lassen, was er »materialisieren« nennt. Miss Mary Parker würde das den Traum eines Narren nennen. Die einzige Art, mit den Toten zu reden, ist, dass man während der Zeremonien seinen Geist ziehen und nach Visionen rufen lässt. Weder Crazy Horse noch Sitting Bull, nicht einmal Wovoka konnten die Toten zum Laufen bringen, soweit ich weiß.
    Doch wie ich schon sagte, es gibt Leute, die glauben, Joshua könne das. Und sie behandeln ihn, als wäre er das Große Geheimnis in Person. Bürgermeister Powell kommt fast jeden Abend und wartet darauf, dass seine Frau aus der Kiste auftaucht. Mrs. Effington ist eine reiche Dame aus New York mit einer Hakennase, die ihren Mann und ihren Sohn vor zehn Jahren durch Lungenentzündung verloren hat. Sie trägt jeden Abend bei den Séancen einen anderen Hut und mag die Spinnenmedizin inzwischen genauso gern wie der Bürgermeister. Mrs. Effington kommt jeden Abend mit einem dicken, graubärtigen Mann, der General Talbott heißt und sagt, er habe im Bürgerkrieg unter General Custer gedient.
    General Talbott hat einen Artikel für eine Zeitung in New York geschrieben und gesagt, er habe jeden Zoll des Danby-Tempels untersucht und keine Erklärung für die Erscheinungen gefunden. Er schrieb auch, dass das Elixier ein »mystisches Gebräu sei, das einen harmonischen Geist fördere« und dass das Rezept dafür Joshua direkt von den Menschen in der anderen Welt gegeben worden sei. So wie ich es sehe, weiß General Talbott, dass Mrs. Effington an Joshua glauben möchte, und er will sie nicht enttäuschen. Das Gleiche geschieht mit all den anderen, die Joshua Danby verehren. Es ist, als wäre ihr Drang zu glauben so unwiderstehlich, dass sie lieber nicht so genau hinsehen. Es sind fünfzehn oder zwanzig Leute allein aus Lawton dabei, die nicht mehr in die Küche gehen. Sie glauben an alles, was Joshua sagt, vor allem, dass es eine andere Art gibt, an das Leben nach diesem Dasein zu glauben, als die, die die Priester meinen. Er sagt, sie sollten keine Angst haben vor dem Sterben.
    Was ja richtig ist. Aber Joshua weiß überhaupt nichts darüber. Er gibt den Leuten nur das, was sie von ihm hören wollen. Aber ich bin am Leben und in Sicherheit und habe ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen, deshalb sage ich nicht viel.
    Es wurde hart an die Tür des Vernehmungsraums geklopft. Andie hob den Kopf. Die Tür öffnete sich, und Peter Frawley, ein vierschrötiger, kahlköpfiger Polizist, steckte seinen Kopf herein. »Kann Kerris nicht finden, Andie.«
    »Was soll das heißen, du kannst ihn nicht finden?«, fragte sie. »Weiß sein Büro nicht, wo er ist? Phil Gavrilis? Seine Frau?«
    »Seine Frau und sein Kollege sagen, er sei richtig sauer gewesen, als Sie ihn und den Bürgermeister vom Tatort des Curtin-Mordes verwiesen haben«, antwortete Frawley. »Er sagte zu ihnen, wenn Lawton den Bach runterginge, dann wolle er nicht dabei sein und zusehen. Er sagte, er würde ein paar Tage freinehmen und fischen gehen.«
    »Und wo wollte er fischen?«
    Frawley zuckte mit den Schultern. »Das wussten sie auch nicht. Sie sagten, er mache ein ziemliches Geheimnis aus seiner Angelei. Fahre zu den unmöglichsten Uhrzeiten los. Und schliefe in seinem Wagen.«
    Andie biss sich auf den Fingerknöchel, bevor sie sagte: »Besorgen Sie sich die Nummer seines Wagens von Gavrilis und geben Sie sie über Funk an alle Dienststellen durch mit dem Hinweis, sich ihm nicht zu nähern, wenn er gesehen wird. Unterdessen beobachtet einer von euch sein Haus. Und der andere postiert sich in der Nähe der Polizeiwache von Lawton.«
    Frawley nickte und schloss die Tür. Andie nahm den Kugelschreiber ein drittes Mal, schlug eine neue Seite auf und schrieb: »Kerris – sechs Jahre Chile. Lange genug, um ein Mörder zu werden?«

36
    Fünfhundert Meilen weit weg fragte Jerry Harold zum zweiten Mal: »Was für Talente spüren Sie denn nun auf?«
    Der alte Mann spitzte graziös die Lippen. »Ich bin jetzt pensioniert, Sie Schnüffler. Alles über Pluto ist vorsorglich aus den Archiven entfernt worden. Von dem, was ich war, wird – wenigstens, was die Öffentlichkeit betrifft – nichts weiter bleiben als die ausschweifenden Phantasien eines senilen alten Mannes.«
    »Mir ist nicht mehr wichtig, ob ich es je beweisen oder veröffentlichen

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