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Mystic

Mystic

Titel: Mystic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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hatten mir beigebracht, meinen Verstand zu gebrauchen. Ich war Monate zu Fuß von Standing Rock entfernt. Wenn ich nach Hause wollte, brauchte ich Zeit und einen Plan, um das zusammenzutragen, was ich brauchte.
    Ich sagte Joshua, ich müsse überlegen, wie ich ihm unsere Bräuche am besten beibringen könnte, denn es könne nicht alles auf einmal geschehen. Joshua richtete diese »Letzte-Woche-des-Mondes«-Augen auf mich, und ich sah in sie hinein, bis ich spürte, dass ich zu fallen drohte. Er beugte sich vor und küsste mich hart auf die Lippen, bevor ich zurückweichen konnte. Er schmeckte wie das Wasser in einem Brunnen, in den ein Tier gefallen ist.
     
    Es ist jetzt Nacht und mehr als eine Woche her, dass er mich geküsst hat, und Joshuas Atem hüllt mich immer noch ein wie der Gestank von schwarzen Zähnen. Ich habe wieder und wieder darüber nachgedacht, und ich weiß, ich kann dies nicht allein tun. Ich brauche Hilfe, aber ich kann nicht mit Caleb oder den anderen rechnen. Sie sind alle von Joshuas Spinnenmedizin gefangen.
    Morgen werde ich Pater D’Angelo besuchen.

38
    Der Beamte aus der Telefonzentrale stürzte durch die Tür des Vernehmungsraums und wedelte mit einem der rosa Notizzettel. »Diesen Anruf habe ich gerade selbst entgegengenommen!«, sagte Shaddock ganz außer Atem.
    Seine suchenden Augen blieben sofort an dem Lederbeutel und den vergilbten Papieren auf dem Metalltisch vor Andie hängen. Bevor er weitersprach, leckte er sich die Lippen, gleichzeitig fasziniert und nervös beim Anblick der Gegenstände. »Orin Loomis, ein Uhrmacher südlich von Windsor. Er hat mir erzählt, dass er einen roten Lederbeutel mit dem Teil eines Tagebuchs und einem alten Pfeifenkopf besitzt.«
    »Einen Pfeifenkopf?«, rief Andie aus. »Das habe ich im Fernsehen nie erwähnt! Wer ist noch da draußen?«
    »Hier sind nur noch Lieutenant Bowman und Sie, meine Süße, aber ich vermute, dass Sie hierbleiben und auf den Anruf Ihres Patrick warten wollen.«
    »Hören Sie mit dem Unsinn auf, Shaddock«, antwortete sie. »Ich werde Mr. Loomis mal einen Besuch abstatten.«
    »Soll ich das hier solange für Sie verwahren?«, fragte Shaddock und wies mit dem Kopf in Richtung auf das Tagebuch.
    »Damit Sie es an
Hard Copy
oder sonst eine Zeitung weitergeben können?«
    »Das würde ich doch niemals tun!«, sagte Shaddock beleidigt. »Aber was steht denn überhaupt da drin?«
    »Das geht Sie gar nichts an«, antwortete sie, während sie die Papiere zusammenfaltete und in den Beutel zurücksteckte.
     
    An diesem Abend machten die Stürme, die Vermont ununterbrochen heimgesucht hatten, eine Pause. Die untergehende Sonne brach durch die schnell dahinziehenden Wolken der scheidenden Wetterfront und tauchte den Himmel in rubinrotes und violettes Licht, als Andie eine Anhöhe hinauffuhr, ungefähr eine Meile von der Abzweigung entfernt, die auf den Weg zu Orin Loomis’ Haus führte. Das abendliche Spektakel von Farbe und Licht spielte auf den Weiden, wo Kühe grasten. Am Fuß der Berge war jetzt erstes junges Laub zu sehen. Dreihundert Meter höher trugen die Ahornbäume noch Knospen. Doch weiter oben hatte der Winter den Wald noch fest im Griff.
    Der schmale Weg führte an einem Dorfladen und zwei Farmen vorbei, um dann zwischen Tannen auf eine kleine, von verschiedenen Baumarten bestandene Hochebene emporzusteigen. Sie kam an einer Ranch aus roten Ziegeln, drei Wohnwagen und dann einem weißen Haus im Kolonialstil mit einem herzförmigen Teich vorbei. Hinter der nächsten Kurve fand sie ein Schild: GREEN-MOUNTAIN-UHRWERKE .
    Andie stellte den Wagen ab und zog sich einen grünen Pullover über, bevor sie ausstieg und die Stufen zur Veranda des Uhrenladens hochging und an die Tür klopfte. Drinnen war kein Licht zu sehen. Niemand antwortete. Sie klopfte noch einmal, wartete einen Augenblick und wollte sich gerade zum Gehen wenden, als das gesamte Haus zu klingeln, zu läuten und zu summen begann. Erschrocken sprang Andie von der Veranda herunter, ihr Herz pochte wild. Plötzlich hörte sie ein Lachen, fuhr herum und sah einen sommersprossigen Jungen in einem blauen Pullover, der auf einem Mountainbike saß.
    »Hört sich das nicht toll an?« Er grinste. »Um acht ist es spitze, aber in einer Stunde, um neun, da ist es echt super. Orin meint, das kommt daher, weil das die einzige volle Stunde ist, zu der all die alten Uhren richtig schlagen.«
    Andie musste über sich selbst lachen, während das Geläute mit dem Gebimmel eines

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