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Mystic

Mystic

Titel: Mystic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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Regenjacke. Gallagher stolperte aus dem Feld, über die Straße und in ihren Vorhof hinein, wo er ein paar Meter vor dem Garten auf die Knie fiel und den Aluminiumgeschmack des Adrenalins hinunterwürgte, der ihm den Mund füllte.
    »Mr. Gallagher!«, rief Andie Nightingale.
    »Ein Toter«, stammelte er. »Im Fluss liegt ein Toter.«
    Zehn Minuten später lenkte Andie Nightingale ihren zerbeulten Toyota-Pick-up in den Hof der Hütte. Sie sprang heraus, rannte durch das Birkenwäldchen und sprang vom Ufer aus direkt in den Fluss. Gallagher machte an der Böschung halt, unfähig, ihr zu folgen.
    »Zeigen Sie mir, wo!«, forderte sie ihn auf.
    »Nein«, antwortete er und spürte, wie sich sein Magen zusammenkrampfte.
    »Sie müssen es mir zeigen«, befahl sie noch einmal.
    »Ich … ich kann nicht.«
    »Ich weiß, dass es nicht leicht ist«, meinte sie und brachte ein professionelles, verständnisvolles Lächeln zustande. »Aber zeigen Sie mir bitte, wo Sie die Leiche entdeckt haben, bevor sie weggespült wird und ich die Taucher holen muss.«
    Gallagher spürte wieder den Krampf im Magen, aber Andie Nightingales freundliche Art ermutigte ihn aus irgendeinem Grund dazu, unsicher in den Fluss zu steigen, der einmal sein flüssiges Refugium gewesen war und sich jetzt in einen unheimlichen Strom verwandelt hatte. Sie wateten in die starke Strömung hinaus, und mit jedem Schritt versuchte Gallagher verzweifelt, die wilden Flammen der Panik auszutreten, die in ihm hochschlugen. Sie gelangten zu der umgestürzten Esche, und er zeigte auf die Stelle, wo die Angelschnur im Wasser verschwand.
    »Da unten liegt er.«
    »Sie werden mir helfen, Mr. Gallagher.« Es war eher ein Befehl als eine Feststellung. Ein seltsamer, schneidender Druck bildete sich hinter seinen Augen, aber er nickte. Hand neben Hand tasteten sie sich die Schnur hinab. Gallagher konzentrierte sich auf die weiche Linie ihres Nackens, als sie zogen. Diesmal kam die Leiche schnell nach oben.
    »O mein Gott!«, flüsterte Andie Nightingale entsetzt.
    Er trug eine grüne Tarnjacke und einen dazu passenden Rucksack. Von der Taille abwärts war er nackt bis auf eine dicke Wollsocke, die an seinem linken Fuß baumelte. Die Metzelei, die an ihm verübt worden war, bot sich den Blicken dar wie ein Rorschach-Test, den sich ein durch und durch krankes Hirn ausgedacht hatte, und Gallagher überkam wieder das verzweifelte Verlangen, ans Ufer zu fliehen.
    »Hank Potter«, sagte Andie Nightingale und gab dem in der Strömung treibenden Leichnam eine minimale Identität. Gallagher wurde schwindlig, er bekam Angst, der Fluss könne ihn in die Tiefe ziehen und ihn nie wieder auftauchen lassen.
    Über ihrer Schulter erschien das zuckende Blaulicht eines Streifenwagens der Polizei von Vermont, dem ein zweiter und dann ein Krankenwagen folgten. Andie Nightingale hatte ihnen Bescheid gegeben, bevor sie zur Hütte zurückfuhr. Als sie die Fahrzeuge sah, begann ihr Unterkiefer leicht zu zittern, der erste Riss, den er in ihrer sonst so professionellen Haltung entdeckte.
    »Los, ziehen wir ihn an Land«, sagte sie schließlich.
    Die beiden vierschrötigen, jungen Polizeibeamten merkten, dass sie den Leichnam ans Ufer bringen wollten, und wateten in die Strömung, um ihnen zu helfen. Einer der beiden wurde kreidebleich, als er die Verletzungen sah.
    Bis sie das flache Wasser erreicht hatten, waren drei weitere Fahrzeuge im Hof der Hütte angelangt. Eines war eine grüne Limousine ohne besondere Kennzeichen. Das zweite war ein blauer, allradgetriebener Chevy Suburban mit der Aufschrift »Lawton-Polizei« auf der Tür. Ein neuer, grauer Dodge-Pick-up bildete das Schlusslicht.
    Die Türen des Suburban und der grünen Limousine öffneten sich gleichzeitig. Zwei Männer stiegen aus dem Suburban. Der Fahrer trug ein graues Sweatshirt, auf dessen Brust halbkreisförmig in blauen Lettern »Lawton« stand. Er setzte sich eine Baseballmütze mit goldener Verzierung und der Aufschrift »Chief« auf den Kopf und steckte sich einen Lutscher in den Mund. Sein Begleiter trug die normale Uniform der Ortspolizei. Er war stattlich, Ende zwanzig, hatte eine Rundschnitt-Frisur, einen Schnauzbart und einen schläfrigen Gesichtsausdruck. Eine weißhaarige Frau um die fünfzig in einem khakifarbenen Trenchcoat kletterte aus der grünen Limousine. Dann öffnete sich auch die Tür des Pick-ups, und ein penibel gekleideter Mann mit rosigem Gesicht und einem auffallenden silbergrauen Schnurrbart stieg aus. Er

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