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Mystic

Mystic

Titel: Mystic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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nieder. Ein blutunterlaufenes Auge starrte ihn über den Lauf hinweg an. »Tun Sie das sofort zurück, oder ich bringe Sie um«, sagte sie mit schwerer Zunge.
    »Was –«
    »Machen Sie schon!«
    Mit zittrigen Fingern nahm Gallagher das Wachstuch hoch, um die Haare nicht noch einmal berühren zu müssen, und tat es in den Lederbeutel zurück. Er faltete die vergilbten Seiten zusammen und steckte auch sie weg.
    »Jetzt schieben Sie den Beutel über den Tisch«, befahl sie. »Aber vorsichtig.«
    Alles, was er sehen konnte, war das schwarze Loch der Pistolenmündung, als er den Lederbeutel zu ihr hinüberschob. Sie griff danach und presste ihn an ihre Brust, dann kam sie um den Tisch herum, wobei sie die Pistole weiter auf ihn gerichtet hielt. »Wer sind Sie?«, fragte sie mit ihrer schweren Zunge. »Und was wollen Sie hier?«
    »Ich will überhaupt nichts«, stammelte Gallagher. »Ich habe nur gesehen, wie Sie die goldene Kette hinter Olga Dawsons Stall fanden, und mich gefragt, weshalb Sie niemandem davon erzählt haben. Und dann habe ich Sie hier gefunden – bewusstlos neben dem Tagebuch und dem Haarbüschel und den zwei Goldketten mit den Kreuzen.«
    Sie sah ihn an wie das Eichhörnchen den Habicht, sagte jedoch nichts.
    Gallagher sagte: »Die Schreiberin, das ist eine Indianerin, nicht wahr?«
    Mit einer einzigen raschen Bewegung warf Andie den Lederbeutel auf den Tisch und nahm eine Kampfhaltung ein. »Woher wissen Sie von ihr?«, stieß sie heiser hervor. »Antworten Sie, oder ich werde schießen, so wahr mir Gott helfe.«
    »Was glauben Sie denn, wer ich bin?«, rief Gallagher.
    »Das kranke Schwein, das die beste Freundin meiner Mutter vergewaltigt hat und davor Hank Potter. Und jetzt sind Sie hinter mir und meinem Lederbeutel her.« Sie bewegte sich wie ein Raubtier auf Gallaghers Sessel zu und befahl: »Auf den Boden, das Gesicht nach unten. Beine und Arme auseinander.«
    Gallagher glitt von seinem Sessel herunter und ließ sich auf alle viere nieder. Andie machte leicht schwankend einen Schritt auf ihn zu, als wollte sie ihn niederstoßen. Bevor sie das jedoch tun konnte, schwang er sein rechtes Bein zwischen ihre Fußknöchel und fuhr mit der linken Hand an ihren rechten Ellenbogen, um die Pistole von seinem Gesicht wegzudirigieren. Der mittlere Knöchel seiner rechten Hand traf sie genau unterhalb des Rippenbogens in die Nierengegend. Sie ließ einen dumpfen Laut hören, als sie rückwärts gegen einen Ständer mit Blumentöpfen und dann zu Boden krachte. Ihre Pistole wirbelte über die Bodendielen. Im Nu war er über ihr und drückte sie an den Handgelenken zu Boden.
    »Lassen Sie mich los!«, rief Andie und wand sich unter ihm hin und her. »Sie können das nicht tun! Keiner kann –«
    »Wenn ich Charun wäre, dann wären Sie jetzt tot!«, herrschte Gallagher sie an. »Denken Sie mal darüber nach!«
    Keuchend starrten sie sich an. Dann sah Andie nach links und nach rechts, wo Gallaghers Hände ihre Handgelenke umklammert hielten, sah, wie seine Schenkel die ihren niederpressten, und bat mit vor Anstrengung zitternder Stimme: »Dann lassen Sie mich los, bitte. Ja?«
    Gallagher stand auf und trat schnell zurück. »Ihre Pistole liegt unter dem Tisch.«
    Andie starrte vor sich hin, als kehrte sie von einer schrecklichen Erinnerung zurück, dann stützte sie sich auf die Ellenbogen. »Wo … Wo haben Sie so zu kämpfen gelernt?«
    »In Tokio«, antwortete er. »Meine ehemalige Frau und ich haben dort achtzehn Monate verbracht und in einem Aikido-Dojo recherchiert und gedreht. Der Film kommt noch ab und zu in einem der Kabelkanäle.«
    Andie ließ Gallagher nicht aus den Augen, während sie seitwärts rutschte und ihre Pistole barg. »Sagen Sie mir, woher Sie wussten, dass das Haar und die Aufzeichnungen von einer Indianerin stammen.«
    »Weil sie selbst von sich sagt, dass sie eine Lakota ist. Aber das heißt an sich noch nichts. Es gibt sogar weiße Typen, New-Age-Anhänger aus Westchester County, die in Sedona, Arizona, leben und behaupten, sie seien Lakota. Das Besondere ist der eine Satz, der in dem Tagebuch ein paarmal wiederholt wird: ›Großvater, ich sende eine Stimme.‹ Den habe ich schon mal gehört.«
    »Wo denn?«, fragte Andie skeptisch.
    »Während meiner ersten drei Jahre als Doktorand habe ich für einen Professor, der einen Film über Sitting Bull machte, recherchiert – damals hab ich überhaupt erst angefangen, mich für Dokumentarfilme zu interessieren. Die Zeile über den

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