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Mystik des Herzens

Mystik des Herzens

Titel: Mystik des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Riedel
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Kräuter, samt ihrer Düfte seinen Körper durchströmen. Hildegard sagt auch, dass mansich im Winter, wenn die grüne Wiese nicht betretbar sei, eine solche Wiese vorstellen solle, auf der man sich dann niederlasse.
    Wenn wir uns auch nur vorstellen, diese Übung zu machen, dann beginnt uns auch schon die Grünkraft an vielen Stellen des Körpers zu durchströmen, und wir können sie auch dorthin leiten, wo wir sie besonders brauchen, an schmerzende Stellen zum Beispiel, an verspannte oder auch taube Stellen in unserem Körper, an unlebendige Stellen. Dort kann die Grünkraft der Wiese wohltuend belebend wirken.

    Für die schon zu ihren Lebzeiten eingeleitete Heiligsprechung Hildegards, die, weiß Gott warum, bis heute nicht abgeschlossen ist, waren Berichte über die von ihr bewirkten Heilungen wichtig. Solche Berichte werden im Auftrag Roms immer dann gesammelt, wenn die Heiligsprechung eines besonderen Menschen beantragt und erwogen wird, obwohl heute andere Glaubens- und Liebestaten der Betreffenden wohl ebenso stark zählen. Es gibt zahlreiche solcher Heilungsberichte um Hildegard herum, von denen sicherlich viele legendenhaft sind und in denen Hildegards therapeutischen Erfolge als Wunderheilungen dargestellt werden. Doch typisch dafür, wie das Volk über sie dachte, wie es sich ihre Art, an Krankheiten heranzugehen, vorstellte, ist die folgende überlieferte Geschichte: »Als Hildegard einst bei dem Ort Rüdesheim über den Rhein fuhr, um ihr nahegelegenes neues Kloster Eibingen zu besuchen, näherte sich ihrem Schiff eine Frau, die einen blinden Knaben in den Armen trug und flehentlich unter Tränen bat, sie möge dem Kind ihre heiligen Hände auflegen. In gütigem Mitleid gedachte sie dessen, der sprach: ›Geh an den Teich Siloah und wasche dich‹ (wie es von Jesus berichtet wird, I.R.), schöpfte mit der Linken Wasser aus dem Rhein und segnete es mit der Rechten. Dann sprengte sie es dem Knabenüber die Augen und unter dem Gnadenbeistand Gottes erhielt er sein Sehvermögen zurück.« 29 Legende? Eine solche Heilung könnte von der großen Erwartung dieser Menschen her oder von dem her gesehen, wie dieses Wasser durch ihre Segenskraft energetisiert wurde, nicht unmöglich sein. Möglich auch, dass dieser Junge ein psychosomatisch bedingtes Augenleiden hatte und durch die große Erwartung, die große Freude, die eine Begegnung mit einer solchen Frau wie Hildegard auslöste, tatsächlich das Augenlicht wieder bekam.
    Das ist aus heutiger Sicht nicht unmöglich. Vor hundert Jahren hätte man vielleicht zu einem solchen Bericht eher gesagt, er sei bloße Legende, heute denkt man da wieder differenzierter und weiß um die psycho-somatische Wirkkraft solcher Gesten, solcher Berührungen auf einen Kranken, der z.B. in Hildegard eine große Heilerin sieht.
    Charakteristisch für Hildegard scheint gewesen zu sein, dass sie selten oder nie mit bloßen magischen Heilformeln umging, wie es der Zeit entsprochen hätte. Vielmehr berief sie sich auf die heilenden Kräfte, die Jesus durch seine Verbundenheit mit »der Quelle« zur Verfügung standen und die auch den Glaubenden zugesagt sind. Das ist natürlich kein streng medizinisches Heilverfahren, sondern ein im Glauben begründetes. Die Schlichtheit dieses Berichtes scheint charakteristisch zu sein für das, was das Volk über Hildegard dachte, wie es sie einschätzte.

    Noch bewegender und überzeugender für mich, auch als Psychotherapeutin, ist der überlieferte Bericht von der Heilung einer, wie wir heute sagen würden, psychotischen Frau, einer adligen Frau Sigewiza 30 , die den ganzen Rheingau unsicher gemacht haben soll, dadurch, dass sie in den Gottesdiensten erschien und während der heiligsten Handlungen von einem Lästerzwang überfallen wurde, so dass ihr Worte »wie Kröten« aus dem Mund traten. Sie irritiertedie Andacht und brachte die Leute, die es miterlebten, in Aufruhr. Nach damaligem Usus hat man Exorzismen an ihr versucht, Dämonenaustreibungen, doch ohne Erfolg. Sigewiza schien immer wütender geworden zu sein, habe herumgeschrien und demoliert. Ihr Leiden entsprach dem Bild, das wir auch heute bei einer blühenden Psychose vor uns haben, die sich auch heute oft mit einem Lästerzwang verbindet, der vor allem dem gegenüber auftritt, was anderen heilig ist. Eines Tages jedoch soll diese Frau Sigewiza verlautet haben, sie könne geheilt werden, jedoch nur von einer Frau, »Schrumpelgardis«,. Hildegard fühlte sich gemeint, auch wenn mit diesem

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