Mythica 06 - Goettin des Sieges
Die grauäugige Göttin warf ihre goldblonden Haare zurück. »Also ist unsere Beziehung im Grunde Eure Schuld.«
»Wenn Ihr nicht so verklemmt wärt, hättet Ihr vielleicht wirklich eine Beziehung statt jahrzehntelanger sexueller Frustration und Obsession«, murmelte Venus.
»Wie bitte?« Athenes Augen wurden schmal.
»Ich meine nur …«
»… dass der Trojanische Krieg immer ermüdender wird«, schnitt Hera der Göttin der Liebe das Wort ab. »Besonders diese neuen Gerüchte sind schockierend. Es war wirklich schon schlimm genug, dass Agamemnon und Menelaos die arme Helena für den Krieg verantwortlich gemacht haben, obwohl ihre eigene Gier nach den Reichtümern Trojas und ihr aufgeblasenes männliches Ego an allem schuld waren.«
Athene sah Venus fragend an. »Habt Ihr nicht dafür gesorgt, dass Paris sich in Helena verliebt hat?«
Die Göttin der Liebe rümpfte gekränkt die Nase. »Menelaos wusste Helenas Schönheit nicht zu schätzen. Der Mann war rüpelhaft und respektlos. Ich habe nur einen kleinen Liebeszauber kreiert, mehr nicht. Woher hätte ich wissen sollen, dass Paris so empfänglich und Helena so liebesbedürftig sein würde?«
»Ganz gleich, wie es dazu kommen konnte«, erwiderte Hera, »es ist einfach nur lächerlich, dass die Griechen eine irregeleitete Ehefrau und den Mann, der sie gestohlen hat, für den gesamten Krieg verantwortlich machen.«
»Mann? Paris ist kaum mehr als ein lustgetriebener Junge, weshalb ich auch nicht dachte, dass so ein winziger, belangloser Zauber solche Probleme verursachen würde. Aber egal, wie lächerlich diese Behauptung ist: Dass eine einzige Frau einen Krieg ausgelöst haben soll, ist nichts im Vergleich zu den Gerüchten, die jetzt aufgekommen sind«, meinte Venus. »Habt Ihr gehört, dass wir drei das ganze Debakel mit Helena und Paris inszeniert haben sollen? Und damit meine ich nicht etwa einen aus dem Ruder gelaufenen Liebeszauber.«
»Nicht schon wieder diese Apfel-Geschichte, oder?« Athene stöhnte. »Die habe ich schon vor Monaten zum ersten Mal gehört. Nicht zu fassen, dass die Leute diesen Schwachsinn tatsächlich glauben und weitererzählen.«
»Als ob wir uns jemals an einem Schönheitswettbewerb beteiligen würden!«, stieß Hera verächtlich hervor.
»Das Ganze ist Discordias Schuld. Sie war wütend, dass sie nicht zu Peleus’ und Thetis’ Hochzeit eingeladen wurde, deshalb hat sie dieses Gerücht in die Welt gesetzt«, meinte Venus. »Ich bin mir sicher, dass sie es war, weil ich in all den Gerüchten Aphrodite genannt werde. Discordia weiß, dass ich meinen römischen Namen bevorzuge. Es sieht ihr ähnlich, dass sie ein Gerücht über mich in Umlauf bringt und meinen griechischen Namen benutzt, um mich zu ärgern. Und dabei war ich nicht einmal bei dieser dämlichen Feier!«
»Discordia wusste schon immer, wie sie uns wütend machen kann«, sagte Hera.
»Kein Wunder, dass sie nur selten zu einem Fest eingeladen wird«, meinte Venus.
»Das Gerücht besagt, dass Venus, beziehungsweise Aphrodite« – Hera lächelte Venus entschuldigend an – »Helena Paris als Gattin versprochen hat, weil er Euch als Schönste von uns dreien auserwählt hat.«
»Diesen Unsinn habe ich auch schon gehört. Das ist der Hauptgrund, weswegen mich dieser Krieg in den Wahnsinn treibt. Ich bin es so leid, dass sowohl die Griechen als auch die Trojaner für all ihre Probleme uns Frauen verantwortlich machen – und besonders gern uns Göttinnen. Meine Lieben, wir müssen etwas tun, um diesen Krieg zu beenden. Je früher, desto besser.«
»Er dauert nun schon fast zehn Jahre. Meiner Ansicht nach sind das mindestens neun Jahre zu viel«, meinte Hera.
»Ganz genau«, stimmte Venus zu.
»Ja.« Auch Athene nickte.
»Also, was können wir tun?« Die Göttin der Liebe seufzte. »Sie schieben den Frauen die Schuld in die Schuhe, aber es sind die verdammten Männer mit ihren völlig veralteten Vorstellungen von Recht und Ehre, die einfach keine Ruhe geben.«
»Odysseus könnt Ihr wirklich nicht dafür verantwortlich machen«, verteidigte Athene wie immer sofort ihren Favoriten.
Venus schnaubte.
»Ich glaube, da habt Ihr recht, Athene«, stimmte Hera jedoch zu. »Es sind Achilles und sein maßloser Zorn, die diesen Krieg antreiben.«
»Ja.« Athene nickte. »Er ist eindeutig das Problem. Wenn wir ihn und seine Myrmidonen aus dem Spiel nehmen könnten, würden die Griechen wahrscheinlich den Mut verlieren und die Belagerung von Troja aufgeben.« Genervt
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