Mythor - 034 - Drachenflug
Welt schon bald beherrschen, wie es uns bestimmt ist. Wir werden sie uns und den Schattenmächten unterwerfen.«
Eine finstere Drohung schwang darin mit, aber auch ein Angebot. Moushart wusste, was Oburus’ Worte bedeuteten. Er kannte die Schattenzone durch Dryazituum – sofern man von einem Kennen sprechen durfte. Und hin und wieder sah man weit im Süden das Dunkel…
Es stimmte. Die Caer breiteten sich immer weiter aus. Es war vielleicht wirklich nicht das Schlechteste, sich beizeiten auf ihre Seite zu stellen, um später an ihrer Macht teilhaben zu können. Moushart konnte nicht ahnen, dass die Caer ihre Macht niemals mit anderen teilten. Er glaubte nur, in den Worten des Schwarzhäutigen ein Angebot zu erkennen.
Aber noch zweifelte er. Er kannte bislang keinen Dämon, der stärker war als Dryazituum. Das aber auch nur, weil er bislang keinem anderen begegnet war. Dass er gewissermaßen nur ein Zauberlehrling war, daran dachte er nicht einmal im Traum. Die Kunststücke, die er vollbringen konnte, reichten ihm völlig. Sie erhielten ihm die Macht.
»Beweist mir die Stärke eures Drudin oder seines Dämons!« verlangte er und erschrak fast selbst vor seiner Kühnheit angesichts der Unheimlichen. »Erst wenn ich seine Macht sehe, glaube ich euch und werde euch helfen.«
Oburus lachte wieder. »Hatte ich nicht klar zum Ausdruck gebracht, dass nicht wir der Hilfe bedürfen, sondern du, Cran? Und dass wir dir unter bestimmten Umständen helfen könnten?«
Moushart war es diesmal, der nicht auf die Worte seines Gesprächspartners einging. Er klatschte in die Hände. Augenblicke später tauchte ein Kopf eines seiner Diener in der Tür auf.
»Bringt den Legendenerzähler!« befahl Moushart.
Der Legendenerzähler war ein schmächtiges Bürschchen, das bei näherem Betrachten zu nichts anderem taugte als zu dem, was es tat: Legenden erzählen. Bei der Vorstellung, der kleine Mann könne mit einem Schwert in der Hand einem Gegner entgegentreten, erlitt der Cran fast einen Lachkrampf. Es würde bereits reichen, wenn der Gegner kräftig die Luft auspustete; der Luftdruck würde den Legendenerzähler hinwegblasen wie ein Blatt Pergament.
Er besaß keinen Namen; zumindest kannte ihn niemand, falls es ihn doch gab. Jeder nannte ihn nur den Legendenerzähler. Klein von Wuchs und schmalbrüstig eilte er in den Raum, in welchem Moushart seine Audienzen abzuhalten pflegte. Er war schon alt, und sein Haar war spärlich und von einem ins Weiße übergehenden Grau. Er mochte siebzig oder mehr Sommer zählen und hatte noch jene Zeiten miterlebt, in denen die Berker keine Räuber waren, sondern Gromme züchteten wie die anderen Südsalamiter auch.
Er warf den drei Fremden, die ihm den Rücken zuwandten, nur einen kurzen Blick zu, trat vor sie und verneigte sich kurz vor dem Cran. »Du hast mich gerufen. Mit welcher Geschichte darf ich dich und deine Gäste ergötzen?«
Seine Wortwahl war weise. Hätte er den Cran an zweiter Stelle erwähnt, hätte dies zwar der guten Sitte Gästen gegenüber entsprochen, Moushart aber beleidigt.
Die drei Gäste äußerten sich nicht dazu. Der Legendenerzähler wandte jetzt leicht den Kopf, um sie näher in Augenschein zu nehmen.
Sein Gesicht nahm eine fahle Färbung an. Allzu deutlich erkannte er die Glasschichten über den Gesichtern. Und im Gegensatz zu Moushart wusste er sofort, wie er die Fremden einzustufen hatte. Denn sein Beruf brachte es mit sich, viel zu hören und demzufolge vieles zu kennen.
»Dämonisierte«, stieß er hervor.
Moushart beugte sich leicht vor. Er streckte die zur Faust geballte Hand vor. »Was bedeutet das?« fragte er.
Der Legendenerzähler setzte zur Antwort an, aber Oburus, der Schwarze, war schneller.
»Es bedeutet, dass wir Drudins Dämon Cherzoon dienen, der uns seine Kräfte verleiht«, sagte er. »Was soll das Auftreten eines Legendenerzählers hier? Was hat er mit dem Beweis zu tun, den wir dir führen sollen, Cran? Bedenke, dass auch unsere Zeit knapp bemessen ist. Es liegt uns nicht, sie zu verschwenden.«
»Sehr viel«, rief Moushart schnell, »hat das eine mit dem andern zu tun. Denn der Legendenerzähler wird euch das berichten, was ich euch als Aufgabe stellen will.«
Hinter Oburus sahen sich Krude und O’Marn grinsend an. »Eine Aufgabe stellt er uns«, sagte Krude spottend. »Ist das nicht herrlich? Oh, wie brenne ich darauf, eine Aufgabe zu erfüllen, die ein Sterblicher uns stellt!«
O’Marn schürzte nur die Lippen. Sein
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