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Mythor - 043 - Am Kreuzweg der Lichtwelt

Mythor - 043 - Am Kreuzweg der Lichtwelt

Titel: Mythor - 043 - Am Kreuzweg der Lichtwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner K. Giesa
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durch Entleibung vergeistigt. Ihre toten Körper waren in Lo-Nunga zurückgeblieben; die angreifenden Vogelreiter waren zu spät gekommen. Kein Rafher lebte mehr; ihre Seelen waren miteinander verschmolzen zu einem Geistwesen, einem Deddeth.
    Diesem Deddeth verdankte Mythor es, dass er noch er selbst war. Jener im Hochmoor von Dhuannin entstandene bösartige Deddeth, durch die Kraft der Schwarzen Magie entartet, hatte seit langem nach Mythor getastet und ihn endlich erreicht. Doch noch ehe er Mythors Geist überwältigen konnte, hatte der neuentstandene Deddeth eingegriffen. Es war zu einem Zweikampf gekommen, und der Dhuannin-Deddeth, entstanden aus den Seelen der im Kampf gegen die finstere Zauberei der Caer-Priester gefallenen Krieger Tainnias und ihrer Verbündeten, hatte weichen müssen.
    Der Dhuannin-Deddeth, besiegt von der Kraft des Rafher-Deddeths, musste erloschen sein, vernichtet, überlegte Mythor. Er machte sich um diese Gefahr keine Gedanken mehr.
    No-Ango, der Letzte der Rafher, der nicht in dem Geistwesen hatte aufgehen können, weil er sich um Mythor gekümmert hatte, wusste es besser. Doch der junge Mann schwieg. Er hatte genug mit sich selbst zu tun. Das Wissen, dass alle anderen seines Volkes vergeistigt waren und er der einzige, der noch körperlich existierte, musste an ihm nagen.
    Mythor hätte es erkennen müssen, glaubte No-Ango zu wissen, der sich so nannte, weil er gegenwärtig kein gespaltenes Gesicht trug. Die Tätowierung auf der Brust des Kometensohns, die endgültig erloschen war und nur eine langsam verheilende, große Brandwunde hinterlassen hatte, hätte ihn wachsam werden lassen müssen. Doch Mythor schenkte dem Verschwinden der Tätowierung nicht die Bedeutung, die es wirklich besaß.
    Das Bildnis Fronjas, das er nur im Spiegel sehen konnte, weil die Tätowierung auf seiner Brust für normale Augen unsichtbar geworden war! Das Verschwinden hatte Mythor zutiefst getroffen. Nie wieder konnte er ihr Bildnis betrachten, nie wieder würde der Anblick dieses bezaubernden Mädchenantlitzes ihm neue Kraft geben. Denn auch das Pergament, nach dem die Tätowierung angefertigt worden war, war spurlos verschollen. Vielleicht für immer…
    Weiter dachte Mythor nicht. Die Liebe zu Fronja, der Tochter des Kometen, machte ihn blind. Nur No-Ango ahnte, dass es mit dem Verschwinden etwas Furchtbares auf sich haben musste. Es musste ein Werk des Dhuannin-Deddeths sein. No-Ango ahnte, dass dieses mörderische, hungrige Geistwesen nicht restlos vernichtet worden war, dass es sich nur irgendwohin zurückgezogen hatte – und jederzeit wieder zurückkehren und erneut angreifen konnte…
    Auch Sadagar machte sich während ihres Marsches durch Rafhers Rücken seine Gedanken, aber sie reichten nicht so weit wie die Mythors oder No-Angos. Denn ihm fehlte das Wissen, über das die Rafher verfügt hatten.
    Plötzlich verharrte No-Ango. Sie standen am Beginn eines leichten, in die Tiefe führenden Hanges. No-Ango wies nach unten.
    »Ein kleines Haus«, sagte er.
    »Vielleicht«, sagte Mythor, »können wir dort ein wenig rasten, essen und trinken. Wir haben eine Stärkung nötig. Lasst uns hinabsteigen. Bis Logghard haben wir noch eine weite Strecke vor uns.«
    Sie befanden sich bereits auf der Südseite von Rafhers Rücken, und weit vor ihnen schimmerte die endlos scheinende Ebene des Salzspiegels. Nicht weit von dessen Rand lag am Fuß des Abhangs die Hütte, umgeben von für diese Gegend ungewöhnlich vielen und grünen Pflanzen, Büschen und Bäumen.
    Eine Insel der Hoffnung in dieser felsigen Einöde?
    »Hinunter«, sagte Mythor und setzte sich in Bewegung.
    Der Sohn des Kometen, der sich bisher No-Angos Führung anvertraut hatte, ging nun voran.
    Er ahnte nicht, was ihn und seine beiden Gefährten erwartete…
    *
    Larashi duckte sich noch tiefer in den kleinen Graben. Aus der Hütte kamen ein erstickter Aufschrei und ein dumpfer Fall. Das musste Gorano gewesen sein, denn Daumenlos, der zwar keinen Namen trug, aber von Larashi so genannt wurde, weil er irgendwann einmal beide Daumen verloren hatte, war stumm. Deshalb war der Stumme Große auch auf die Hilfe der drei alten Männer angewiesen, denn seine Hände waren durch das Fehlen der Daumen zum Greifen ungeeignet geworden. Seine Hände konnten auch keine Klinge mehr führen.
    Die Fremden, die Mörder, die mit den drei Pferden gekommen waren, mussten Gegner des Großen sein. Demzufolge, ahnte Larashi, waren sie gleichzeitig Gegner der Lichtwelt.

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