Mythor - 065 - Treibjagd der Amazonen

ergreift!«
    »Er hat was gegen mich«, klagte der Aase. »Folgt mir!«
    Es wurde ein hartes Rückzugsgefecht. Die Amazonen versuchten natürlich, die Flucht zu unterbinden. Aber jetzt ging Gerrek plötzlich aus sich heraus. Mythor hatte schon mehrfach erlebt, daß der Beuteldrache ein geradezu verheerender Kämpfer war – wenn er wollte!
    Wie ein Wirbelwind begann er plötzlich zu toben, packte überraschend zu und hängte eine Amazone an ihrem Harnischgürtel an einen herabhängenden Ast. Die anderen trieb er mit einer Feuerwolke zurück. Vor ihm entstand ein Flammenmeer, das fast sofort von dichtem Rauch verdeckt wurde. Das feuchte Grün begann wieder zu schwelen.
    Scida trieb eine hartnäckig folgende Amazone zurück, dann hetzte auch sie hinter dem Aasen her, der in weiten Sprüngen im Unterholz verschwand. Mythor hörte Gerrek toben.
    Vor ihnen tauchte ein Dickicht mit abstoßend häßlichen Blüten auf. Abscheulicher Gestank schlug ihnen entgegen. Blütenpracht und Blumen gab es im Dschungel zur Genüge, diese Sorte zeichnete sich aber durch ihre Häßlichkeit und den Gestank vor allen anderen aus. Die Blüten ähnelten denen fleischfressender Pflanzen.
    Aber sie konnten kein Fleischfresser sein, sonst hätte Lankohr nicht so zielbewußt darauf zu gehalten. Waffen klirrten hinter ihnen, Gerreks Fauchen kam näher.
    »Sie sind gleich wieder da«, keuchte Mythor.
    Da verschwand Lankohr zwischen den Stinkblüten, als habe ihn der Erdboden verschluckt. Wie aus weiter Ferne ertönte seine Stimme.
    »Mir nach!«
    Ohne zu zögern, hielt Mythor sich die Nase zu und folgte dem Aasen. Unter ihm war plötzlich kein Boden mehr, aber bevor er stürzen konnte, fing ihn der grüne Gnom auf. Im nächsten Moment war Scida schon hinter ihm.
    Dunkelheit nahm sie auf.
*
    Der Lemuran rannte.
    Er war auf seinen vergleichsweise kurzen Beinen fast so schnell wie ein Luftschiff, da er über gewaltige Kräfte in seinem Echsenkörper verfügte. Die Stille Osilje trieb das Tier zur Höchstleistung an.
    Obwohl sie wußte, daß der Lemuran die einmal aufgenommene Fährte bis zum Auffinden des Opfers nicht mehr verlieren würde, vergewisserte sie sich hin und wieder davon. Jedesmal, wenn sie die fleischigen Fühler berührte, die aus der Stirn des Echsenschädels ragten und wie die einer Schnecke eingezogen und ausgeschoben werden konnten, nahm sie die zwar undeutlichen, aber immerhin richtungweisenden Bilder auf, die der Lemuran auf unerklärliche Weise witterte. Es schien, als könne das Tier förmlich sehen, was sich hier vor einiger Zeit abgespielt hatte.
    Immer wieder tauchten die schemenhaften Umrisse des riesigen Ungeheuers auf und versicherten Osilje, daß sie der Bestie näher rückte. Schneller als ein Pferd war der Lemuran allemal.
    Allmählich setzte die Dämmerung ein, aber das würde die Fähigkeit des Fährtensuchers nicht beeinträchtigen. Und noch war die Kraft des Lemurans längst nicht erschöpft. Er konnte Tage und Nächte laufen.
    Osilje selbst brauchte auch keine Pause. Der Gedanke an die Jagd und deren Ergebnisse verscheuchte jede Müdigkeit, und die Stille Osilje sah die Bestie schon vor sich.
    Zum Greifen nah…
*
    »Das hier«, sagte Lankohr mit unüberhörbarem Stolz, »ist der Aasenschlupf.«
    Mythor und Scida sahen sich an. Die alternde Amazone konnte sich noch nicht so recht damit abfinden, daß sie geflohen war, während ausgerechnet ein Mann – immerhin war Gerrek vor seiner Verzauberung ein Mann gewesen, wenn auch ein Vorlauter – ihr den Rückzug sicherte.
    Die Kampfgeräusche waren kaum noch zu hören. Die Höhlendecke dämpfte alles ab.
    »Geschickt getarnt, kleiner Freund«, stellte Mythor fest. Er schob Alton in die Scheide zurück. In der Ferne sah er schwaches Dämmerlicht.
    »Der Aasenschlupf«, erklärte Lankohr unaufgefordert, »besteht aus einer ganzen Reihe miteinander verbundener Höhlen. Das hier ist nur einer der Zugänge. Hier ist er schmal, aber er wird schon bald breiter.«
    »So ähnlich wie die Hohlräume von Gondaha, wie der Nissenhort « , sagte Scida.
    »Hoffentlich erwarten uns hier nicht ähnlich böse Überraschungen wie im Nissenhort « , brummte Mythor. Gern erinnerte er sich nicht an jenen abgespaltenen Teil der Schwimmenden Stadt, der an der Insel Gavanque gestrandet war. In den Tiefen des Nissenhorts waren viele Amazonen gestorben, und die gefährlichen Entersegler und die noch gefährlichere Dämonenbestie Yacubus war erwacht. Seit dieser Zeit wurden sie vom Unheil