Mythor - 065 - Treibjagd der Amazonen
einer anderen Kultur entsprossen sein, denn wären unter den Aasen Bildhauer, hätten sie zumindest ein oder zwei Abbilder ihrer selbst geschaffen.
Zuweilen fiel Mythors Blick auch auf Tropfsteingrotten oder kleinere unterirdische Tümpel, aus denen Blasen aufstiegen oder in denen Quellen sprudelten. Hier unten schien es alles zu geben, was man zum Überleben brauchte.
Und es gab hier nicht nur Aasen. Neben den olivgrünen Gnomen, die sich hier und da in kleineren Höhlen sippenweise zusammenfanden, lebten auch noch Menschen und Menschenähnliche im Aasenschlupf, vornehmlich Männer, die es wohl an der Oberwelt der Insel nicht mehr ausgehalten hatten und nach hier geflohen waren.
»Wie weit ist es denn noch?« quengelte Gerrek. »Mir tun bald die Füße weh vom Laufen! Wenn ich Flügel besäße, würde es mir ja nichts ausmachen, aber diese dämliche Hexe, die mich verzaubert hat, hat das Wichtigste natürlich vergessen…«
Mythor grinste. Gerrek war der einzige Drache, der keine Flügel besaß und darüber hinaus auch noch Angst vorm Fliegen hatte. Dafür aber besaß er einen Bauchbeutel, in dem so allerlei Dinge verschwanden, die seine diebischen Finger hier und da mitgehen ließen. Zuweilen machte dies eine größere Entrümpelungsaktion notwendig.
Auch Mythor wurde es langsam ungemütlich. Er verspürte immer größeren Hunger, außerdem mußte an der Oberwelt die Sonne bereits untergegangen sein.
»Wir sind gleich da«, versprach Gintel, der Anführer der unterirdischen Aasen.
Und in der Tat öffneten sich direkt nebeneinander zwei große Seitenhöhlen. Gerrek marschierte schnurstracks auf die erste zu.
»Halt!« schrie Gintel. »Hiergeblieben! Die andere Höhle!«
Verwundert blieb Gerrek stehen und kratzte sich ausgiebig den blonden Schädel. »Weshalb?« fragte er.
»Weil du in dieser ersten Höhle stirbst!« schrie der andere Aase. »Man kann darin nicht atmen.«
Gerrek richtete die lange Drachenschnauze in die Richtung der Höhle und sog scharf die Luft durch die Nüstern. »Ich habe aber keine Schwierigkeiten«, erklärte er.
»Natürlich nicht, du Troll«, sagte Gintel. »Die Atemschwierigkeiten sind natürlich nur in der Höhle vorhanden, weil dort die Luft giftig ist. Aber woher soll ein Tier das auch wissen.«
»Ich bin kein Tier, sondern ein Mandaler«, schimpfte der Beuteldrache erbost.
Gintel zuckte mit den Schultern. »Ach so«, murmelte er. »Kommt in die zweite Höhle.«
Sie folgten dem Aasenführer. Die Höhle war durch einen schmalen Durchgang zu betreten. Ein gutes Dutzend Aasen, Männer und Frauen, hielten sich darin auf und waren mit irgendwelchen Dingen beschäftigt.
Im Hintergrund erspähte Mythor drei Männer, die von der Oberwelt stammen mußten. In der Mitte der Höhle brannte ein Feuer, über dem ein eiserner Kessel hing. Über dem Feuer mußte es einen nach oben führenden Luftschacht geben, denn der Qualm stieg steil hinauf und verschwand in der Höhlendecke.
Mächtige Baumwurzeln ragten in die Höhle hinein. Zum größten Teil waren sie bearbeitet und zu Stühlen zurechtgeschnitzt worden. Ein Teil der Höhlenbewohner saß darauf, andere kauerten auf dem Boden, und im Hintergrund sah Mythor Wesen, die sich in Decken gerollt hatten und längst schliefen.
»Ihr könnt ruhig laut sprechen«, sagte Gintel, der Mythors leichtes Zusammenzucken bemerkt hatte. »Wir Aasen stören uns nicht daran.«
Gerrek deutete auf den Kessel über dem Feuer. »Ist da das Abendessen drin?« fragte er.
Gintel nickte.
Der Mandaler rollte die Glubschaugen und griff in seinen Bauchbeutel. Seine Klauenhand kam mit einer Sanduhr wieder zum Vorschein, die er wahrscheinlich in Schloß Behianor gemaust hatte. Er hielt sie mit dem gefüllten Teil nach unten gegen den Feuerschein, beäugte sie kritisch und stellte fest: »Wahrlich, es ist an der Zeit, dem Mahl zuzusprechen. Was gibt es den Leckeres?«
Der Aase neben Gintel lächelte einladend.
»Pilzsuppe«, erklärte er.
Gerreks Augen verdrehten sich. Die Sanduhr zerschellte auf dem Boden. »Pilzsuppe – nein!«
Der Beuteldrache röchelte und fiel um.
*
Burra verließ sich auf die Eigenschaften und Fähigkeiten ihres neuen Dieners. Immer wieder schickte sie Yacub voraus, um die Gegend auszukundschaften. Denn sie wollte nicht unbedingt in eine Falle reiten. Wenn die Bestie es geschafft hatte, Fort Buukenhain in Schutt und Asche zu legen und im Schloß Behianor selbst mit der kommandierenden Hexe fertig zu werden, war es ihr auch zuzutrauen,
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