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Mythor - 087 - Der Hexenhain

Mythor - 087 - Der Hexenhain

Titel: Mythor - 087 - Der Hexenhain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Paul
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unter den losen Schildplatten, das Eisen zeigte Rostflecken, die Brustpartie lag frei.
    Vilge wandte sich der Angreiferin zu und schrie sie an. Das schartige Schwert mit der abgeschlagenen Spitze entfiel ihrer Hand. Für einen Moment stand sie wie erstarrt da, dann wirbelte sie herum und floh Hals über Kopf.
    Vilge lachte.
    »Es wird sich schnell herumsprechen, aus welchem Holz wir geschnitzt sind«, sagte sie dann. »Vielleicht kommen wir um eine Einladung auf Kilas verwunschener Burg herum. Wir müssen nur darauf bedacht sein, Kilas Jammergestalten Furcht einzujagen, ohne wirklich Hand an sie zu legen.«
    Ich verstand immer weniger.
    Als wieder eine der Wilden aus dem Wald brach und mit drohend erhobener Streitaxt auf mich zu kam, folgte ich Vilges Beispiel und empfing sie mit einem Schrei. Mit erschrecktem Quietschen machte sie kehrt und verschwand im Dickicht der Krüppelbäume.
    Um uns wurde es wieder ruhiger, aber ich wurde das Gefühl nicht los, von unsichtbaren Augen beobachtet zu werden. Die Situation erschien mir überaus widersinnig, und ich konnte mir nicht denken, was man von uns eigentlich wollte.
    »He, ihr da!« erklang da eine rauhe, weibliche Stimme vor uns. »Wir anerkennen euren Mut. Ihr seid tapfere Kämpferinnen und habt ein recht stattliches Männchen bei euch. Darum wollen wir euch das Leben schenken, wenn ihr uns freiwillig zu Kila, der Herrin dieses Winkels, folgt.«
    Vilge ließ ein gekünsteltes Lachen erklingen.
    »Spart euch eure Drohungen«, rief sie. »Ihr seid ein feiges Pack, das es nicht einmal wagt, uns unter die Augen zu treten. Wir kennen euch Jammerweiber. Bleibt uns ja fern!«
    Ihren Worten folgte ein zorniges Waffengerassel. Von überall rings um uns erklangen Flüche, und wir wurden unflätig beschimpft. Ich blickte kurz zu Tertish und sah, daß sie die Lippen zusammenpreßte und die Faust ballte; sie war es nicht gewohnt, sich solche Gemeinheiten ungestraft gefallen zu lassen.
    »Weiter«, sagte Vilge. »Machen wir, daß wir aus dem Wald kommen. Im freien Gelände sind wir vor den Annäherungen dieser Jammerweiber sicher.«
    Sie beschleunigte den Schritt, und die Geräusche eiliger Schritte vor uns zeigten, daß man vor uns floh.
    »Hört meinen Vorschlag in aller Güte«, erklang wieder die Stimme von vorhin, diesmal jedoch versöhnlicher, freundlich geradezu. »Ich bin ermächtigt, euch Kilas Einladung an ihre Tafelrunde zu überbringen. Ich entbiete euch in ihrem Namen Gastfreundschaft und verspreche euch freies Geleit, wenn ihr wieder eurer Wege ziehen wollt. Ihr habt gar keine andere Wahl, denn wenn ihr ablehnt, gilt das als tödliche Beleidigung, für die wir auf der Stelle Genugtuung verlangen werden. Bedenkt, daß wir in der Überzahl sind. Also?«
    »Ihr müßtet uns schon mit Gewalt auf Kilas Burg zerren, um uns dazu zu bewegen, sich mit ihr an einen Tisch zu setzen«, erwiderte Vilge. »Aber das wagt ihr nicht.«
    Wieder erhob sich ein wütendes Geheul aus vielen Kehlen, und ich sah es förmlich vor mir, wie die verlotterten Kriegerinnen in ohnmächtigem Zorn ihre Waffen aneinanderschlugen.
    »Treibe es nicht zu weit, Vilge«, ermahnte ich die Hexe.
    »Das ist die einzige Sprache, die diese feigen Memmen verstehen«, erklärte Vilge. »Wir müssen sie hinhalten, bis wir aus dem Wald sind.«
    Irgendwie erinnerten mich Kilas Kriegerinnen an ein Rudel Wölfe, das nicht hungrig genug war, um sich blindwütig auf eine Beute zu stürzen, sondern diese geduldig umlauerte, bis es eine Schwäche entdeckt hatte.
    Der Wald lichtete sich vor uns, und ich sah über den niedrigen Krüppelbäumen ein pflanzenumranktes Bauwerk aufragen. Die Blätter der Kletterpflanzen waren bereits herbstlich verfärbt und an vielen Stellen abgefallen, so daß das brüchige, bemooste Mauerwerk durch die Lücken zu sehen war.
    »Ist das Kilas Burg?« fragte ich und glaubte zu erkennen, daß Vilge vor mir dazu nickte.
    Ich zuckte zusammen, als um uns wieder das Kriegsgeheul erklang und das Rascheln und Knacken der Äste anzeigte, daß die Kriegerinnen zum Angriff übergingen.
    »Ihr wißt, wie ihr euch zu verhalten habt«, ermahnte Vilge und hob die leeren Hände, daß die Kristalle ihrer Hexenringe blitzten.
    Da brachen auch schon die verwilderten Gestalten auf die Lichtung hervor, die wir gerade überquerten. Als sie durch das Geäst der niedrigen Bäume traten, zögerten einige von ihnen. Sie sahen zum Fürchten aus, und doch zeigte manche von ihnen durch abruptes Innehalten an, daß sie eine

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