Mythor - 095 - Die Zaubermütter
wußte, ob es ein Mann war oder eine Frau - man hatte Mühe, die Gestalt richtig ins Auge zu fassen. Sie schien zu flimmern, war unscharf.
Das Gehabe jedenfalls war - für die Verhältnisse Vangas - unverkennbar männlich.
»Trotzdem«, sagte der Fremde.
»Ich weiß, was ich weiß«, sagte Lankohr. Er eilte auf Mythor zu und begrüßte ihn überschwenglich. Dann nahm er Stee in die Arme. Zumindest von seiner Seite war die Zuneigung gewaltig - Lankohr führte sich närrisch auf.
Mescal bedachte den Aasen mit einem scheelen Blick.
»Ich soll dich grüßen, Mythor«, sagte Mescal, nachdem er seinen Namen genannt hatte. Stee verschwand für einen kurzen Augenblick aus dem Raum.
»Ich habe mich schon gewundert, daß jemand hier nach mir sucht«, erklärte Mythor.
»Ist sie nicht wundervoll«, sagte Lankohr ein ums andere Mal. Er war kaum mehr wiederzuerkennen.
»Seit er diesem Aasenmädchen über den Weg gelaufen ist, ist es mit ihm vorbei«, sagte Mescal. »Er ist wie von Sinnen. Ich habe ihn ein ums andere Mal gewarnt, aber er hört nicht auf mich. Die Liebe seines Lebens, pah!«
Er besaß den Scharfblick und die boshafte Treffsicherheit derjenigen, die Liebe nur in ihren üblen Spielarten und bei anderen erlebt hatten. Sein Gesicht verriet einen Augenblick lang Neid und Niedergeschlagenheit.
»Von wem…«
Mythor kam nicht mehr dazu, die Frage zu vollenden. Mit einem Schlag wurde klar, daß die drei in einer Falle steckten. Die Türen öffneten sich, und es erschienen mindestens zwanzig Aasenmädchen, und deren Gesichter verhießen nichts Gutes. Lust an Grausamkeit spiegelte sich darin, und es war ersichtlich, wer als Opfer dieser Grausamkeit erkoren war.
Mescal stieß einen hohen Laut aus und flüchtete in einen Winkel des Raumes.
Mythor verfluchte innerlich Tertish, die ihn entwaffnet hatte. Den niederträchtigen Weibern konnte er jetzt nur mit den bloßen Händen entgegentreten.
Lankohr brauchte am längsten, um zu begreifen.
Er streckte die Arme aus, eilte auf Stee zu, um sie zu umarmen, und prallte wie von einer unsichtbaren Riesenfaust getroffen zurück, kaum daß er sie berührt hatte.
»Stee!« schrie er entsetzt.
»Habe ich es nicht gesagt?« kreischte Mescal aus seinem Winkel. »Habe ich nicht immer wieder gesagt, trau diesem Weib nicht? Und was ist jetzt, he? Was ist jetzt? Was habe ich getan, daß ich jetzt gefangensitze? Warum tust du nichts?«
Mythor gebot Mescal mit einer herrischen Handbewegung zu schweigen.
Die Aasenmädchen begannen die Männer einzukreisen - es kam ihnen ganz offensichtlich nicht darauf an, die Opfer zu töten. Das Quälen war Sinn und Zweck dieser Aktion.
Lankohr zückte seinen Dolch, aber mit dieser Waffe konnte er naturgemäß nichts ausrichten.
Langsam verengte sich der Kreis.
Mythor spannte die Muskeln an. Mit einem Satz gedachte er den Ring der kleinen Aasenmädchen zu überspringen, aber mitten im Sprung rührte eine der Frauen ihn an.
Siedendheiß schoß der Schmerz von dem berührten Bein hoch, durchwogte in furchtbarem Schwall den ganzen Körper und irrlichterte durch das gequälte Gehirn.
Mythor ächzte, als er auf dem Boden aufkam. Er sah, daß sich zwei der Aasenmädchen aus dem Ring lösten, um ihn zurückzutreiben. Er versuchte sich aufzurichten, aber bevor er das schaffte, hatte eine der anderen ihn berührt.
Wieder schoß der Schmerz durch seinen Körper. Diese Mädchen verstanden etwas von den schlechten Seiten der Magie, und sie setzten sie hemmungslos zu ihrem Vergnügen ein.
Mehr kriechend als gehend kehrte Mythor in den schweigsamen Ring zurück.
Gelächter klang in ihm auf. Die Aasinnen verspotteten ihn, auch das mit den Mitteln der Magie.
Der Kreis hatte sich geschlossen.
Die Aasinnen faßten sich an den Händen. Sie vereinten jetzt ihre magischen Kräfte.
Rauch wallte auf. Feuer begann aus dem Boden zu lodern. Siedehitze schlug Mythor entgegen. Ein Ring aus Flammen umgab plötzlich die drei Gefangenen. Mescal kreischte in allen Tonlagen, Lankohr versuchte mit Mühe, seine Enttäuschung und seine Furcht zu verbergen, es gelang ihm nicht.
Mythor hatte keine Lust, das Wagnis ein zweites Mal einzugehen. Auf diese Art und Weise löste man das Problem nicht - zudem hätte er die beiden anderen hilflos zurücklassen müssen.
Wie den Zauberring sprengen? Oder ihn löschen?
Mythor verfluchte den Umstand, daß er keines der magischen Hilfsmittel zur Verfügung hatte, die mit diesem niederträchtigen und grausamen Feuerzauber fertig
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