Mythor - 109 - Der Götterbote
Auftrag gegeben, ihre Kräfte nicht sinnlos zu verschleißen? Meinst du das?«
Fronja bestätigte Robbins Vermutung mit einem Nicken.
»Dafür gibt es vielleicht eine Erklärung«, sagte der Pfader, nachdem er seine Waffe weggesteckt hatte.
»Ich bin gespannt, sie zu hören«, sagte Mythor. »Soviel Vernunft und Einsicht hier in der Schattenzone?«
»Es soll – so sagt man in Pfaderkreisen – einen Bereich geben, in dem das Leben in der Schattenzone gleichsam geordnet verläuft. Kein wilder Kampf ohne Sinn und Ziel, sondern eine gewisse Ordnung – wenn auch eine sehr grausame und unbarmherzige. Es heißt, daß es einen Hüter der Unterwelt geben soll, der Moogeth genannt wird und im Lande Scadrach im Gebiet der ersten Stufe der Dämonenleiter lebt.«
»Hm«, machte Mythor. »Weißt du noch mehr?«
Es verdroß den Pfader sichtlich, daß er immer wieder seine kostbaren Kenntnisse ohne gerechte Bezahlung hergeben mußte. Dennoch zögerte er nicht, seine Wissensschätze auszubreiten.
»Moogeth wird auch der Schatzhüter von Carlumen genannt«, berichtete er. »Der Name rührt daher, daß natürlich viele Schatzsucher versucht haben, Carlumen zu finden. Nur wenige sind von diesen Versuchen zurückgekehrt. Die anderen, so heißt es, seien Moogeths Bann verfallen und gestorben.«
»Und wie sieht dieser Hüter der Unterwelt aus?«
»Das weiß man nicht.«
»Du weißt es nicht«, mischte sich Gerrek ein.
»Wenn ich es nicht weiß, dann… Aber was versuche ich dich zu belehren. Du wirst die Geheimnisse der Pfaderkunst niemals ergründen, also laß die Finger davon.«
Immer wieder brach etwas von dem mal launigen, mal bitteren Gezänk der beiden so verschiedenartigen Wesen hervor. Diesmal hatte Robbins Antwort an Gerrek einen Unterton von Schärfe.
»Und du glaubst, daß Moogeth diesen Drachen den Befehl gegeben hat, uns anzugreifen?«
»Ich weiß es nicht. Es gibt mehr Rätsel und Geheimnisse im Zusammenhang mit der Dämonenleiter, als ganze Generationen von Pfadern sammeln und weitergeben könnten. So heißt es auch, daß es in Scadrach ein vulkanisches Loch geben soll, eine Feueresse, der die dämonischen Krieger entsteigen.«
»Du meinst natürlich die Shrouks?«
»Eben die«, bestätigte Robbin. »Nach all dem Verdruß und Ungemach, das uns die Shrouks schon bereitet haben, erscheint es mir fast vermessen, ausgerechnet dorthin zu gehen, wo sie hordenweise geschaffen werden.«
Mythor lächelte zurückhaltend. Yoter stand mit seiner Truppe ein paar Schritte entfernt und bekam von diesem Gespräch nichts mit.
»Laß mich raten. Du meinst, wir sollten uns einen etwas weniger gefährlichen Weg aussuchen?«
»Es scheint mir nicht ratsam, ausgerechnet in die Schmiede der Shrouks hineinzutappen«, entgegnete der Pfader.
»Sehr gewitzt«, gab Mythor zurück. »Rätst du uns zum Rückzug?«
Solcherart zu einer klaren Antwort genötigt, nickte der Pfader. Mythor sah sich bei den anderen um.
»Hat noch jemand ähnliche Vorschläge?«
Mythor sah einen Anflug von Verdrossenheit auf dem Gesicht Scidas.
»Sprich!«
Die Amazone preßte die Lippen aufeinander. Sollte Resignation sie befallen haben?
»Du verlangst offene Worte? Du sollst eines hören. Es gereut mich, dir gefolgt zu sein. Es hat nichts mit dir und deinem Ziel zu tun, Mythor, es geht nur mich an. Das Ziel meines Lebens habe ich erreicht, Lacthy ist besiegt. Meine alten Knochen sehnen sich nach dem heimatlichen Herd, nach Vanga. Ich bin des Streitens müde. Es ist nicht so, daß ich nicht mehr kämpfen wollte oder könnte – aber für mich ergibt das Streiten keinen Sinn mehr.«
Scida preßte wieder die Lippen aufeinander. Mythor konnte ihr ansehen, in welchem Zwiespalt sie sich befand. Sie hatte ihn bis hierher begleitet, und es lag ihr fern, die Gefährten in Not und Gefahr alleinzulassen. Aber die Zahl ihrer Tage war bemessen, und mit jeder Stunde, die sie in der Schattenzone verbrachte, verlor sie eine Stunde jener Belohnung, die sie sich als Preis eines rauhen gefahrvollen Kriegerinnenlebens gewünscht hatte.
Es reute sie auch, Mythor diese Antwort gegeben zu haben. Was immer sie auch tat und sagte – sie schadete damit entweder sich, wenn sie verbittert schwieg, oder sie schadete anderen, die auf ihre Treue und Gefolgschaft rechneten.
»Noch jemand?« fragte Mythor. Er bemühte sich, seiner Stimme einen Klang zu geben, der nicht nach Trotz und Herausforderung schmeckte, sondern Verständnis zeigte.
Ein flüchtiger Blick auf die
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