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Mythor - 113 - Das Feuer der Zeit

Mythor - 113 - Das Feuer der Zeit

Titel: Mythor - 113 - Das Feuer der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Paul
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Bedrohung aus der dichten Schwärze um sie.
    Tertish starrte unentwegt in dieses Meer aus schwarzem Nichts, das sie umgab, als könne sie durch intensives Studium verborgene Dinge erkennen.
    Und dann sah sie durch die Schichten schwarzen Nebels das Gefährt. Eine schmale, langgestreckte Barke, deren Bug sich zu einem schlanken Drachenkopf erhob. Das hochgewachsene Wesen darin war in einen steifen, kegelförmigen Umhang gehüllt. Der Blick des augenlosen Knochenschädels mit den Hörnern war geradewegs auf Tertish gerichtet. Sie irrte sich nicht, sie spürte die stechenden Blicke förmlich auf der Haut brennen. Der Knöcherne hielt mit sechs Armen, die halb unter weiten, lose herabfallenden Ärmeln verborgen waren, eine lange Stange, mit der er die Barke vorantrieb. Auf einmal ließ er die Stange mit einer Hand los, und während er sie mit den anderen fünf weiter bediente, winkte er Tertish.
    »Ich komme«, sagte Tertish, und sie meinte es ernst.
    »Mit wem sprichst du?«
    Die Stimme gehörte Scida, die unbemerkt zu ihr auf den Turm gestiegen war.
    »Mit dem Fährmann«, sagte Tertish wie zu sich selbst. »Er hat mich gerufen.«
    »Tertish, was redest du da!«
    Die Todgeweihte gab keine Antwort. Dies war etwas, das niemand außer ihr selbst etwas anging. Sie war am Letzten Ort von Spayol gewesen und hatte nur durch das Ehrenwort, nach Erledigung ihrer Pflichten sich selbst zu richten, wieder ins Leben hinaustreten dürfen. Als Zeichen dieses Gelübdes war ihr in die Handfläche der steifen Linken ein Sternenmal eingebrannt worden. Es brach manchmal auf und blutete, so daß Tertish an ihren Eid erinnert wurde.
    »Es blutet!« rief Scida aus.
    »Laß es bluten«, sagte Tertish.
    »Tertish, du darfst das nicht einfach hinnehmen.«
    » Laß es bluten! «
    Solange sie noch an Burras Seite sein konnte, hatte sie wenigstens gewußt, warum sie die Entscheidung hinauszögerte. Aber Burra war nicht mehr da, und alles andere wog nicht genug.
    Scida verschwand wieder nach unten, und gleich darauf sah Tertish sie auf Mythor zueilen, der gerade an Deck kam. In seiner Begleitung befanden sich Gerrek und ein klapperdürres Männchen mit einem Gürtel voller Messer.
    Die Todgeweihte konnte sich denken, was die alte Scida dem Sohn des Kometen zu sagen hatte. Aber das sollte auch nichts an ihrem Entschluß ändern.
    »Ich komme, Fährmann «, sagte Tertish.
*
    Mythor teilte Scidas Sorge um Tertish, darum stieg er zu ihr auf den Geschützturm hinauf und sagte zu ihr:
    »Ich finde diesen schwarzen Tunnel so bedrückend wie du. Ich habe noch keinen anderen Ort in der Schattenzone kennengelernt, der so schwermütig macht. Aber wenn du gerade hier die Waffen streckst, dann ergibst du dich den Dunkelmächten.«
    Er griff nach ihrer Linken, die wie leblos an ihrer Seite herunterhing, und drehte die Handfläche in seine Richtung. Das Sternenmal war blutverkrustet.
    »Es blutet nicht mehr«, sagte er. »Das läßt mich hoffen, daß du neuen Lebensmut gefaßt hast, Tertish. Sadagar, Gerrek und ich wollen uns zum Heck von Carlumen durchkämpfen, um das Lebensrad wieder in Schwung zu bringen. Wir könnten noch ein gutes Schwert gebrauchen. Willst du uns begleiten?«
    Tertish gab keine Antwort. Aber als Mythor vom Turm stieg, folgte sie ihm. Sie stießen zu Sadagar und Gerrek. Der Steinmann trug den Kriegern gerade auf, abwechselnd Wache zu halten und nur bei Annäherung einer Gefahr geschlossen aufzutreten.
    »Wir müssen uns auf eine lange Belagerung einstellen«, schloß er.
    »Was hat es nun mit dem Lebensrad auf sich?« erkundigte sich Mythor, als er den Steinmann erreicht hatte.
    Sadagar deutete auf die Fliegende Stadt hinab, die unter einem dichten Geflecht aus den Schicksalsfäden der Horeka fast zur Gänze begraben war. Nur am Heck ragte ein bugwärts gerichteter großer Trichter heraus. An verschiedenen Stellen erhoben sich aus dem Geflecht trompetenförmige Türme, und in der Mitte war ein sich treppenförmig nach oben verjüngendes Bauwerk zu sehen.
    »Vom Windhorn am Heck bis zum Widderkopf des Buges mißt Carlumen etwas über 100 Schritt«, erklärte Sadagar. »Als Caerylls Bastion noch eine Schwimmende Stadt, eine jener Schwammschollen aus Vanga, war, war sie mehr als fünfmal so groß. Aber im Lauf der Zeit hat sich die Schwammscholle abgeschliffen. Irgendwann ging in dem Schwammgebilde eine Lebenssaat auf, die kräftig gedieh und schließlich ganz Carlumen durchzog. Es handelte sich dabei um Lebenskristalle, ähnlich jenen, aus

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