Mythor - 113 - Das Feuer der Zeit
dessen Körper über und über mit visionären Bildern tätowiert war; Robbin, den Pfader, und das Aasenpärchen Heeva und Lankohr. Zuletzt wies er auf Fronja und sagte:
»Und das ist die Tochter des Kometen und ehemalige Erste Frau von Vanga.«
Sadagar verbeugte sich galant und sagte:
»Sie ist in Wirklichkeit viel schöner als auf dem Pergament, das du besessen hast. Ich freue mich für dich, daß du sie endlich gefunden und für dich gewonnen hast.«
»Ich habe sie noch nicht gewonnen«, erwiderte Mythor. »Sie traut meinen Gefühlen nicht und hält sie für unecht.«
»Er ist dem Bildzauber jenes Pergaments verfallen, von dem du gesprochen hast, Sadagar«, sagte Fronja. »Mythor muß erst einmal davon loskommen, will er… Aber lassen wir das. Wir haben wahrlich andere Probleme, als über die Liebe zu sprechen.«
»Dem kann ich nur zustimmen«, sagte Sadagar. »Bis vor eurem Auftauchen konnten wir uns in Carlumen ganz gut schlagen. Wir haben uns die Quaamen vom Leibe gehalten, uns leidlich der Schicksalsfäden der Horeka erwehrt und die Horden der Dämonen mit magischen Fesseln gebannt. Das war aber nur eine Ruhepause vor dem Sturm. Durch Mythors Auftauchen – und weil wir die Pläne des Herrn der Finsternis durchkreuzten – hat sich die Lage verschärft. Carlumen wird von allen möglichen Schauergestalten beherrscht, und wir wurden ins Bugkastell zurückgedrängt. Wir werden unseren Stützpunkt ohne weiteres verteidigen können. Aber das ist auf die Dauer kein Zustand. Wir müssen uns überlegen, wie wir uns dem Bann der Yhr entziehen können. Das soll die Aufgabe all jener sein, die etwas von Magie verstehen.«
Er verstummte, als er aus dem Hintergrund ein verhaltenes Schluchzen vernahm. Mythor wandte sich ebenfalls in die Richtung und sah dort Taurond zusammengekrümmt auf einer Liegestatt kauern.
Gerrek erhob sich knurrend von seinem Platz und begab sich zu dem Riesenkind. Er redete beruhigend auf Taurond ein, dessen Schluchzen daraufhin verstummte. Als Gerrek noch einen kurzen Flammenstrahl ausstieß, lachte Taurond und klatschte in die Hände.
»Die Gegenwart des Riesenkinds behagt mir nicht«, meinte Lankohr. »Dem Namen nach zu urteilen, scheint es sich um einen Tauren zu handeln. Und diese Riesen sind auf Wesen von kleinerem Wuchs gar nicht gut zu sprechen.«
»Taurond kam über die magische Schwelle nach Carlumen, über die Burra an meiner Statt auf die andere Seite verschwand«, erklärte Mythor. »Trotz seiner Größe ist er ein verängstigtes Kind. Wir können ihn nicht einfach verstoßen. Gerrek kann gut mit ihm umgehen. Er soll sich seiner annehmen.«
Gerrek, der zurückkam; meinte:
»Nur gut, daß ich kein Beuteldrachenweibchen bin, sonst müßte ich auch noch Amme spielen.«
Der Raum wurde plötzlich heftig erschüttert. Taurond begann wieder zu weinen und rief mit gellender Stimme: »Duzella! Duzella!«
Der Boden erbebte erneut, diesmal so heftig, daß Mythor fast den Halt verlor. Lankohr und Heeva umklammerten sich ängstlich und preßten die Nasen fest aufeinander. Gerrek trat sich selbst auf den Drachenschwanz und fiel der Länge nach hin.
»Was ist das?« fragte Mythor, an Sadagar gewandt.
Bevor der Steinmann eine Antwort geben konnte, gellte aus der Ferne ein markerschütternder Schrei.
»Caeryll!« sagte Sadagar und wurde blaß. »Irgend etwas scheint mit Carlumen zu geschehen, das Caeryll Schmerzen verursacht.«
Die Tür flog auf, und ein Junge mit rotem Haar und sommersprossigem Gesicht stürzte herein. In seiner Begleitung befand sich ein älterer Junge, fast schon ein junger Mann, von ebenfalls zierlicher Gestalt. Er mochte nur fünfeinhalb Fuß groß sein, hatte schwarzes Kraushaar und eine gelbbraune Haut.
»Sadagar!« rief der Junge mit dem roten Haar. »Irgend etwas Schlimmes geschieht mit Caeryll. Tobar fühlt es. Sag, was du siehst, Tobar.«
Der größere Junge tastete sich vorsichtig einen Weg in den Raum, seine Augen starrten ins Leere. Er sagte mit entrückter Stimme:
»Etwas Schwarzes hat sich in Carlumen eingeschlichen und bremst Caerylls Lebensrad. Ich sehe einen dunklen Tunnel ohne Ende…«
Der Junge brach mit einem gurgelnden Laut ab und sackte in sich zusammen. Aus der Ferne erklang wieder ein langgezogener Schrei.
»Das ist der Bengel, der mich bestohlen hat!« rief da Gerrek. Niemand hatte ihm Beachtung geschenkt, so daß es für alle unerwartet kam, als er sich plötzlich auf den rothaarigen Jungen stürzte und ihn festhielt. Dabei rief er:
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