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Mythor - 119 - Das sterbende Land

Mythor - 119 - Das sterbende Land

Titel: Mythor - 119 - Das sterbende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Paul
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unsicher von Mythor auf das düstere Schlachtfeld hinunter.
    »Ich scheue davor zurück, meine Fähigkeiten zu gebrauchen«, gestand sie. »Ich möchte nicht den Mantel des Schweigens, der auf diesem Schlachtfeld liegt, heben. Was hier gestorben ist, das ist endgültig tot. Es ist wahrlich ein sterbendes Land, das die Saat des Lebens schon längst nicht mehr in sich trägt. Es strebt dem Ende der Zeit zu. In der Lichtwelt trägt selbst die Asche noch eine Spur von Leben in sich, so daß man in ihr lesen kann. Aber hier… hier ist alles abgestorben.«
    Mythor begriff nur allmählich die wahre Bedeutung von Glairs Worten. Er war einmal Tertish ins Reich der Toten gefolgt und hatte dort einen Ort vorgefunden, der von den Seelenschatten der Verstorbenen bevölkert wurde. Tertish hatte im Totenreich alle ihre Körperfarben zurücklassen müssen. Er, Mythor, war nur mit der Erinnerung an dieses Erlebnis zurückgekehrt, der Erinnerung an Begegnungen mit alten Bekannten wie O’Marn, Chianez und Nyala… Wie schwer ihn das auch belastete, er war damit noch vergleichsweise gut weggekommen. Er verdrängte diese Erinnerungen.
    »Ich weiß, was du meinst, Glair«, sagte er fröstelnd. »Gegen dieses sterbende Land ist das Totenreich ein lebendiger Ort.«
    »Und doch heißt das nicht, daß uns hier nicht überaus handfeste Gefahren begegnen können«, sagte der Kleine Nadomir. »Wenn das Land selbst auch im Sterben liegt und kein Leben mehr hervorbringen kann, so kann manch anderes, wie wir selbst, nach hier verschlagen worden sein.«
    »Das hört sich fast so an, als wüßtest du, wovon du redest«, warf Steinmann Sadagar ein.
    »Ich habe von einem Ort gehört, dessen Beschreibung auf dieses sterbende Land passen könnte«, erwiderte der Königstroll. »Aber auf dem Schlachtfeld, das ich meine, wird noch immer gekämpft. Vielleicht auch hier.«
    »Deutet nicht der Widerschein von Flammen darauf hin?« sagte Mythor. »Wo Feuer ist, da ist auch Leben.
    Vielleicht handelt es sich um Lagerfeuer, an denen sich Krieger wärmen. Oder um Brandherde, die heiß umkämpft sind. Steuern wir eines der Feuer an.«
    »Wir können Carlumen nicht steuern, das müßtest du inzwischen erkannt haben«, erklärte Nadomir. »Unsere Magie wirkt hier nicht, die DRAGOMAE-Kristalle haben hier keine Kraft. Die Schlange Yhr hält das Steuer von Carlumen. «
    »Dann können wir überhaupt nichts tun?« fragte Mythor.
    »Warten wir ab, wohin Yhr uns lenkt.«
    »Verständigt mich sofort, wenn sich irgend etwas Ungewöhnliches ereignet«, sagte Mythor. »Ich bin bei den Rohnen.«
    »Ich begleite dich«, bot Gerrek sich an. Der Beuteldrache gehörte zu den Betreuern der vierhundert Nomaden und hatte sich am Bugkastell nur eingefunden, um Mythor von den Schwierigkeiten zu berichten, die es mit den Rohnen gab. *
    Mythor machte einen Umweg über den Wurzelstock, der vom Baum des Lebens übriggeblieben war. Dieser Baum mußte eine beachtliche Höhe erreicht haben, bevor die Dunkelmächte ihn fällten, denn der verbliebene Stumpf hatte einen Durchmesser von nahezu zehn Schritt. Ein dreifach mannshoher Trieb ragte aus der Schnittfläche hervor, aber er war verdorrt.
    »Hattest du gehofft, daß sich an dem Sprößling neue Triebe zeigen?« erkundigte sich Gerrek. »Ich fürchte, da müssen wir noch lange warten, bis dieser Baum wieder erblüht.«
    »Es kommen wieder bessere Zeiten«, sagte Mythor zuversichtlich. »Was ist los mit dir, Gerrek? Belastet dich das Erlebnis in Orphals Reich noch immer?«
    »Du meinst, weil ich dort meinen Mandaler-Körper gehabt habe?« sagte der Beuteldrache und schüttelte den Kopf. »Ich hätte einen zu hohen Preis zahlen müssen, um wieder Mensch sein zu dürfen. Es gibt andere Dinge, die mich mehr belasten. Ich fühle mich in dieser Umgebung nicht wohl. Wir sind so hilflos, selbst die Magier unter uns, und das bedrückt mich.«
    Mythor wußte, daß das die allgemeine Stimmung war, seit sie sich in diesem sterbenden Land befanden, und darum konnte er Gerrek gar keinen Vorwurf machen. Er fürchtete nur, daß sie nicht gewappnet sein würden, wenn sie plötzlich vor schweren Aufgaben stünden.
    Die Rohnen waren ein zusätzliches Problem.
    Sie erreichten den Stadtteil, der sich im Zentrum von Carlumen erhob. Die Gebäude bildeten eine fast geschlossene Einheit, waren verschachtelt und pyramidenförmig übereinandergebaut, aus ihrer Mitte erhob sich der Wachtturm, der mit einem Wurfbock bestückt war. Außentreppen verbanden die Zugänge

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