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Mythor - 119 - Das sterbende Land

Mythor - 119 - Das sterbende Land

Titel: Mythor - 119 - Das sterbende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Paul
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hinausfliegt.«
    »Nadomir und Caeryll haben die Kontrolle über Carlumen verloren«, hörte Mythor Glair neben sich sagen. Sie stand links von ihm und starrte mit entrücktem Blick aufs Meer hinaus.
    »Was redest du da?« fuhr Mythor die Hexe im roten Mantel an.
    »Die Schlange Yhr hat die Situation genützt und die Kontrolle an sich gerissen«, sagte Glair. »Erinnerst du dich, was Caeryll über Heluma gesagt hat?«
    »Er konnte uns überhaupt keine Auskunft geben«, sagte Mythor.
    »Aber er sagte auch, daß Heluma am Schnittpunkt vieler Bereiche und Zeiten liegt, Mythor«, erwiderte Glair. Sie streckte beide Arme aus und schien das Meer über die Steine ihrer Ringe zu betrachten. »Dies muß sich Yhr zunutze gemacht haben. Das Meer liegt wie ein Spiegel vor mir. Aber mir zeigt sich nur seine dunkle Seite. Ich sehe… nichts. Aber dieses Nichts ist sehr beredt, es ist das Nichts des Todes, das Nichts am Ende aller Zeiten…«
    Ein Frösteln ging durch den Körper der jugendlich wirkenden Hexe mit dem gebleichten Haar. Sie verkrampfte sich und taumelte. Mythor sprang hin, um sie zu stützen, aber sie fing sich aus eigener Kraft mit den Händen am Geländer ab.
    Als sie ihm das Gesicht zuwandte, glaubte er plötzlich, daß sie ihn aus starren Schlangenaugen ansehe. Die Haut war geschuppt, der Mund reptilhaft, und eine gespaltene Zunge erschien darin.
    Ein schrilles, unmenschliches Lachen erklang in Mythors Kopf. Es war das Spottgelächter der Schlange des Bösen.
    Plötzlich tat sich das Meer auf und gab ein finsteres Loch frei. Eine unheilvolle Kraft erfaßte Carlumen und zerrte die Fliegende Stadt in einen Tunnel aus Finsternis.

2. Buch: STERBENDES LAND

6.
    »Wo sind wir hier?«
    Diese Frage ging von Mund zu Mund, aber es gab keinen an Bord von Carlumen, der sie beantworten konnte.
    Der Himmel war bleiern und von einem Netzwerk zerrissen wirkender Wolken überzogen. An manchen Stellen färbte ihn der Widerschein von Feuer purpurn und violett. Kein Windhauch regte sich, hier schien alles still zu stehen – und alles tot zu sein.
    Die Luft war dünn und kalt. Man mußte tief Atem holen, und doch bekam man nicht genügend Luft. Statt dessen schlug sich eine Kälte wie von Frost auf die Atemwege und kühlte den Körper von innen her aus.
    Gerrek versuchte, Feuer zu speien. Aber er brachte nur einen kurzen Flammenstrahl zusammen, der sofort wieder erlosch.
    Dämmerlicht lag über einem zernarbten, unfruchtbaren Land, über das sich endlose Ruinenfelder zogen. Aber es herrschte nicht jene Dämmerung, die man aus der Düsterzone, dem Grenzbereich der Schattenzone kannte. Es handelte sich vielmehr um ein Zwielicht, das alles schattenhaft erschienen ließ, den Dingen die Tiefe raubte und es schwer machte, Entfernungen zu schätzen.
    Zwischen den Ruinen regte sich nichts. Aber wenn man genauer hinsah, konnte man dort vereinzelte Rüstungen und Waffen entdecken, die jedoch ihren metallenen Schimmer verloren hatten. Skelettreste von Tieren und Menschen ragten gelegentlich aus Staub und Patina.
    »Dies ist nicht die Schattenzone«, stellte Robbin fest. »In der Schattenzone gibt es keinen solchen Ort. Ich habe aber auch nie von einer solchen Welt gehört, in der alles seinem endgültigen Ende zutreibt. Es ist ein sterbendes Land, ich weiß nicht, wo es liegen könnte.«
    »Können wir Yhr befragen?« erkundigte sich Mythor.
    »Die Schlange hat sich dem Tillornischen Knoten entzogen«, antwortete der Kleine Nadomir. »Aber sie kann sich nur auf dieser Ebene einer gewissen Freiheit erfreuen. Sobald sie sich von hier zurückzieht, wird sich der Tillornische Knoten wieder um sie schließen, und sie befindet sich in unserer Gewalt.«
    »Dann hat uns Yhr hierhergebracht, um hier ihren Befreiungskampf mit uns auszutragen«, meinte Mythor.
    »Vielleicht«, sagte Nadomir. »Aber allein ist sie nicht stark genug, um es gegen uns aufzunehmen. Sie müßte sich schon Hilfe von dritter Seite erwarten. Doch wer sollte sie ihr geben? Hier ist alles tot. Dies ist ein Schlachtfeld aus längst vergangenen Tagen. Hier wird schon lange nicht mehr gekämpft.«
    Obwohl die Luft fast zu dünn zum Atmen war, trug sie Carlumen. Die Fliegende Stadt glitt wie durch eine stille See dicht über das Schlachtfeld dahin.
    »Glair«, sagte Mythor, »findest du hier nirgends einen Spiegel, durch den du sehen kannst? Der dir zeigt, was hier einmal war, so daß wir aus Vergangenem darauf schließen können, wo wir hier sind?«
    Die rotbemantelte Hexe blickte

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