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Mythor - 119 - Das sterbende Land

Mythor - 119 - Das sterbende Land

Titel: Mythor - 119 - Das sterbende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Paul
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verbarg, und bis über den Hals zum Schulteransatz.
    Das Gesicht selbst war dagegen glatt und haarlos. Der Mund war ausladend, die Lippen wie ein V geformt, auch die Augen bildeten mit den Brauen ein solches V.
    Der Junge lächelte, dieser Zug schien von seinem Mund nicht wegzudenken. Doch es war kein jungenhaftes Lächeln, es war nichts Spitzbübisches daran, sondern eher etwas Wölfisches.
    Mythor erreichte die Säule, und der Junge wich weiter hinter sie zurück.
    »Fürchtest du dich vor mir?« fragte Mythor.
    »Nein, ich habe keine Angst«, kam die Antwort mit krächzender Stimme, die klang, als sei der Junge bereits im Stimmbruch. Und das bei einem Knaben von höchstens neun Jahren!
    »Wer bist du?« fragte Mythor.
    »Wer bist du?« fragte der Junge zurück.
    »Ich heiße Mythor.«
    »Gehörst du zu den Kriegern dieser Festung?«
    »Nein, ich kam mit der Fliegenden Stadt.«
    Der Junge atmete schwer, bevor er sagte:
    »Ah, eine Fliegende Stadt ist das… Wohin fliegst du damit?«
    »Ich weiß nicht. Wir sind fremd hier und kennen uns nicht aus. Wir wissen nicht einmal, wo wir sind. Kannst du mir ein Ziel zeigen…?
    Wie soll ich dich nun nennen?«
    »Ich traue dir nicht, Mythor«, sagte der Junge. »Du wirst gewiß noch von mir hören. Und ein Ziel findest du bestimmt auch.«
    »Warum versteckst du dich vor mir?« fragte Mythor. »Ich möchte dich sehen, wenn ich mit dir spreche.«
    Eine Weile war nur das keuchende Atmen des Jungen zu hören. Dann stieß er mit gepreßter Stimme hervor:
    »Du bist mein Feind. Ich spüre, daß du mich bedrohst. Aber wage nicht, Hand an mich zu legen. Komm mir nicht näher!«
    »Du brauchst dich nicht vor mir zu fürchten«, versicherte Mythor. Bevor er noch etwas hinzufügen konnte, stieß der Junge wiederum ein wölfisches Heulen aus.
    Mythor wollte zurückweichen, aber da landete der Junge bereits auf seiner Brust und schnappte mit Zähnen, die nicht die eines Menschenkindes waren, nach seiner Kehle. Mythor verlor den Halt und fiel rücklings über die Stufen des Podests. Im Fallen sah er noch, wie zwischen den Ruinen wölfische Gestalten auftauchten und sich geduckt näherten. Der Junge schnappte wieder nach seiner Kehle, doch schlossen sich seine Zähne über die metallene Spange mit dem geflügelten Löwen, die Mythors Umhang zusammenhielt.
    »Mythor, wir kommen!« Das war Sadagar. Pfeile durchschnitten pfeifend die Luft, und das kurz darauf folgende Gebrüll zeigte, daß sie ihr Ziel fanden.
    Der Junge ließ von ihm ab. Als Mythor sich aufrichtete, war er verschwunden. Auch von den Wölfischen war nichts mehr zu sehen. Zwei von ihnen lagen hingestreckt da, aus ihren Körpern ragten die Schäfte von Pfeilen.
    Sadagar half Mythor auf die Beine, und nun erst erblickte er auch Harvise und Mameke, die breitbeinig und mit gespannten Bögen dastanden.
    »Was war das für ein Floh, mit dem du dich gebalgt hast?« erkundigte sich Sadagar.
    »Vermutlich ein Schützling der Wölfischen«, sagte Mythor und schüttelte benommen den Kopf. Er deutete die Steinsäule hoch zu der Tafel mit der Inschrift und fragte: »Sagt dir das irgend etwas?«
    Sadagar las laut:
    »XATAN AXATA TAXAT ATAXA NATAX! Das hat für mich keine Bedeutung. Aber vielleicht sollte man es von unten nach oben lesen.«
    »NATAX ATAXA TAXAT AXATA XATAN?« las Mythor und zuckte die Schultern.
    »Für mich ergibt auch das keinen Sinn«, meinte Sadagar. »Aber es klingt sehr gewichtig – und unheilvoll. Zerbrechen wir uns nicht den Kopf darüber. Ich habe eine Überraschung für dich. Einer der Krieger, die uns gegen die Insekten halfen, hat überlebt. Er kämpft hier für die Lichtwelt. Und er stammt aus Gorgan. Er nennt sich Davin und ist ein Caer.«
*
    »Ich habe zu lange gekämpft«, sagte Davin mit geschlossenen Augen. Sie hatten ihm den Helm abgenommen und den Brustpanzer geöffnet, er blutete aus mehreren Wunden. Erschöpft fuhr er fort: »Ich kann kaum mehr zwischen Freund und Feind unterscheiden. Kaum finde ich Kameraden, mit denen ich gegen die Dunkelmächte kämpfen kann, da verliere ich sie auch schon wieder. Ich fühle mich, als sei ich selbst schon viele Tode gestorben. Ich werde weiterkämpfen, solange ich atme, doch frage ich mich, wofür eigentlich?«
    Er öffnete die Augen und sah Mythor an, der über ihn gebeugt war.
    »Du sagtest, daß du für die Lichtwelt kämpfst«, sagte Mythor. »Aber wer führt euer Heer an? Wer gibt die Befehle? Wie kommst du, ein Krieger von Gorgan, ein Caer, an diesen

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