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Mythor - 129 - Fluch über Nykerien

Mythor - 129 - Fluch über Nykerien

Titel: Mythor - 129 - Fluch über Nykerien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terrid Peter
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herausforderte – einem ungezogenen Kinde gleich, das durch übergroße Duldsamkeit der Eltern nur zu weiteren Übeltaten verleitet wird.
    »Also?«
    Necrons knappe Frage riß mich aus meinen Gedanken. Ich spürte, daß ich mich fürchtete – und ich spürte, wie mich der Schwindel des Hochmuts packte. Ein paar Augenblicke noch, und wir hatten den größten Frevel in der Geschichte des Landes auf uns geladen – aber auch den damit verbundenen Ruhm.
    Würden die Götter sich das gefallen lassen?
    Sie ließen zu, daß Necron den roten Vorhang zur Seite schob. Im schwachen Licht des Mondes schimmerte das goldene Geäder des Lichtschreins, der eigentliche Körper schien schwarz mit dem Nichts zu verschwimmen.
    Heftiger wurde der Herzschlag.
    Die Götter ließen zu, daß Necron den Arm ausstreckte und den Lichtschrein berührte. Er zuckte zusammen.
    »Was ist?«
    Er schüttelte nur den Kopf.
    »Faß mit an!«
    Mit der rechten Hand berührte ich den Schrein. Von den Spitzen meiner Finger stieg ein Gefühl blitzartig auf und strömte durch den ganzen Körper – eine Behaglichkeit und Sicherheit, die jede nur denkbare Gefahr ausschloß, eine Wärme, die keinerlei Angst vor irgend etwas aufkommen ließ, eine weltumfassende Zuversicht in die unerschütterliche Behaglichkeit dieser Berührung – und dann brach der Kontakt ab und hinterließ ein plötzliches Gefühl der Leere, das unerhört schmerzte.
    Beide Gefühle hielten nur für sehr kurze Zeit an, danach empfanden wir nur noch die Härte und Schwere des Schreins. Er war gerade so schwer, daß wir ihn zu zweit tragen mußten.
    »Vorsicht«, murmelte Necron. »Wir wollen ihn nicht fallen lassen.«
    Der Schrein war sechskantig, es war keine Fuge, kein Deckel zu erkennen. Nun, das konnten wir später untersuchen. Einstweilen galt es nur, unsere Beute in Sicherheit zu bringen.
    Die beiden Wachen bildeten da keinerlei Hindernis. Sie setzten ihren beeindruckenden Wachschlaf fort. Sie dauerten mich – am nächsten Tag war ihnen nicht nur eine herbe Strafe, sondern vor allem auch eine unglaubliche Lächerlichkeit sicher. Man würde sie auslachen, wo immer sie sich zeigten.
    Vielleicht würden sie sogar…
    Ich riß mich zusammen. Was hatte ich mit den beiden zu schaffen. Mochten sie ihren Dienst so nachlässig versehen, mochten sie zum Strick greifen, um den Hohn und der Schande zu entgehen… ihr Schicksal interessierte mich nicht.
    Es dauerte nicht lange, dann waren wir außer Sichtweite des Tempels. Ein Lasttier stand bereit, dazu zwei Reittiere für uns.
    Wir schnallten den Schrein auf dem Lasttier fest. Unsere Reittiere waren ungewöhnlich aufgeregt. Wir mußten all unser Können aufbieten, um nicht abgeworfen zu werden. Witterten die Tiere das Verbrechen, die Schuld, die wir damit auf uns geladen hatten?
    Der Weg, den wir nahmen, war gekennzeichnet von Unannehmlichkeiten – mein Tier ging fast durch, am Packsattel riß ein armbreites Lederband. Wir entkamen knapp einer Geröllawine, die von der Seite her über unseren Pfad stürmte und uns zu einem Umweg zwang. Wie von Zauberhand gefällt, legte sich eine Reihe mächtiger Bäume uns in den Weg, während sich über unseren Köpfen ein Unwetter zusammenbraute, wie ich es in langen Jahren noch nicht erlebt hatte.
    Necron machte einen bedrückten Eindruck – ich konnte es sehen, als der Gewittersturm losbrach und ein Blitz sein Gesicht kalkig weiß gegen das Schwarz des Waldes stehen ließ.
    »Angst?«
    »Ja«, gab Necron knapp zurück, mit einer Stimme, die ich noch nie gehört hatte.
    »Mir ist auch mulmig zumute«, gab ich zu. Meine Hände waren so feucht, daß sie die Zügel kaum noch halten konnten – und das hatte gewißlich nichts mit dem strömenden Regen zu tun, der auf uns herabstürmte.
    Ich wußte, was Necron in diesem Augenblick dachte.
    Dieser Sturmritt war unsere letzte Chance. Das unaufhörliche Blitzen und Donnern, der herabströmende Regen, die Fährnisse dieser Reise – all dies konnte man als letzten Hinweis der Lichtgötter betrachten, die Reise abzubrechen und den Lichtschrein unbemerkt wieder an seinen Platz zurückzustellen.
    Ich wäre mir albern vorgekommen, hätte ich als erster davon angefangen. Ich überließ es Necron, als erster zuzugeben, daß er so von Furcht erfüllt war, daß er eine Umkehr erwog.
    Und er – ich wußte es, obwohl ich ihn nicht sehen konnte – erwog haargenau den gleichen Gedanken.
    Männereitelkeit.
    Vielleicht lag es daran, daß Aeda mit im Spiel war…
    Wir setzten

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