Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mythos Ueberfremdung

Mythos Ueberfremdung

Titel: Mythos Ueberfremdung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doug Sounders
Vom Netzwerk:
Zeitschrift The Nation; ein aktivistischer Jurist und Staatsanwalt, den der New Yorker Oberbürgermeister Fiorello La Guardia zum Leiter der Abteilung für Investigations and Accounts ernannt hatte, die Amtsmissbrauch und Korruption aufdecken sollte. Zuvor hatte er im Außenministerium und als erfolgreicher Auslandskorrespondent gearbeitet. Blanshard war also eine angesehene Persönlichkeit unter den säkularen Denkern Amerikas. Ganz ähnlich wie Bruce Bawer oder Geert Wilders in einer späteren Generation war er ein engagierter Liberaler, der in dem in den neuen Einwanderervierteln herrschenden Konservativismus eine ernste Bedrohung der Grundlagen des Liberalismus sah. Albert Einstein und Bertrand Russell lobten sein Buch, und John Dewey sprach von »beispielhafter Gelehrsamkeit, gutem Urteilsvermögen und Takt«.
    Und dieses Werk stand keineswegs allein auf weiter Flur. Der Historiker John T. McGreevy erinnert sich: »Folgt man den Ansichten der Redakteure von The New Republic und The Nation, einer großen Gruppe von Hochschullehrern in den Geistes- und Sozialwissenschaften und vieler einflussreicher Persönlichkeiten des Reformjudentums und des Mainstream-Protestantismus, dann könnte der katholische Autoritarismus den Geist der Wissenschaft zerstören, Erwachsene hervorbringen, die keine eigenständigen Persönlichkeiten sind, und – aufgrund der wachsenden Zahl von Kindern, die katholische Schulen besuchen – katastrophale Auswirkungen auf die Einheit der Nation haben.« 1 Der (evangelische) amerikanische Theologe Reinhold Niebuhr veröffentlichte warnende Worte, ebenso wie Lewis Mumford und John Dewey, die der Ansicht waren, die Katholiken könnten zu einer Fünften Kolonne werden.
    Blanshard und seine Bewegung reagierten auf die sehr realen Probleme des Faschismus und der Rückständigkeit in einem großen Teil der katholischen Welt, die sich auf irische und italienische Wohngebiete oft in Form von politischem Extremismus und massenhafter Kriminalität übertrugen, so wie die Literatur zur muslimischen Flut eine panikmacherische Reaktion auf die reale Bedrohung durch den dschihadistischen Terrorismus und islamischen Fundamentalismus ist. Katholische Einwanderer waren sieben Jahrzehnte lang in großer Zahl ins Land gekommen, und einige von ihnen schienen nicht stärker, sondern weniger stark integriert zu werden. Terrorangriffe, die Iren und Italiener in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien begangen hatten, waren den Menschen noch in lebhafter Erinnerung. Katholische Gruppen betrieben Lobbyarbeit für eine separate religiöse Erziehung. Die Welt hatte eben erst den fürchterlichen Schock der Kriegszeit und Jahrzehnte des Totalitarismus erlebt, in denen die Katholiken in Spanien, Italien und Österreich zu Faschisten geworden waren; ihre Diaspora hatte extremistische Ausbrüche erlebt. Wem die Loyalität der irischen Regierung galt, war während der Kriegszeit völlig unklar geblieben. Einwanderer aus all diesen Ländern schienen ihre religiösen und ideologischen Krankheiten mit ins Land zu bringen, und den neuen Gastgebern drohte die Ansteckung.
    Auch im Kanada der Nachkriegszeit, in dem ein enormer Arbeitskräftemangel für einen großen Bedarf an Einwande rern sorgte, der über den traditionellen Einzugsbereich Groß britannien und Nordeuropa hinausreichte, war dies die vorherrschende Meinung. Interne Aktennotizen der Regierung warnten wiederholt davor, dass europäische Katholiken in demokratischen Ländern nicht assimiliert werden könnten. Laval Fortier, der Regierungskommissar für die Einwanderung aus Übersee, schrieb in einer Aktennotiz, der Italiener sei »nicht der Typ, den wir in Kanada suchen. Sein Lebensstandard, seine Lebensweise, ja sogar seine Kultur wirken so anders, dass ich bezweifle, dass er in unserem Land jemals zu einem Aktivposten werden könnte.« Italiener wurden, wie die meisten anderen katholischen Bevölkerungsgruppen, als »nicht bevorzugt« eingestuft. Sie kamen dennoch in großer Zahl. 2
    Blanshard selbst hob das warnende Beispiel Kanadas hervor und verwies dabei auf die katholische Mehrheit in der Provinz Quebec und die Finanzierung separater katholischer Schulbehörden durch die Provinzregierung. »In Kanada«, schrieb er, »hat die römische Kirche einen Staat im Staat errichtet, weil die britische Regierung es zuließ, dass Steuergelder für ein Schulwesen verwendet wurden, das katholische Kinder darauf abrichtete, dass sie in erster Linie Katholiken und erst in

Weitere Kostenlose Bücher