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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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Weile auf die glucksenden Rufe, das tiefe Quaken und das Zirpen um sie herum. Sie richtete sich auf. Am Ende des Unterstands glimmten die Reste des Lagerfeuers. Sie hörte ihre Begleiter unter den Moskitonetzen atmen. Das leichte Schnarchen stammte vermutlich von York.
    Sie suchte in ihrem Rucksack nach ihrer Taschenlampe und ihrem Mückenspray. Ob es ihr passte oder nicht, sie musste kurz raus. Sie sprühte sich die Arme und Beine ein, zog ihre Schuhe an und schlüpfte unter dem Moskitonetz hervor. Mit der Taschenlampe suchte sie die Lichtung ab. Dort drüben war der Teich. Links davon, hatte Dionisio gesagt, war eine Schlucht, die als Toilette diente.
    Als sie den Waldrand erreicht hatte, flatterte etwas durch die Bäume davon. Sie verharrte erschrocken einen Augenblick. Dann ging sie weiter.
    Der Weg, den die Peruaner geschlagen hatten, war auch im spärlichen Licht der Lampe deutlich zu erkennen. Sie wich niedrig hängenden Ästen aus und hoffte, dass es wirklich Äste waren.
    Die Taschenlampe ließ die Blätter der Sträucher und Bäume feucht glitzern. Überall funkelten winzige, ins Grüne und Blaue gehende Lichtpunkte wie kleine LEDs. Als sie die Lampe dicht an eine kleine Ansammlung der hellen Punkte hielt, sah sie, dass es sich um die Augen einer großen Spinne handelte, die das Licht reflektierten. Schaudernd wandte sie sich ab und hielt sich in der Mitte des Weges.
    Der Pfad knickte an der Kante einer kleinen Schlucht ab und führte seitlich hinunter. Hin und wieder übertönte ein leises Knacken die nächtlichen Rufe der Tiere. Es war verdammt unheimlich, auch wenn Dionisio ihnen versichert hatte, hier, relativ dicht an den menschlichen Siedlungen, hätten alle gefährlichen Tiere längst das Weite gesucht.
    Als sie auf dem Rückweg erneut die Stelle oberhalb der Schlucht erreicht hatte, fuhr sie zusammen. Hinter ihr war etwas durch die Luft geflogen. Eine Sekunde später krachte es durch die Äste der Sträucher unten in der Schlucht. Reflexartig drehte sie sich und richtete die Taschenlampe dorthin. Ein dichtes Gewirr silbriggrauer Pflanzen schälte sich aus der Finsternis heraus. Wasser funkelte, das sich in Blüten und Astgabeln gesammelt hatte. An einer Stelle zitterten die dünnen Äste einer Staude.
    Was zum Teufel …, dachte Tilly.
    Sie machte einen Schritt zurück, wollte sich umdrehen – und bekam einen heftigen Stoß in den Rücken. Viel zu überrascht, um zu schreien, versuchte sie, das Gleichgewicht zu halten. Ihre Füße rutschten von der Kante. Sie stürzte.
    Aber sie stürzte nicht tief. Ihr Arm knallte auf die Kante, bremste ihren Fall und gab ihr die Zeit, ihre Hand in die kniehohen Stauden zu krallen, die dort wuchsen. Sie ließ die Taschenlampe fallen, riss auch die andere Hand in die Höhe und grub sie in den Pflanzenteppich über ihrem Kopf. Die Lampe krachte unten auf einen Stein und erlosch.
    Verzweifelt strampelte Tilly mit den Füßen, um Halt zu finden. Aber sie rutschte immer wieder ab. Durch ihre Bewegungen lösten sich die Pflanzen in ihren Händen nach und nach aus dem Boden. Sie rutschte tiefer, griff nach einigen Stauden unterhalb der Kante. Auch die begannen, sich langsam aus der Wand zu lösen.
    Sie erstarrte. Der kurze Blick in die Schlucht vorhin hatte ihr gezeigt, dass es hier gute acht Meter fast senkrecht in die Tiefe ging. Zu viel, um einen Sturz unbeschadet zu überstehen. inüberst
    Ihre Oberarme begannen zu zittern. Langsam, ganz langsam riss eine Wurzel nach der anderen unter ihrem Gewicht. Bald würden die Stauden ihren Halt verlieren und mit ihr in die Tiefe fallen.
    Sie fing an zu schreien.
    D’Albret wachte auf und brauchte einige Sekunden, um sich zu orientieren. Taschenlampen flackerten auf, Lichtfinger fuhren ziellos im Unterstand herum. Nach und nach hoben sich weitere Köpfe von den Matten. Was hatte sie alle geweckt?
    Dann hörte er sie wieder. Die Schreie.
    D’Albret packte seine eigene Lampe, öffnete das Moskitonetz und sprang auf die Lichtung hinaus. Die Schreie kamen von der kleinen Schlucht. Er rannte los und ächzte vor Schmerz, als sich ein Ast in seine Fußsohlen bohrte. Humpelnd hastete er weiter. Es war Nora, die da schrie.
    Van der Merwe kniete am Rand des Pfades und blickte in die Schlucht hinunter. Dann bemerkte er den Priester.
    „Verdomme.“ Der Niederländer warf sich auf den Boden und schob den Oberkörper über die Kante. „Schnell, hock dich auf meine Beine“, rief er d’Albret zu.
    Wieder hörte d’Albret die junge Frau

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