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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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charakterisieren.
    Unvermittelt hörte er Bertrand Merdrignacselt Merdri Stimme in seinem Kopf: Das alles bedeutete aber nur, dass Menschen sich immer und immer wieder von den Grundpfeilern des christlichen Glaubens entfernten, statt fest im Glauben zu bleiben.
    Würde es denn nicht allen Menschen besser gehen, wenn sie dem Gebot der Liebe folgen würden? Wäre es nicht gut, andere nicht zu richten, um nicht gerichtet zu werden? „Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin“, hatte Jesus gefordert. Wenn alle sich daran hielten, dann …
    Also, dachte d’Albret, so naiv, wie MacLoughlin meint, sind wir nicht.
    Ich bin nicht naiv. Oder doch?
    Es ging doch um Liebe. Liebe …
    Plötzlich tauchte Yvonnes Bild vor ihm auf, schob sich hinter die Wasserstrudel, die sein Paddel zog, sodass ihr Gesicht wie von Tränen überströmt wirkte. Der Schock fuhr ihm in die Knochen. Er erstarrte. Das war doch auch Liebe.
    Wieso war ihm diese Liebe verboten, wenn er …? Aber er kannte doch die Antwort.
    MacLoughlin, diese verdammte Atheistin, Advokatin des Teufels … sie hatte ihn verwirrt. Wenn so viele Aspekte des Glaubens auf menschliche Interpretationen und Schlussfolgerungen zurückgingen, waren dann Zweifel am Sinn des Zölibats und der sexuellen Enthaltsamkeit vielleicht gerechtfertigt? War es für einen Priester wirklich falsch, sich liebend an eine Frau zu binden und geschlechtlichen Verkehr zu haben – wie es Abraham, Mose und so viele andere auch gehabt hatten? Könnte er nicht trotzdem ein guter Priester sein?
    Aufgewühlt fuhr er sich mit der Hand über das Gesicht.
    Er bemerkte, dass MacLoughlins Blick auf ihm ruhte. Aber sie schwieg. Und d’Albret war ihr dankbar dafür.
    Freitag, 19. Juni, am Río Shihuarai, Peru
    Gegen Mittag erreichten sie das Dorf Centro América. Es bestand aus einigen wenigen typischen Pfahlbauten.
    Ein Dutzend Kinder und junge Frauen mit Säuglingen nahm sie in Empfang. Nur zwei erwachsene Männer begrüßten sie. Dan und Pam sowie ihr Begleiter Segundo wurden begeistert willkommen geheißen, die übrigen Reisenden mit neugierigen Blicken bedacht, bis die Missionare erklärt hatten, wer sie da besuchte.
    Einer der Shawi-Männer führte die ganze Gruppe zum neu errichteten Schulhaus. Segundo, der Lehrer, betrachtete stolz die schlichte Hütte mit einer einzigen Wand und einigen rohen Holzbänken und Tischen, an denen die Schüler sitzen sollten. Für die Nacht wurden die Möbel zusammengeschoben und die Moskitonetze darübergehängt, sodass die Fremden sie als Schlafstätten nutzen konnten.
    Nach und nach kehrten die Einwohner des Dorfes zurück, die auf den umliegenden Feldern gearbeitet, in den Seitenarmen des Río Shihuarai gefischt und im Dschungel gejagt hatten. York und MacLoughlin kauften einem der Shawi einige Fische ab, Segundos Frau bereitete ihnen Reis und Yuca dazu.
    York setzte sich auf einen der Baumstämme, die vor der Schule um ein Lagerfeuer ein Rechteck bildeten. MacLoughlin hockte sich neben ihn und rieb sich die frei liegenden Hautflächen mit ihrem Antimückenmittel ein.
    „Ich kann verstehen, dass Sie es nicht mögen, wenn sich jemand aufdrängt“, wandte sie sich an den Amerikaner. „Aber ich will nun wirklich nichts von Ihnen, das Sie etwas kostet. Es geht doch nur darum, dass ich Sie begleite, einige Fotos schieße, mir Notizen mache und später darüber schreibe. Was haben Sie zu verlieren?“
    York lehnte sich unwillkürlich von ihr weg. „Sie sind ziemlich aufdringlich. Wer weiß, was Sie tun werden, wenn wir unser Ziel erreicht haben?“
    Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Je weniger Leute, umso besser.“
    Was York nicht sagte, war, dass er hoffte, ohne die Konkurrenz von Arie van der Merwe bei Nora Tilly vielleicht doch noch zum Zuge zu kommen. Er hatte jetzt eine Ahnung davon, wieso Männer sich wegen einer Frau gegenseitig umbrachten, selbst wenn eigentlich klar war, dass diedivar, das sich schon für einen von ihnen entschieden hatte. Es war sexistisch, es war archaisch – aber im Augenblick war er nicht in der Lage, die junge Deutsche als Individuum zu betrachten, dessen Wünsche und Entscheidungen er zu respektieren hatte. Sie war für ihn Gegenstand seiner sexuellen Fantasie, und das Bedürfnis, diese Fantasie umzusetzen, war überwältigend.
    Schon d’Albret störte da. Und mit MacLoughlin würde es noch komplizierter. Nein, er würde die Journalistin nicht mitnehmen. Und das sagte er ihr.
    „Wir

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