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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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Petroglyphen gewesen waren. Aber das hier war nicht der Amazonasdschungel, den er erwartet hatte. Die Tour zum Cumpanama und der Weg vom Flugzeugwrack nach San Ramón, das waren Berührungen mit dem echten Dschungel gewesen. Aber das hier … das war alles andere als unberührte Natur. Neben ihm ließ sich Brea MacLoughlin nieder und lehnte sich seufzend an einen der Pfähle, die das Palmdach stützten.
    „Wenn Sie über unsere Arbeit berichten wollen“, wandte sich Dan an die Journalistin, „dann könnte ich Sie mit einer kleinen Geschichte einstimmen, die ein Kollege von mir erzählt hat, der ebenfalls regelmäßig die Shawi besucht, wenn auch nicht hier am Río Sillay.“
    „Nur zu“, forderte MacLoughlin ihn mit geheucheltem Interesse auf. Der Missionar setzte sich neben sie.
    „Es ist eine großartige Geschichte, wie ich sie in der Zivilisation noch nie gehört habe.“ Er schüttete ein wenig Wasser aus seiner Trinkflasche auf ein Taschentuch und legte es sich in den Nacken. D’Albret tat es ihm nach.
    „Unser Bruder heißt Terry Lois Schultz, und die Indigenen haben sogar ein Dorf nach ihm benannt“, verkündete Dan stolz. „Er hat von einem seiner Helfer berichtet, einem Shawi, der während der Messen seine Predigten übersetzt. Dieser Mann hat eine Tochter, die wurde ganz furchtbar krank. Sie bekam Fieber, warum, wusste niemand.“
    Dan wischte mit den Handrücken über die Stirn. Seine Stimme war voll Mitgefühl. „Die Familie betete und betete, doch die Krankheit wurde immer schlimmer. Die junge Frau aß nicht mehr, hatte keine Kraft mehr. Sie verschwand immer mehr aus dieser Welt. Na neser Welch einem Tag und einer Nacht der Gebete hielt es der Ehemann der Tochter nicht mehr aus. Er war auch noch nicht so lange Christ. Verzweifelt ging er zum Vater seiner Frau und bat ihn um Erlaubnis, sie nach Yurimaguas zu bringen, zu einem berühmten Schamanen.“
    Dan saugte die Lippen ein. Sein Gesicht nahm einen verdrossenen Ausdruck an. „In Yurimaguas und Iquitos gibt es die noch immer genauso wie in den abgelegenen Dörfern. Und hier auch. Sie wohnen meist für sich in Hütten, die etwas vom Dorf entfernt sind.“
    Er faltete die Hände. „Der Vater lehnte einen Besuch bei dem Schamanen ab. Der Ehemann wurde furchtbar wütend und sagte, dass das doch kein Verrat an Gott sei, sondern nur ein weiterer Versuch, den Tod der Frau zu verhindern. Schließlich würde der Schamane Heilpflanzen kennen, die er seiner Frau geben konnte.“
    Pam hatte sich zu ihnen gesetzt und lauschte ebenfalls der Geschichte.
    „Aber wenn man zum Schamanen geht, dann geht es auch um Magie, die angeblich der Medizin ihre besondere Wirkung verschafft. Schamanen wirken durch Zauberei. Und …“ Dan machte eine dramatische Pause.
    „Gott erlaubt keine Zauberei“, fuhr der Missionar mit erhobener Stimme fort. „Der Vater suchte selbst einige Heilpflanzen und bereitete sie zu. Sein Schwiegersohn, das ganze Dorf und schließlich sogar seine eigene Ehefrau drängten ihn, seine Tochter zu diesem Schamanen zu bringen. Doch er blieb standhaft und betete weiter zu Gott.“ Zufrieden lächelnd breitete Dan die Arme aus. „Er folgte dem Gebot Gottes und war eher bereit, sein Kind sterben zu lassen, als den Herrn zu verraten.“
    „Wie Abraham bereit war, Isaak zu opfern, weil Gott es ihm geboten hatte“, fügte Pam ergriffen hinzu. „Gelobt sei der Herr.“
    D’Albret rieb sich das Kinn. Er war von der Kraft des Glaubens dieses Indios beeindruckt. Aber der Gedanke, lieber das eigene Kind aufzugeben als den Glauben, erfüllte ihn mit einem ganz miesen Gefühl.
    MacLoughlin war fassungslos. „Was wurde aus der Tochter?“, fragte sie gepresst.
    „Sie wurde wieder gesund, dank der Gebete“, verkündete Dan fröhlich. „Der Vater hatte die Prüfung bestanden, und wie bei Abraham und Isaak durfte das Kind weiterleben. Ist das nicht wunderbar?“
    MacLoughlin ballte die Fäuste. „Gott schaut also auf diesen Mann hier im Dschungel herab, der zum Glauben gefunden hat. Und diesen Mann prüft er, indem er seine Tochter in Lebensgefahr bringt?“ Sie kämpfte hart darum, neugierig zu klingen. Am liebsten hätte sie diesen Menschen ins Gesicht geschlagen.
    „Welche Rolle hat die Tochter dabei gespielt? Und was wäre, wenn sie trotz der Gebete gestorben wäre?“
    „Der Vater hat seiner Familie und dem ganzen Dorf demonstriert, dass man standhaft im Glauben sein muss und Gott gnädig ist. Ich denke, …“, setzte Dan an.
    „Und“,

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