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Mythos

Mythos

Titel: Mythos
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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seines Sichtbereichs.
    Ein sanftes Kribbeln schob sich Yorks Nacken hoch unter die Kopfhaut. Er schaute nach seinem Boot. Es befand sich seitlich etwa 15 Meter von ihm entfernt. Dazu kamen die vier Meter bis zur Wasseroberfläche.
    Keine Panik, sagte er sich. Nur keine Panik. Er spürte ein Ziehen unter dem Brustbein. Der Sauerstoff ging ihm aus.
    Haie waren vor Floridas Küste nicht ungewöhnlich. Er war den Raubfischen schon häufig begegnet. Allerdings bislang noch nie einem so großen Exemplar.
    Die Florida-Halbinsel gehörte zu den Gegenden mit den häufigsten Hai-Attacken weltweit. Aber York wusste auch, dass die Zahl dieser Angriffe trotzdem insgesamt extrem niedrig lag. In den vergangenen zehn Jahren hatte es hier vier Todesfälle gegeben, vielleicht waren es auch fünf gewesen.
    Aber ob dieser Hai sich für die Statistik interessierte?
    Meist griffen die Tiere Surfer an oder Schwimmer, die flach an der Oberfläche paddelten. Sie bissen einmal zu und verschwanden wieder. Und normalerweise wicheremrweise n Haie den Menschen …
    Aus dem diffusen Grün schälte sich erneut die Kontur des riesigen Fisches heraus, tiefer diesmal, zwei Meter über dem Meeresboden. York konnte die auffällig flache, breite Schnauze des Tieres sehen, das sich zielstrebig näherte. Vermutlich ein Tigerhai. Das war schlecht. Diese Art war für die meisten Hai-Angriffe auf Menschen verantwortlich, noch vor dem Weißen Hai und dem Bullenhai. Er zog sein Messer aus dem Gürtel. Wie stellten es diese Taucher nur an, die sich zwischen die Raubfische mischten, als wären sie im Streichelzoo? Auf jeden Fall blieben sie ruhig und fuchtelten nicht mit den Armen herum.
    Er hob das Messer und richtete die Spitze auf den Hai aus. Wahrscheinlich konnte der Raubfisch das Messer mitsamt seinem Arm mit einem Biss verschlingen. Aber was sollte er schon machen? Wenn dir deine Nase lieb ist, dachte York …
    Blitzschnell kam der Raubfisch heran. Er zog so dicht an York vorbei, dass der im Sog herumgerissen wurde. Fast hätte er Wasser in die Lungen eingesaugt.
    Dieses verdammte Mistvieh. Und er musste jetzt wirklich dringend an die Oberfläche. York richtete sich wieder auf und schaute dem Fisch hinterher, während er sich langsam nach oben bewegte. Der Hai entfernte sich in einem sanften Bogen, als wollte er die Reaktion der potenziellen Beute beobachten. Dann war er verschwunden. York schlug mit den Flossen. Endlich durchbrach er die Wasseroberfläche, spuckte den Schnorchel aus und holte tief Luft. Dann tauchte er wieder unter und sah sich um.
    Der Hai war nur noch zwei Meter entfernt und schien York aus kalten Augen neugierig zu betrachten. York richtete erneut sein Messer aus. Er hielt sich senkrecht, um möglichst nicht dem Beuteschema des Fisches zu entsprechen, der angeblich vor allem Seehunde und Seelöwen fraß.
    Langsam näherte sich der Hai. York konnte die blassen Streifen auf dem Rücken sehen, die den Tieren ihren Namen gaben. Dann wandte der Fisch sich ab und verschwand erneut. York paddelte vorsichtig, bis er sein Boot direkt über dem Kopf hatte. Wieder sah er sich um. Nichts.
    Langsam stieg er auf, dann hievte er sich blitzschnell auf die Schwimmplattform am Heck seiner Sportjacht. Er warf Taucherbrille, Schnorchel und Flossen achtlos auf das Deck und schnappte sich ein Handtuch. Jetzt, nachdem die Gefahr vorbei war, wurde ihm flau im Magen.
    Er schaute über die blaugrüne Meeresoberfläche zum Strand hinüber. Hinter dem weißen Streifen und der grünen Böschung erhoben sich die hohen Wohnblocks entlang des Highways 1A. Einige Windsurfer kurvten vor der Küste.
    Er drehte sich um. Nach Osten wurde das Meer dunkler, eine endlose, geriffelte Fläche bis zu den fernen Bermudas. York kniff die Augen zusammen. Weit weg im Südosten glaubte er ein kleines, graues Dreieck zu sehen, dahinter eine dünne, weiße Linie aus Schaum.
    Da nahm er sich mal frei, um auszuspannen, keinen Stress zu haben, und jetzt war ihm schlecht wegen eines Fisches. Frustriert riss er die rotweiße Diver-Down-Flagge herunter. Dann ging er in die Kabine und wusch sich in der Dusche das Salzwasser von der sonnengebräunten Haut und aus den braunen, kurz geschnittenen Haaren.
    Er zog sich ein kurzärmliges, einfarbiges Hemd und eine Bermudashorts an und schlüpfte in die Segeltuchschuhe. Dann hievte er den Anker und startete die Motoren. Die zwei Mercruiser-Dieselmotoren mit 425 PS hoben den Bug der Jacht mit einem befriedigenden, gleichmäßigen Brummen aus dem
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