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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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er endlich mit einem erstickten, verzweifelten Schrei kam und der Orgasmus ihm den Kopf nach hinten zog, fielen zusammen mit den Schweißtropfen Tränen auf ihre Brust. Nach einigen Sekunden entzog sie sich ihm.
    Einen Augenblick stand er da wie gelähmt. Er schaute an sich herunter. Welch armseliger Anblick. Er langte nach seiner Hose. Noch während er sie hochzog, kämpfte er sich zur Tür. Ohne einen Blick zurück oder ein weiteres Wort lief er ins Treppenhaus und stolperte die Stufen hinunter.
    Dann stand er vor dem Haus und blinzelte in den Himmel, aus dem Regentropfen auf sein heißes Gesicht fielen. Eine ältere Frau murmelte etwas und schüttelte den Kopf. D’Albret machte einige Schritte in Richtung Kirche. Sein Gürtel hing noch herunter. Mit rotem Kopf schloss er die Schnalle und stopfte sich das Hemd in die Hose.
    Die Menschen schienen ihm auszuweichen, als wäre er in eine Wolke übler Gerüche gehüllt.
    Was habe ich getan?, fragte er sich. Ich habe mein Versprechen gebrochen, obwohl ich hierher geflohen bin, um es zu halten. Ich habe meine Liebe verraten, um treu zu bleiben. Ich habe meine Treue verraten in einem Augenblick mit einer Hure.
    Freitag, 5. Juni, Sevilla, Spanien
    „Qu’est-ce qui se passe?“
    Die Stimme überraschte den Mann in der Regenjacke genauso sehr wie Nora Tilly. Ihr Kopf schlug erneut auf den Boden, als sie losgelassen wurde. Sie verdrehte die Augen, um zu sehen, was vor sich ging. Aber alles, was sie erkennen konnte, waren der Fernseher und die Wand dahinter.
    „Was machen Sie hier?“, hörte sie erneut die Stimme, zornig diesmal, und auf Spanisch. Eine Welle der Erleichterung und Dankbarkeit erfüllte Tilly. Sie war nicht mehr allein. Sie schloss die Augen. Etwas polterte zu Boden. Stuhlbeine schwangen sich durch ihr Blickfeld. Es gab einen Schlag.
    „Mortacci tuoi“, fluchte eine heisere Stimme. Dann hörte Tilly ein kurzes Gerangel und einen weiteren Schlag, gefolgt von einem unterdrückten Schmerzensschrei. Jemand hastete aus dem Zimmer.
    Wieder fühlte Tilly, wie man ihr unter die Arme griff. Lieber Gott, dachte sie, lass es nicht den Mann in der Regenjacke sein.
    Sie hörte eine Stimme. Sie drehte den Kopf, unendlich froh, dass das wieder ging. Ein sorgenvolles Gesicht über einem schwarzen Hemdkragen mit weißem Kollar tauchte vor ihr auf. Ein Priester, dachte sie erleichtert. Der Mann sagte erneut etwas.
    „Hola? Sind Sie bei Bewusstsein?“
    „Ja“, flüsterte sie. Der Priester nickte ihr zu. Sie setzte sich mit seiner Hilfe auf.
    „Soll ich einen Notarzt rufen?“
    „Nein, ich denke nicht“, flüsterte sie. „Was ist denn passiert?“
    „Das wollte ich eigentlich Sie fragen“, antwortete der Mann. Er bückte sich nach dem Stuhl, der vor dem Sofa die Beine von sich streckte, und stellte ihn wieder vor den Sekretär.
    „Ich komme zurück und finde gleich zwei Fremde in der Wohnung.“ Er schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. Unter dem linken Auge tropfte Blut aus einem Riss. „Und dann muss ich mich auch noch mit einem davon prügeln.“
    Er fasste sich ans Auge, zuckte zurück und betrachtete irritiert das Blut an seinen Fingern. Er zog ein Taschentuch heraus und tupfte sich die Wundindich diee ab.
    „Wer sind Sie?“, fragte er. „Und wieso hat Sie dieser Bursche angegriffen?“
    Tilly stand langsam auf und tastete nach dem Stuhl. Der Priester hielt ihr die Hand hin und führte sie zum Sofa. Dann setzte er sich selbst auf den Stuhl.
    „Ich sollte wohl die Polizei anrufen.“ Der Mann betrachtete sie nachdenklich. „Vielleicht erklären Sie mir aber zuerst, was Sie hier tun.“
    Und was tun Sie hier? Tilly wagte nicht, die Frage laut zu stellen. Immerhin war klar, dass sie in dieser Wohnung nichts zu suchen hatte, während dieser Priester so auftrat, als würde er hier wohnen. Sie stopfte sich fahrig ihre Bluse in die Jeans zurück und schloss den obersten Knopf, während sie versuchte, den Mann unauffällig zu betrachten. Sie schätzte ihn auf Anfang 30. Ein markantes Kinn mit einem schmalen Bart prägte ein männliches Gesicht, das von halblangen, schwarzen Strähnen eingerahmt wurde. Es spiegelte Neugier wider und Verblüffung. Und über allem lag ein Hauch von Ergebenheit, Trauer und Erschöpfung. Der Mann war groß und kräftig. Zum Glück. Sonst hätte er es wohl kaum geschafft, den Kerl im Regenmantel in die Flucht zu schlagen.
    Tilly lehnte sich zurück und befühlte die Stelle, wo der Elektroschocker sie berührt hatte. Die Haut

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