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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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Aber ich glaube, ich muss jetzt abbrechen. Der Flug war ermüdend, und morgen geht es schon weiter.“
    MacLoughlin nickte ihm zu.
    Merdrignac stemmte sich vom Stuhl hoch. Auch die anderen standen auf.
    „Gute Nacht, Frau MacLoughlin. Gute Nacht zusammen.“ Merdrignac stützte sich schwer auf d’Albret.
    War Merdrignac wirklich nur müde?, fragte sich MacLoughlin.
    Bevor die Geistlichen den Raum verließen, drehte sich der junge Priester noch einmal zu ihr um. „Gott ist gerecht. Gott ist die Gnade. Gott ist das Licht. Alles ist gut und richtig, genau so, wie es ist“, stieß er hervor.
    Hatten in den Augen des jungen Priesters tatsächlich Tränen gestanden?
    Dienstag, 9. Juni, Lima, Peru
    Schweiß verdunstete kühl auf Tillys Stirn. Sie starrte mit weit aufgerissenen Augen in die Finsternis. Etwas stimmte hier nicht.
    Plötzlich wusste sie es. Ihr Notebook. Sie hatte es neben sich gelegt. Ganz sicher. Doch es war nicht da.
    Das Milchglas des Oberlichtes ließ kein Licht in das Hotelzimmer herein. Tilly konnte nicht einmal Schemen erkennen. Sie stützte sich auf die Ellenbogen und rieb sich die Augen. War das Notebook vom Bett gefallen?
    Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit. Eine Kante des Kleiderschrankes schälte sich als Linie aus der Dunkelheit. Ein schmaler, hellgrauer Streifen erschien auf dem Boden, wo Licht unter der Tür durchfiel …
    Der graue Streifen war an zwei Stellen unterbrochen. Stand da jemand vor ihrer Tür? Die Haut zwischen ihren Schulterblättern kribbelte. Sie hielt die Luft an und lauschte. Nichts. Nur ihre Uhr tickte leise auf dem kleinen Nachttisch. Aus der Ferne ertinmer Fernönte ein Hupen.
    Ihr Herz schlug wie verrückt. Sie atmete tief ein. Sie wollte gerade aufstehen, um nach ihrem Notebook zu sehen, als ganz leise die Holzbohlen vor der Tür knarrten, als würde jemand sein Gewicht von einem Bein auf das andere verlagern.
    Sie wagte nicht, sich zu rühren. Sie konnte sich gar nicht rühren, selbst wenn sie es gewollt hätte. Ihr Herzschlag hatte sich zwar normalisiert. Es schlug sogar langsamer als sonst. Aber sie konnte Arme und Beine nicht bewegen. Panik überfiel sie. Wie ein Kaninchen vor der Schlange, dachte sie. Angststarre.
    Mit eisernem Willen bewegte sie ihre Hände. Schließlich krümmten sich ihre Finger. Dann bekam sie ihre Glieder wieder unter Kontrolle. Entschlossen setzte sie sich auf.
    Die Tür öffnete sich. Licht fiel herein und rahmte den Umriss eines Menschen ein – einen Menschen, der sich nicht vor der Tür befand, sondern in ihrem Zimmer!
    Die Silhouette bewegte sich hektisch und ungeschickt. Etwas unter ihrem Arm behinderte ihn … ihr Notebook.
    „Nein“, rief sie und sprang auf. „Bleib hier.“
    Aufgeputscht durch den Schrecken verwandelte sich ihre Überraschung in rasende Wut. Sie rannte dem Dieb hinterher aus dem Zimmer und erwischte seinen Arm. Er drehte sich um. Große, schwarze Augen blitzten unter einer schwarzen Baseballkappe hervor. Ihr Gegner versuchte, ihr die Faust in den Solarplexus zu rammen. Doch das Notebook behinderte ihn. Der Schlag nahm ihr trotzdem den Atem.
    Plötzlich stand Arie van der Merwe im Flur, zwischen dem Dieb und dem Foyer. Verwirrt schaute er auf die beiden.
    Durch die Zimmertür hinter Tilly hörte sie eine verschlafene Stimme: „What’s going on?“
    Der Dieb drehte sich um und wollte an van der Merwe vorbeirennen. Der stürzte sich auf ihn. Die beiden fielen zu Boden. Fast lautlos rangen sie miteinander. Der junge Peruaner strampelte mit den Beinen, das Notebook unter sich. Tilly kniete sich hin und versuchte, an den Computer zu kommen. Van der Merwe hatte dem Dieb von hinten den Arm um den Hals gelegt. Ohne nachzudenken, zerrte Tilly an ihrem Laptop. Mit einem letzten Ruck riss sie das Gerät unter dem Dieb hervor.
    Es gab ein leises Knacken. Es war das furchtbarste Geräusch, das Tilly jemals gehört hatte. Die Beine des Jungen erschlafften.
    Van der Merwe sprang auf und wankte einige Schritte zurück.
    „In godsnaam“, stöhnte er leise. „In’s hemelsnaam!“ Er legte die Hände vor das Gesicht. „Ik geloof het niet“, flüsterte er.
    Tilly begriff nichts. Der Junge rührte sich nicht mehr. Wieder hörte sie, wie jemand im Zimmer hinter ihr mit amerikanischem Akzent fragte, was los war. Ein Rumpeln ertönte.
    Unter dem Körper des Jungen bildete sich auf dem gekachelten Boden eine Pfütze.
    Van der Merwe stieß die Luft aus. Er warf Tilly einen verstörten Blick zu. Dann bückte er

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