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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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Straßenlaternen zum nächsten. Tilly und van der Merwe stolperten die Straße hinunter. Ein Auto näherte sich. Sie drängten sich in einen Hauseingang.
    „Lassen wir ihn doch einfach hier sitzen“, ächzte der Niederländer.
    Vorsichtig lehnten sie den Toten in den Winkel des Hauseingangs, schoben seine Beine zu einem Schneidersitz zusammen und legten ihm die Hände in den Schoß.pte den Sc Dann zog van der Merwe ihm noch einmal die Baseballkappe tief ins Gesicht. Er stieß die Leiche einige Male an. Die Tote blieb sitzen.
    „Die Leute werden denken, er schläft“, sagte er erschöpft. „Hoop ich.“ Er schloss die Augen. „Tot mijn spijt, wirklich. Verdomde rotzoii.“
    Sie liefen zum Hotel zurück. Tilly fühlte sich, als bewegte sie sich unter Wasser. Van der Merwe legte ihr den Arm um die Schulter, aber sie tauchte darunter weg und hob die Hand.
    „Nicht, Arie“, sagte sie leise.
    Van der Merwe hob die Hände. „Entschuldige.“ Er fuhr sich mit den Händen durch die Haare. „Was wollte diese Junge eigentlich von dir?“
    Das ist genau die Frage, dachte Tilly. „Meinen Laptop“, flüsterte sie. „Er wollte nur meinen Laptop. Sonst nichts.“
    Van der Merwe wirkte skeptisch, hakte aber nicht weiter nach.
    Tilly kam ein Gedanke. Ein Gedanke, der ihr furchtbare Angst machte. Jemand hatte ihre Spur bis nach Lima verfolgt. Jemand, der in Sevilla einen Mönch umgebracht, ihre Wohnung durchsucht und ihre Tasche zu klauen versucht hatte.
    Aber wieso hatte dann dieser Junge ihr Notebook genommen und nicht die Tasche mit den Kopien? Wusste ihr Verfolger, dieser hagere Mann in der Regenjacke, der schon in Sevilla einen jungen Dieb für sich hatte arbeiten lassen, dass sie Ritz’ Derrotero bereits entschlüsselt und auf dem Rechner gespeichert hatte?
    Ihr wurde schwindelig. Sie beschleunigte ihre Schritte. Van der Merwe passte sich ihrer Geschwindigkeit ohne Kommentar an.
    Zurück im Hotel nickte van der Merwe ihr erschöpft zu und öffnete einladend seine Zimmertür. Tilly schlang die Arme um sich. Sie wollte nur noch allein sein. „Bis morgen“, sagte sie und ging in ihr Zimmer.
    Sie packte ihre Sachen zusammen und legte sich auf das Bett. Sie stellte den Wecker, aber sie war sich sicher, dass sie ihn nicht brauchen würde.
    Als die ersten Sonnenstrahlen das Milchglasfenster in der Decke erhellte, stand sie auf, nahm ihre Sachen und verließ ihr Zimmer. Vor Aries Tür verharrte sie einen Augenblick. Dann ging sie mit schnellen Schritten zur Rezeption, klingelte den Portier aus dem Bett und ließ sich ihre deponierten Sachen aushändigen.
    Über der Stadt hing der obligatorische Garúa, der dichte, feuchte Morgennebel, der in Lima den Regen ersetzte. In dem Hauseingang saß der Junge. Mit schweren Schritten passierte sie den Toten. Es sah tatsächlich aus, als schliefe er. Andere Passanten würden ihn sicher für einen der vielen Obdachlosen halten oder für einen Nachtschwärmer, der es im Rausch nicht mehr bis nach Hause geschafft hatte.
    An der Avenida Tacna fand sie ein Taxi. Sie war viel zu früh am Flughafen, aber sie wollte um keinen Preis in der Nähe sein, wenn der Tote entdeckt wurde. Ein Anflug von Bedauern überfiel sie, als sie noch einmal an van der Merwe dachte. Der Niederländer tat ihr leid. Er musste damit fertig werden, einen Menschen getötet zu haben. Aber sie konnte das nicht. Sie ging das alles nichts an. Sie musste nur weit genug weg sein, dann würde sie das alles wieder vergessen. Dann wäre das alles gar nicht passiert.
    Mittwoch, 10. Juni, Lima, Peru
    Francesco Pérez betrachtete den Gary-Larson-Cartoon, der an der Wand neben dem Schreibtisch hing. Er zeigte einen Elefanten in einer vollen Konzerthalle vor einem Flügel sitzend. Was tue ich hier?, fragte sich der Dickhäuter. Ich kann auf dem Ding nicht spielen. Ich bin Flötist.
    Pérez musste lachen. Angesichts der Miene seines Gegenübers wurde er sofort wieder ernst. Irgendetwas stimmte hier nicht.
    Professor Rafael Revilla rieb sich den schwarzen Bart mit den silbernen Strähnen und beobachtete den jungen Mann, der vor ihm auf dem Stuhl hockte, mit zusammengekniffenen Augen. Der Paläontologe war blass.
    Pérez hatte sich extra in seinen dunklen Anzug gezwängt, bevor er sich zum Naturgeschichtlichen Museum d vohen Muser Universidad Nacional Mayor de San Marcos in Lima aufgemacht hatte. Sogar eine Krawatte hatte er sich um den Hals geschlungen. Er wollte einen guten Eindruck auf Revilla machen, der hier die Abteilung für

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