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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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Paläontologie der Wirbeltiere leitete. Es war das erste Mal, dass Pérez das Gebäude des Museums mit seiner schlichten gelben Fassade im Stadtteil Jesús María im Zentrum Limas besuchte. Er war etwas zu früh gekommen. Deshalb hatte er ausgiebig die zwei bronzenen Amazonen bewundert, die vor dem Eingang mit ihren Bögen in den Himmel zielten, und einen Umweg durch die Ausstellungsräume mit den ausgestopften Tieren und Schautafeln genommen.
    Als er Revillas winziges Büro betreten hatte, war es ihm fast peinlich gewesen, sich so fein angezogen zu haben. Der Wissenschaftler hockte hinter einem kleinen Schreibtisch, der gerade genug Platz für den Computerbildschirm und zwei hohe Stapel Papiere und Bücher bot. Er trug ein schlichtes Sweatshirt und eine Jeans. Die welligen schwarzen Haare fielen ihm bis auf die Schultern und rahmten ein schmales Gesicht ein, dessen hervorstechendes Merkmal ein dicker Schnurrbart war. Auf dem Monitor vor ihm ruhte ein alter, grauer Lederhut mit weicher Krempe.
    „Diese Fotos, die du geschickt hast“, begann Revilla und zeigte auf einige Aufnahmen auf dem Schreibtisch, „zeigen etwas, das es gar nicht geben kann.“
    Pérez rutschte auf die Stuhlkante vor. „Wie bitte? Die zeigen genau das, was ich mit eigenen Augen gesehen habe.“ Er schaute den Forscher hinter seinem Schreibtisch mit gerunzelter Stirn an. „Sie werden sich die Fundstelle doch wohl selbst anschauen.“
    Revilla hob beschwichtigend die Hände. „Ich glaube schon, dass du den Schädel dort entdeckt hast. Ich war zwar zuerst überrascht, dass es dort Fossilien gibt, aber eigentlich passt es. Und ich werde auch dorthin fahren, um die Fossilien zu sichern.“ Er schob die Fotos zusammen, nur um sie gleich wieder aufzufächern.
    „Können Sie denn schon sagen, um was für ein Tier es sich handelt?“, fragte Pérez.
    Revilla nickte. „Das hier ist ziemlich sicher ein Purussaurus -Schädel. Wir haben zu diesen Tieren sogar eine spezielle Ausstellung, mit einem Modell in Originalgröße“, sagte der Paläontologe. Er zeigte auf ein schwarzes Poster, das neben dem Elefanten-Cartoon an der Wand hing. Ein riesiges Reptilienauge in einer knöchernen Augenhöhle starrte ihn an, darunter hockte ein Krokodil mit einer stumpfen Schnauze auf einem Felsen.
    „Der Purussaurus ist ein urzeitliches Riesenkrokodil. Die Tiere haben eine Länge von zwölf Metern erreicht, eine Höhe von 1,8 Metern und ein Gewicht von 15 Tonnen. Vielleicht wurden sie sogar bis zu 17 Meter lang.“ Revilla hob die Augenbrauen. „Damit gehörte dieser Bursche hier zu den größten Raubtieren, die jemals auf dem Land herumgelaufen sind.“
    Er tippte auf die Fotos. „Wie lang ist dieser Schädel hier? Mehr als einen Meter?“
    „Mehr als eineinhalb Meter, würde ich sagen“, antwortete Pérez.
    „Dann war es ein großes Exemplar. Wahrscheinlich länger als zwölf Meter.“
    „ Purussaurus “, wiederholte Pérez nachdenklich. „Wurden von dem früher schon Fossilien im Amazonasbecken entdeckt?“
    „Ja. Am Río Purús in Brasilien wurden Kieferteile gefunden. Weitere Knochen stammen aus Kolumbien und Venezuela. Und wir haben auch im Dschungel von Peru Fossilien entdeckt. Die sind etwa 15 Millionen Jahre alt.“
    „Mein Purussaurus ist demnach genauso alt?“, fragte Pérez.
    Revilla schaute ihn grimmig an. „ Dein Purussaurus lebte vermutlich ebenfalls im späten Mittleren Miozän, richtig.“
    „Und was stimmt jetzt mit meinen Fotos angeblich nicht?“, fragte Pérez.
    Revilla seufzte und reichte dem Studenten eines der Fotos. „Ich habe hier einen Ausschnitt vergrößert.“
    >Pérez erkannte die Stelle des Schädels, wo der Zahn in der Hirnschale steckte. „Da hat sich ein Tier gegen das Krokodil gewehrt. Oder ein Aasfresser hat bei dem Versuch, das Gehirn zu fressen, einen Zahn verloren“, vermutete er. Er schaute hoch. Revilla hatte die Stirn in ärgerliche Falten gelegt. „Schau dir den Zahn einmal genau an. Siehst du die Einkerbungen auf beiden Seiten? Und achte auf die Riefen bei den Kerben.“
    Pérez hielt sich das Bild vor die Nase. „Ja und?“
    Revilla rang verzweifelt seine Hände. „Das ist nicht einfach ein Zahn, Mensch. Diese Kerben haben dazu gedient, den Zahn auf einem Schaft zu befestigen.“ Er sprang auf.
    „Das ist eine verdammte Pfeilspitze!“, rief er. „Eine Pfeilspitze, die in einem 15 Millionen Jahre alten Krokodilschädel steckt.“
    Pérez brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, was Revilla da

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